Rede von Katja Dörner Einzelplan Bildung und Forschung

05.07.2018

Katja Dörner (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen! Liebe Kollegen! Ein riesiges Problem in unserem Land ist die fehlende Chancengleichheit in der Bildung. Längst nicht jedes Kind hat die Möglichkeit, seine Potenziale voll auszuschöpfen, und das ist schlecht.

Es ist unsere Aufgabe, ein Bildungssystem zu gestalten, das es jedem Kind ermöglicht, sein jeweils Bestes zu entwickeln und sein Bestes zu geben. Das ist nicht nur für die Kinder gut – und ich finde, es ist auch ihr gutes Recht –, sondern es ist auch für uns alle, für unsere Gesellschaft und für die wirtschaftliche Entwicklung in unserem Land gut.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Deshalb sagen wir Grüne ganz klar: Der Bund darf sich hier nicht weiter wegducken. Der Bund ist ganz klar in der Pflicht. Wir wollen dieses vermurkste Kooperationsverbot dahin verbannen, wo es hingehört, nämlich in die Geschichtsbücher, liebe Kolleginnen, liebe Kollegen.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN)

Jetzt soll es ja einen ersten Schritt für mehr Zusammenarbeit zwischen Bund und Bundesländern auch in der schulischen Bildung geben. Der Gesetzentwurf war schon in erster Lesung im Bundesrat. Insofern können wir uns wahrscheinlich auf die Beratungen freuen. Ich frage mich aber: Warum bleibt dieser Schritt so zögerlich?

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der FDP und der LINKEN)

Wenn wir das Grundgesetz ändern, dann doch bitte richtig, dann doch bitte mit einem mutigen Schritt, mit einem Kooperationsgebot zwischen Bund und Bundesländern.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der FDP und der LINKEN)

Wir brauchen endlich einen modernen Bildungsföderalismus. Wir brauchen eine Ermöglichungsverfassung. Ich würde mir sehr wünschen, dass sich eine Bundesministerin an die Spitze dieser Bewegung setzt, die so etwas einfordert.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der FDP)

Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen, im Koalitionsvertrag wurde vereinbart, einen Rechtsanspruch auf Ganztagsbetreuung für Grundschulkinder zu verankern; Herr Kaczmarek hat es auch gesagt. Ich finde das ein sehr, sehr gutes Vorhaben. Noch besser wäre es, wenn der Bund eben nicht nur die Kantinen bauen, sondern auch pä­dagogisches Personal bezahlen könnte. Also, bleiben Sie nicht bei einem ersten kleinen Schritt stehen. Machen Sie es richtig. Dann können Sie auch auf unsere Zustimmung zählen.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN)

Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen, ich kann leider auch nach 100 Tagen nicht erkennen, wo Ministerin Karliczek in der Bildungspolitik hinwill. Wo sie in der Wissenschaftspolitik hinwill, bleibt leider auch schleierhaft. Ich kann nicht erkennen, dass sie die zentralen Themen, beispielsweise die Neuverhandlung des Hochschulpakts oder die Personalmisere im akademischen Mittelbau, ernsthaft und mit Elan anginge.

Es ist aus unserer Sicht nicht akzeptabel, dass die Mittel für den Pakt für Forschung und Innovation um 3 Prozent steigen – das ist natürlich eine gute Sache –, während die Mittel für den Hochschulpakt nur verstetigt werden sollen.

(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Nicole Gohlke [DIE LINKE]: Genau!)

Die mangelnde Grundfinanzierung der Hochschulen ist ein Problem. Klar – das sehen wir auch so –, hier sind natürlich auch die Länder in der Pflicht.

(Albert Rupprecht [CDU/CSU]: „Auch“? Sie sind hauptverantwortlich!)

Aber der Handlungsdruck in dem Bereich ist doch viel zu groß für die wechselseitigen Schuldzuweisungen, die wir in dieser Frage erleben.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN)

Wir Grünen fordern deshalb ganz klar, dass die Mittel für den Hochschulpakt so dynamisch steigen, wie sie das beim Pakt für Forschung und Innovation tun sollen.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Frau Ministerin, eines Ihrer Lieblingsschlagworte ist ja die Digitalisierung; das haben Sie auch heute wieder mehrfach verwendet. Die Digitalisierung ist ja nicht nur für die Schulen eine große Herausforderung. Sie wird die Art und Weise, wie wir arbeiten, komplett verändern. Sie wird Erwerbsbiografien komplett verändern. Einmal Gelerntes reicht schon heute nicht mehr bis zur Rente. Die Notwendigkeit, sich fortzubilden, sich weiterzuqualifizieren, sich beruflich auch komplett neu zu orientieren, wird immer weiter steigen. Das macht vielen Menschen Angst, und das kann ich auch nachvollziehen.

Deshalb sehen wir Sie, Frau Ministerin Karliczek, hier in der Pflicht. Wir haben in den Haushaltsberatungen erneut unser Modell der BildungsZeit Plus vorgestellt, ein neues Finanzierungsinstrument, eine Lohnersatzleistung, damit Menschen die Chance haben, sich Zeit für eine Weiterbildung oder eine berufliche Umorientierung zu nehmen. Dass Sie unseren Vorschlag nicht eins zu eins übernehmen, ist, würde ich sagen, geschenkt. Aber machen Sie sich jetzt bitte endlich auf den Weg, und machen Sie es schnell. Die Digitalisierung wartet nämlich nicht.

Vielen Dank.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)