Rede von Uwe Kekeritz Doppelbesteuerungsabkommen

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08.10.2020

Uwe Kekeritz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Es ist richtig: BEPS ist eine gute Idee, die wir natürlich unterstützen. Auch der vorliegende Gesetzentwurf enthält durchaus Positives. Und damit fasse ich mich noch kürzer als Herr Liebich; denn das war es eigentlich auch schon mit dem Lob.

Der Gesetzentwurf kommt zu spät – das ist schon mehrfach gesagt worden –, aber vor allem schafft er es nicht, die dringend nötige multilaterale einheitliche Lösung voranzubringen. Im Gegenteil, ich glaube, er blockiert eher. Das Übereinkommen gilt gerade einmal – wir haben es oft genug gehört – für 14 Abkommen.

Mich macht es auch stutzig, wenn Experten in der Anhörung die Meinung vertreten, dass der Gesetzentwurf technische Defizite habe, insbesondere mit Blick auf die mehrstufigen Verweisketten, die darüber hinaus nicht immer präzise formuliert seien; das Gleiche gelte auch für verschiedene Sprachfassungen und die daraus resultierenden Unschärfen.

Unschärfen? Das ist das Signal an unsere Finanzämter. Die wissen nämlich dann ganz genau: Hier wird es so manchen Kampf mit den Steuerexperten der Großkonzerne geben. Und die Erfahrung der Finanzämter ist eben auch einfach die, dass sie meistens verlieren werden.

Als Entwicklungspolitiker interessieren mich insbesondere 42 Doppelbesteuerungsabkommen mit den sogenannten Entwicklungsländern. Für diese ist der OECD-Ansatz der Versuch, eine Zeitenwende einzuläuten. Wir begrüßen das. Das hat aber nichts mit dem jetzigen Gesetzentwurf zu tun. Bei den Entwicklungsländern geht es nicht um die Frage der Doppelbesteuerung von Unternehmen, sondern – genau umgekehrt – es geht um die Frage, die doppelte Nichtbesteuerung zu beenden, die zur massiven illegitimen Steuervermeidung führt.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der LINKEN)

Das schädigt erheblich die Entwicklungsländer, reduziert ihr Entwicklungspotenzial und fördert die Korruption. Und genau das könnten wir angehen.

Es gibt viele Problemfelder steuerrechtlicher Art durch die Doppelbesteuerungsabkommen. Eines davon ist die restriktive Definition des Begriffs „Betriebsstätte“ mit der Konsequenz, dass sie die Besteuerungsrechte der Länder unnötig und unfair einschnürt. Die Verträge müssen ermöglichen, dass Wertschöpfung dort besteuert wird, wo sie entstanden ist.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der LINKEN)

Nur das führt zu einer gerechten und fairen globalen Besteuerung der Unternehmen und zu gesicherten Einnahmen der Länder.

Voraussetzung hierfür ist allerdings, dass von Deutschland abgeschlossene entwicklungsschädliche Besteuerungsabkommen mit den Ländern des Globalen Südens ersetzt und wirklich erneuert werden. Das wird die Aufgabe von BEPS 2.0 sein. Die doppelte Nichtbesteuerung muss endlich beendet werden. Die Länder müssen das Recht haben, selbst zu entscheiden, wo sie ihre Steuern ansetzen, auch an der Quelle. Und: Wir brauchen eine Betriebsstättendefinition, die nicht den Konzernen dieser Welt dient, sondern den Menschen vor Ort.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der LINKEN sowie des Abg. Lothar Binding [Heidelberg] [SPD])

Vor allem aber gilt auch, dass es keine geheimen Schiedsgerichtsverfahren in zukünftigen Regelungen mehr geben darf. Das ist ganz besonders wichtig für Entwicklungsländer. Davon hätte man schon einiges in BEPS 1.0 einfließen lassen können. Deswegen ist es notwendig, dass BEPS 2.0 möglichst schnell folgt. Wir müssen zeigen, dass wir die Entwicklungsländer und damit auch die Agenda 2030 ernst nehmen. Das tun wir nämlich momentan noch nicht.

Vizepräsidentin Petra Pau:

Kollege Kekeritz, kommen Sie bitte zum Schluss.

Uwe Kekeritz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):

Ich bedanke mich bei Ihnen.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Vizepräsidentin Petra Pau:

Das Wort hat nun Dr. h. c. Hans Michelbach für die CDU/CSU-Fraktion.