Rede von Julian Pahlke Einsetzung eines Untersuchungsausschusses zum Einsatz der Bundeswehr in Afghanistan
Julian Pahlke (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Demokratinnen und Demokraten! Wir alle erinnern uns an die Bilder aus dem letzten Sommer: Verzweifelte Menschen, die mit allen Mitteln versuchen, die Stadt zu durchqueren, um den Kabuler Flughafen zu erreichen, die sich auf dem Rollfeld drängen, die versuchen, in eines der wenigen Flugzeuge zu kommen; die Bilder aus dem Innenraum einer amerikanischen Maschine, in der Menschen dicht an dicht auf dem Boden kauern, und, ja, auch das grausame Bild von Menschen, die aus dem Radkasten eines Flugzeuges fallen.
In Deutschland haben sich Zehntausende für die Aufnahme dieser Menschen eingesetzt mit Rettungsaktionen, Demos und hektisch geführten Listen gefährdeter Menschen, die evakuiert werden sollen und von denen bis heute viele in Afghanistan um ihr Leben bangen. Elf Tage dauerte die deutsche Mission, um Menschen auszufliegen. Dann war die Evakuierung beendet. Viele, viele Menschen bleiben verzweifelt zurück und damit auch viele Fragen: Warum hat die Bundesregierung der letzten Koalition dieses Versagen nicht verhindert? Warum wurde nicht früher gehandelt? Wieso wurden die zivilen Rettungsaktionen vielleicht nicht ausreichend unterstützt?
Dieses historische Versagen wird ein Parlamentarischer Untersuchungsausschuss aufarbeiten, und es ist eine besondere Größe, dass Sie, liebe Kolleginnen und Kollegen von der SPD, dieses Anliegen teilen. Wir sind uns einig, dass wir aus den Fehlern der gescheiterten Evakuierungsmission lernen müssen; denn vielen gefährdeten Menschen, die die deutsche Regierung in Afghanistan im Stich gelassen hat, schulden wir nicht nur die Einsetzung dieses Untersuchungsausschusses. Denn wir haben auch eine moralische Verpflichtung, im Rahmen unserer Möglichkeiten den Menschen zu helfen, die sich für ein demokratisches und rechtsstaatliches Afghanistan eingesetzt haben und jetzt genau deswegen akut gefährdet sind.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der FDP)
Wir haben im Koalitionsvertrag vereinbart, ein humanitäres Aufnahmeprogramm einzusetzen. Dieses Aufnahmeprogramm muss der Situation in Afghanistan gerecht werden; denn dort verstecken sich seit Monaten weiterhin Männer, Frauen und Kinder vor der Gewalt der Taliban, um dem Tod zu entgehen. Und diese Menschen können – im wahrsten Sinne des Wortes – nicht mehr länger warten.
Und während diese Bundesregierung daran arbeitet, akut gefährdete Menschen aus Afghanistan aufzunehmen, fantasiert die AfD, wie möglichst schnell wieder Menschen in die Gewaltherrschaft der Taliban abgeschoben werden können. Wir lesen doch täglich neue Berichte über Anschläge, Hinrichtungen und die hasserfüllte Unterdrückung von Frauen und Mädchen. Die AfD aber fordert im Ernst, dieses Regime der Taliban anzuerkennen. Das ist der wahre Geist dieser Partei, die zur Erfüllung ihrer rassistischen Fantasien selbst mit den Taliban kooperieren würde.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der FDP)
Wir sind uns unserer Verantwortung bewusst, und diese Gesellschaft ist es auch. Wir stehen zur Verantwortung um die Aufklärung genauso wie der zur Aufnahme.
(Hannes Gnauck [AfD]: Sie stehen nur nicht zu den Soldaten!)
Unsere Gesellschaft ist bereit, ein sicherer Hafen für gefährdete Afghanen zu sein; denn die Menschen in Afghanistan haben ein Recht auf ein Leben in Würde, in Freiheit und in Selbstbestimmung.
Vielen Dank.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der FDP)
Vizepräsident Wolfgang Kubicki:
Vielen Dank, Herr Kollege. – Als nächste Rednerin erhält das Wort die Kollegin Dr. Ann-Veruschka Jurisch, FDP-Fraktion.
(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)