Rede von Dr. Franziska Brantner Einlagensicherung
Dr. Franziska Brantner (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Die europäische Bankenunion muss endlich auf eine nachhaltige und stabile Grundlage gestellt werden. Mit dieser Forderung stehen wir Grünen nicht allein. Elke König, die deutsche Chefin der europäischen Bankenabwicklungsbehörde, weist immer wieder darauf hin, wie wichtig eine gemeinsame Einlagensicherung für die Finanzstabilität in Europa ist. Sie hat das auch hier im Finanzausschuss getan, und sie ist beileibe keine grüne Radikale.
(Dr. h. c. Hans Michelbach [CDU/CSU]: Mit Sicherheit nicht!)
Herr Toncar, Sie haben es vorhin selber gesagt: Es ist so gut wie unmöglich, dass die aktuellen Regelungen nicht ausreichen, wenn eine Bank pleitegeht. Aber „so gut wie unmöglich“ ist halt nicht nie. Herr Toncar, für den Fall, dass es doch einmal passieren sollte – wir wünschen uns das alle nicht, keiner von uns, aber Sie haben selber gesagt, ausschließen kann man es nicht –: Was ist darauf Ihre Antwort? Darauf haben Sie in Ihren Anträgen keine Antwort geliefert.
(Dr. Florian Toncar [FDP]: Doch, einzelne Sicherungssysteme überall in ganz Europa!)
Das ist das Risiko, das Sie als FDP bereit sind einzugehen, Herr Toncar.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Wir haben in Deutschland auch erlebt, dass eine Einlagensicherung im Bereich der Privatbanken nicht ausgereicht hat und der Steuerzahler einspringen musste. Auch die so viel gelobte Institutssicherung bei den Sparkassen hat im Fall der Landesbanken nicht ausgereicht. Nur in Irland und Griechenland wurde mehr Steuergeld für die Rettung strauchelnder Banken ausgegeben als in Deutschland. Wenn man die Überforderung nationaler Sicherungssysteme vermeiden will, muss man das Risiko auf mehrere Schultern verteilen. Wir haben europaweit eine Garantie für 100 000 Euro gegeben. Wir haben nun die Kontrolle zwar nicht zentralisiert, wohl aber europäisiert. Wir haben eine Abwicklung mit Gläubigerbeteiligung. Für uns gehören – das ist eines der Prinzipien der marktwirtschaftlichen Ordnung – Kontrolle und Haftung zusammen.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und des Abg. Lothar Binding [Heidelberg] [SPD])
Das ist ein Prinzip, das die FDP immer wieder propagiert, aber in dieser Debatte komplett ignoriert.
Wenn Kosten und Nutzen, Kontrolle und Haftung nicht beisammen sind, kommt nichts Gutes dabei heraus. Wir müssen uns deswegen weiterhin viel Mühe mit der Bankenaufsicht geben. Wir brauchen weiterhin die gute, europäische Bankenabwicklung, aber am Ende auch eine Einlagensicherung.
Ja, die Europäische Kommission macht auch unserer Meinung nach einen Fehler, indem sie die komplette Vergemeinschaftung der nationalen Einlagensicherungssysteme fordert. Klüger wäre nach unserer Meinung eine europäische Rückversicherung der nationalen Töpfe, die nur im Fall einer nationalen Überforderung greift. Da sind wir bei Ihnen. Wir wollen keine Gesamtversicherung im Sinne des Vorschlags der Kommission, sondern eine Rückversicherung. Eine solche europäische Rückversicherung würde auch den Gestaltungsspielraum bieten, um nationale Sicherungssysteme wie die der Sparkassen und Genossenschaftsbanken zu integrieren und Unterschiedlichkeit zu ermöglichen.
Herr Toncar, ein Satz zu Ihrem Argument zur Letztsicherung. Sie selber haben gesagt, es gehe um Kredite. Es geht also nicht um Geschenke.
(Dr. Florian Toncar [FDP]: Aber um Geld!)
Kredite bedeuten aber, dass man sie zurückzahlt. Das ist auch der große Unterschied. Wir wollen nicht, dass das Geld de facto vom Steuerzahler kommt, sondern dass es einen Kredit gibt, der bitte schön zurückgezahlt wird.
(Dr. Florian Toncar [FDP]: Ja, hoffentlich!)
Herr Toncar, das macht einen wesentlichen Unterschied in der Debatte aus.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und des Abg. Lothar Binding [Heidelberg] [SPD])
Der Status quo bedeutet: Der Steuerzahler zahlt es.
(Dr. Florian Toncar [FDP]: Nein!)
Und hier gibt es einen Vorschlag, der sagt: Es gibt Kredite, die zurückgezahlt werden müssen. – Da weiß ich, wo meine Präferenz liegt. Es ist traurig, dass die FDP eine andere hat.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)
Herr Toncar, wenn Sie in Ihrem Antrag – wie es Teile der CDU/CSU tun – wenigstens sagen würden: „Wir brauchen noch weitere Risikovermeidung“, dann könnten wir darüber sprechen. Aber in Ihrem Antrag sagen Sie: Selbst wenn es weitere Risikovermeidung gibt, selbst wenn wir da bis an das Ende gehen, wollen wir gar keine Form einer gemeinsamen Einlagensicherung. Diese Totalblockade, Herr Toncar, ist eigentlich Aufgabe der anderen Oppositionsfraktion, die noch weiter rechts sitzt. Uns wundert es, dass Sie sich dieser Totalblockade anschließen.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD – Dr. Florian Toncar [FDP]: Das ist kein sachliches Argument!)
Wir können gerne darüber diskutieren, welche weiteren Risikovermeidungen wir brauchen, welche Risikobewertungen bei der Einlagensicherung notwendig sind, wie wir die Rückversicherung ausgestalten, dass es für die Sparkassen klappt. Aber Ihre Argumentation in Ihrem Antrag: „Nie und nimmer eine Einlagensicherung, egal in welcher Form“, das ist keine seriöse Politik und gibt keine Antwort auf die Frage, wie wir uns in einer gemeinsamen Währungsunion stabil und krisenfest aufstellen.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Und wir haben die Aufgabe, dieses gemeinsame europäische Haus wetterfest zu machen, weil: Ein zweites Haus haben wir nicht.
Ich danke Ihnen und hoffe, dass wir noch weitere gute Gespräche in dieser Legislaturperiode haben und wir das nächste Mal wirklich im Detail über Ausgestaltung diskutieren können und nicht über eine Blockade reden müssen.
Ich danke Ihnen.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)