Rede von Dr. Wolfgang Strengmann-Kuhn Ausländerbeschäftigungsförderungsgesetz

16.05.2019

Dr. Wolfgang Strengmann-Kuhn (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Wir stehen vor der großen Herausforderung, dafür zu sorgen, dass die Menschen, die in den letzten Jahren zu uns gekommen sind, und die, die in der Zukunft kommen werden, Teil unserer Gesellschaft werden. Das ist nicht nur aus sozialen Gründen wichtig, sondern das ist auch eine wichtige Präventionsmaßnahme für die innere Sicherheit. Die Integration in den Arbeitsmarkt und die Förderinstrumente der Arbeitsmarktpolitik spielen dabei eine wichtige Rolle.

Die Zielsetzung des Gesetzentwurfs der großen Koalition, dass damit eine Entkoppelung der Leistungen der Ausbildungsförderung im SGB III von ausländerrechtlichen Zusatzvoraussetzungen wie Aufenthaltsstatus oder Voraufenthaltszeiten angestrebt werden soll, ist zu begrüßen.

In dem vorliegenden Gesetzentwurf der großen Koalition sind aus unserer Sicht richtige Schritte enthalten, es gibt aber auch große Lücken, die geschlossen werden müssen.

Uneingeschränkt gut finden wir, dass die assistierte Ausbildung völlig von ausländerrechtlichen Regelungen befreit werden, die Gruppe der Leistungsberechtigten von ausbildungsbegleitenden Hilfen unabhängig von ausländerrechtlichen Fragen ausgeweitet werden und es einen Arbeitslosengeld-I-Anspruch auch während eines Integrationskurses geben soll.

Positiv ist, dass auch während der Zeit, in der aufgrund der Unterbringung in einer Landesaufnahmeeinrichtung weiterhin bestimmte Leistungen der aktiven Arbeitsförderung wie Potenzialanalyse, Förderung aus dem Vermittlungsbudget und Maßnahmen zur Aktivierung und beruflichen Eingliederung erbracht werden können.

Problematisch ist allerdings, dass diese Leistungen immer noch daran gekoppelt werden, dass die Geflüchteten aus einem Land kommen, in dem die Anerkennungsquote über 50 Prozent liegt. Das sind derzeit gerade einmal fünf Länder, nämlich Syrien, Iran, Irak, Eritrea und Somalia. Die Bezeichnung „mit guter Bleibeperspektive“ aufgrund dieses Kriteriums ist völliger Unsinn; denn mit der individuellen Anerkennungswahrscheinlichkeit hat das nichts zu tun. Unabhängig von der individuellen Situation gehören so Geflüchtete aus Afghanistan nicht zu denen „mit guter Bleibeperspektive“. Ganz abgesehen davon finden wir Grünen: Alle Menschen, die zu uns kommen, brauchen Unterstützung zur Integration in die Gesellschaft, und zwar von Anfang an. Denn wir wissen nicht von vornherein, wie lange sie hier bleiben. Und auch wenn sie nur vorübergehend hier sind und wieder zurückmüssen, schadet es nicht, wenn sie diese Leistungen bekommen haben.

Gut ist, dass der Zugang zu Berufsausbildungsbeihilfeleistungen während berufsvorbereitenden Maßnahmen von ausländerrechtlichen Sozialvoraussetzungen befreit werden soll. Problematisch und unverständlich ist allerdings, dass Geflüchtete mit Aufenthaltsgestattung keinen Anspruch auf Berufsausbildungsbeihilfe erhalten, sondern auf Leistungen des Asylbewerberleistungsgesetzes verwiesen werden sollen. Diese Regelung ist zu streichen.

Für die Förderung einer außerbetrieblichen Berufsausbildung sind neue ausländerrechtliche Sondervo­raussetzungen vorgesehen, die für einige Gruppen eine Verschlechterung der bisherigen Zugangsmöglichkeiten bedeutet.

Der bessere Zugang zu Deutschkursen für Geduldete ist grundsätzlich zu begrüßen. Allerdings sollte das dann auch in gleichem Maße für Integrationskurse gelten. Diese werden jetzt zwar für Gestattete geöffnet, wenn sie mindestens neun Monate gestattet sind. Allerdings würde auch hier ein früherer Zugang Sinn machen. Außerdem sollten Integrationskurse auch für Personen aus sicheren Herkunftsländern und Menschen mit Duldung geöffnet werden.

Zusätzlich finden wir, dass auch der Zugang zur Förderung einer schulischen Ausbildung oder eines Studiums von ausländerrechtlichen Voraussetzungen entkoppelt werden sollte.

Insgesamt bewegen sich die Maßnahmen in dem Gesetzentwurf im Wesentlichen in die richtige Richtung, es ist aber trotzdem noch ein weiter Weg zu gehen. Hinzu kommt, dass viele der Maßnahmen durch die Ausweitung von Arbeitsverboten durch andere Gesetze konterkariert werden. Ohne ein Recht zu arbeiten, ist die Ausweitung der Ausbildungsförderung aber weitgehend wirkungslos.

Ich freue mich auf die Debatte im Ausschuss.