Marcel Emmerich MdB
13.10.2022

Marcel Emmerich (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Meine Damen und Herren! Wenn man sich angehört hat, was die Union in dieser

Debatte – wir sind ja schon fast am Ende – verbreitet hat, und wenn man gelesen hat, was sie in ihrem Antrag geschrieben hat, dann muss man feststellen, dass

das eher ein migrationspolitischer Irrweg ist und dass nicht unsere Politik einen migrationspolitischen Sonderweg darstellt. Das kann man an dieser Stelle

zweifellos feststellen.

Sie haben uns, den Vertreterinnen und Vertretern der Koalitionsfraktionen, vorgeworfen, dass wir keinen Kontakt zu den Kommunen und zu den

Landrätinnen und Landräten hätten.

(Alexander Throm [CDU/CSU]: Sie machen das Gegenteil dessen, was die Landräte wollen!)

Ich glaube, das ist mitnichten der Fall; diesen haben wir alle. Die Bundesinnenministerin hat gezeigt, indem sie über 50 Bundesimmobilien zur

Entlastung bereitstellt, dass sie den Druck wahrnimmt und dass da etwas passieren muss. Das heißt: Wir sind da handlungsfähig und helfen den Kommunen und den

Ländern.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der SPD und der FDP – Alexander Throm [CDU/CSU]: Ja, wie denn?)

Wenn man sich Ihren Antrag anschaut, dann muss man sich – das ist jetzt keine Überraschung – schon fragen: Wo ist denn eigentlich Ihr sozialer Flügel?

Wo ist denn eigentlich Ihr christlich orientierter Flügel? Diese sind vollkommen verschwunden. Wenn man Ihre Reden hört, dann stellt man fest, dass es Ihnen in

Wahrheit darum geht – es juckt Sie richtig –, das Wort „Obergrenze“ wieder einmal in den Mund nehmen zu können. Ihr Parteivorsitzender Merz hat mit den

Narrativen des Sozialtourismus und der Entsolidarisierung mit den Geflüchteten aus der Ukraine das alles schon vorbereitet. Jetzt gehen Sie her und bekämpfen in

einem ersten Schritt die Geflüchteten, die über die Balkanroute kommen, um dann in einem späteren zweiten Schritt eine Obergrenze zu fordern. Das ist die

Debatte, die Sie gerade vorbereiten. Das ist vollkommen ein migrationspolitischer Irrweg. Den gehen wir nicht mit.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der FDP – Alexander Throm [CDU/CSU]: Bringen Sie uns nicht auf Ideen!)

Wo ist denn Ihr Wirtschaftsflügel? Auch dieser ist verschwunden. Wenn man im Wahlkreis unterwegs ist und sich in den Handwerksbetrieben umhört – das

könnten Sie übrigens mal machen –,

(Alexander Throm [CDU/CSU]: Machen wir!)

dann bekommt man mit, dass es überall fehlt.

(Alexander Hoffmann [CDU/CSU]: Das ist ja lächerlich!)

Egal ob in einer Bäckerei oder in einem Altenheim, überall fehlt Personal, überall fehlen Leute, sowohl einfache Arbeitskräfte wie auch Fachkräfte.

Das, was Sie hier vorschlagen, ist Abschottung und Ausgrenzung und hat überhaupt nichts mit einer vernünftigen, mit einer geregelten Asyl- und Migrationspolitik

zu tun. Sie wollen einfach nur Schranken hochziehen und keine Menschen mehr reinlassen. Sie wollen ein großes Stoppschild errichten, so wie Sie das schon in den

letzten Jahren mit den Grenzkontrollen gemacht haben und wie Sie das jetzt wieder tun wollen, indem Sie Grenzkontrollen zu Tschechien fordern. Die

Grenzkontrollen schaden der Wirtschaft, sie belasten die Menschen in der Grenzregion und dienen nicht unserer Sicherheit. Stattdessen gibt es viele andere, gibt

es bessere Alternativen, die wir auf den Weg bringen können. Das machen wir als Koalition. Das ist uns auch als Grünenfraktion ein sehr wichtiges Anliegen.

Wir betreiben Ihr Spiel der Ausgrenzung auf keinen Fall mit.

Vizepräsidentin Aydan Özoğuz:

Kommen Sie bitte zum Schluss, Herr Kollege.

Marcel Emmerich (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):

Wir werden uns dagegen auflehnen. Sie können hier fordern und sprechen, wie Sie wollen, aber Ihrer Politik wird durch uns Einhalt geboten.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der FDP)

Vizepräsidentin Aydan Özoğuz:

Letzter Redner in dieser Debatte ist Josip Juratovic für die SPD-Fraktion.

(Beifall bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der FDP)