Rede von Dr. Bettina Hoffmann Nachhaltigkeitsstrategie
Dr. Bettina Hoffmann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Nachhaltigkeit ist nicht nur ein Wort. Wenn es darum ginge, möglichst häufig diesen Begriff in den Mund zu nehmen, dann wäre unsere Bundesregierung Nachhaltigkeitsweltmeisterin; denn das Wort kommt allein im Koalitionsvertrag 72-mal vor.
(Kai Whittaker [CDU/CSU]: Da sehen Sie mal, wie wichtig das ist!)
Doch es geht nicht um Worte, es geht um Taten.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Und dabei steht Deutschland eben nicht so gut da. So, wie die Regierung handelt, wird Deutschland 29 von 66 selbstgesteckten Nachhaltigkeitsindikatoren deutlich verfehlen. Das stellen die Peers in ihrem Bericht fest, und sie betonen, dass weitere grundlegende Veränderungen nötig sind. Lässt man mal die Höflichkeit weg, dann heißt das auf gut Deutsch: Die Bundesregierung schafft es nicht, ihre eigenen Ziele in Taten umzuwandeln. Das bedeutet dann leider für uns: Wir hinterlassen unseren Kindern eine Welt, die weniger friedlich ist, in der das Klima verrücktspielt und in der der Wohlstand viel zu ungerecht verteilt ist. Zugegeben, das sind wirklich sehr große Herausforderungen, an denen alle mitarbeiten müssen.
Was mich jetzt ein bisschen hoffnungsvoll stimmt, ist die Tatsache, dass wir uns zumindest im Beirat für nachhaltige Entwicklung fraktionsübergreifend einig sind, dass es so nicht weitergehen kann.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN)
So haben wir das aufgeschrieben. Deshalb hier mal einige unserer gemeinsamen Positionen: Wir stellen fest, dass die Regierung beim Kampf gegen die Klimakrise, gegen den Verlust der Artenvielfalt sowie gegen die Luftverschmutzung ihre Ziele nicht erreicht. Wir unterstützen gemeinsam die Empfehlung der Peers, dass Deutschland dafür aus der fossilen und der nuklearen Energieerzeugung aussteigen muss. Und wir schließen uns alle der Meinung der Peers an, dass für eine wirklich nachhaltige Politik grundlegende Veränderungen in der Fleisch- und Milchindustrie nötig sind.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Der gesamte Parlamentarische Beirat stellt fest, dass der Schlüssel für eine Trendumkehr beim Verlust der Artenvielfalt in der Neuverteilung der EU-Agrarmittel liegt, und zwar hin zu einem besseren Schutz von Umwelt und Landschaften. Das sage ich auch mit Blick auf die Grüne Woche.
Dies alles betone ich, weil diese Positionen in diesem Hause in dieser Deutlichkeit viel zu selten im Konsens an die Regierung gerichtet werden. Ich hoffe, dass dieses deutliche Signal von der Bundesregierung wahrgenommen wird
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
und dass sie dafür sorgt, dass die Ziele ehrgeiziger werden, dass die Anstrengungen steigen und dass die Maßnahmen zeitnah greifen.
Auch dazu haben wir gemeinsam konkrete Empfehlungen beschlossen: Stärken Sie die Zusammenarbeit Ihrer Häuser, um eine kohärentere Politik zu machen! Machen Sie den Staatssekretärsausschuss zu einem Gremium, das für die großen Problemfelder konkrete und zwischen den Ressorts abgestimmte Maßnahmenpläne entwickelt und diese auch umsetzt! Dann kommen Sie auch vom Reden ins Handeln. Sie haben es nämlich in der Hand, aus der Kohle auszusteigen und das Klima zu retten, die Luft von Abgasen zu befreien für unsere Gesundheit, den Einsatz von Pestiziden zu reduzieren, um das Artensterben zu stoppen, faire Lieferketten in der Welt durchzusetzen und Menschen bessere Teilhabe zu gewähren und niemanden zurückzulassen.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Nur solche wirklich konkreten Handlungen machen unsere Welt ökologisch, friedlich, gerecht – eben nachhaltig.
Ich möchte mit einer weiteren Feststellung aus unserem Bericht schließen: Derzeit droht in Sachen Nachhaltigkeit ein bedrohlicher Stillstand im Gesamtsystem. Diesen Stillstand müssen wir beenden. Wir müssen überall darüber reden, was Nachhaltigkeit ist: hier im Bundestag, in den Schulen, zu Hause und in den Kommunalparlamenten. Das sollten wir alle mitnehmen; ich baue dabei auf eine gute Zusammenarbeit. Der Grundstein dafür ist im Beirat gelegt. Vielen Dank an die Kolleginnen und Kollegen, die da mitgearbeitet haben.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und des Abg. Thomas Lutze [DIE LINKE])