Rede von Matthias Gastel Einzelplan Verkehr und digitale Infrastruktur

03.07.2018

Matthias Gastel (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! In der CSU verrennt man sich häufiger. Wer in eine Sackgasse gerät, aber gerne weiterkommen möchte, sollte wenden. Wenn man über Verkehr redet, redet man dann von einer Verkehrswende. Diese ist notwendig bei uns, um die Mobilität aller Menschen in unserem Land zu sichern, um die massiven Belastungen durch zu viel Verkehr zu reduzieren und um das Klima wirksam zu schützen.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Die CSU hat sich auf anderen Themengebieten Österreich als Vorbild ausgeguckt. Da sollte sie sich einmal anschauen, was im Bereich der Verkehrspolitik dort gemacht wird. Beispielsweise liegt in Österreich der Anteil des Schienengüterverkehrs bei 36 Prozent. Das bedeutet, dass dort doppelt so viele Güter nicht auf der Straße, sondern auf den Schienenwegen transportiert werden, als das bei uns in Deutschland der Fall ist. Dort werden pro Kopf und Jahr 200 Euro in das Schienennetz investiert. Bei uns in Deutschland sind es gerade einmal 64 Euro. Selbst Italien ist besser als wir in Deutschland.

Man muss aber auch richtig investieren. Das ist einmal mehr deutlich geworden durch den Bericht des Europäischen Rechnungshofs, der klargemacht hat, dass die Strecken im europäischen Hochgeschwindigkeitsnetz ein ineffizienter Flickenteppich seien. Des Weiteren wurde festgestellt, dass das insbesondere für Stuttgart 21 gilt, weil dort jede Minute Fahrzeitbeschleunigung viermal so teuer ist als im Durchschnitt anderer Projekte innerhalb der EU.

Die CSU arbeitet ja gerne mit Masterplänen, und ihr Masterplan in Sachen Verkehr ist der Bundesverkehrswegeplan. Der führt aber unser Land – leider – weiter in eine Sackgasse. Er ist nämlich die Fortsetzung dessen, was schon seit Jahrzehnten gescheitert ist: Seit 1992 ist das Straßennetz in Deutschland um 40 Prozent gewachsen. Und was sind die Folgen davon? Die Folgen sind mehr Staus, noch längere Staus, mehr Lkw sowie eine Luftqualität, die zu Fahrverboten in Deutschland führt. Die CSU hat seit neun Jahren im Bund den Verkehrsminister gestellt, und deswegen sind es CSU-Fahrverbote.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Zuruf von der CDU/CSU: Moment mal!)

Sie haben die Lkw-Maut ausgeweitet, was im Grundsatz auch richtig ist. Leider haben Sie die kleineren Lkw ausgelassen, und die Einnahmen, die kommen, wollen Sie ausschließlich in den Straßenbau investieren. Wir wollen, dass sie insgesamt in den Verkehrsbereich fließen, beispielsweise in die Verwirklichung des Deutschland-Taktes, damit die Menschen gute Bahnangebote bekommen und nutzen können, aber auch für einen guten öffentlichen Nahverkehr in Stadt und Land. Da müssen die Gelder reinfließen.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

In Ihrem Koalitionsvertrag stehen durchaus gute Dinge, beispielsweise das Ziel der Verdoppelung der Fahrgastzahlen im Fernverkehr. Nur, mit mehr Straßen und weniger Investitionen in die Schiene wird es nicht gelingen. Schauen Sie sich mal die mittelfristige Finanzplanung an: plus 20 Prozent bei den Mitteln für den Straßenbau und ein Minus bei den Schienenwegen. So kann das Ziel natürlich nicht erreicht werden.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Dass Sie die Trassenpreise senken, ist gut und richtig – das haben wir ja auch schon mehrfach beantragt –; aber da Sie das auf wenige Jahre befristen, wird es natürlich nicht zum gewünschten Effekt führen. Denn welches Unternehmen wird sein Logistikkonzept zugunsten der Bahn umstellen, wenn das ganze Projekt überhaupt nur wenige Jahre gilt?

Wir vermissen bei Ihnen auch praktisch messbaren Ehrgeiz bei der Radverkehrsförderung. Hier stagnieren die Mittel sowohl für die Radwege entlang von Bundesfernstraßen als auch im Bereich der Radschnellwege; deswegen der Appell von uns. Vermutlich sind Sie auf der Suche nach Themenfeldern, mit denen Sie sich profilieren können. Die Verkehrswende könnte ein solches Feld sein für neue Mobilitätsangebote in Stadt und Land, weniger Abhängigkeit vom eigenen Auto, mehr Lebensqualität durch bessere Luft in den Städten. Deswegen: Raus aus der Sackgasse! Vollziehen Sie die Wende in Ihrer Verkehrspolitik!