Rede von Ottmar von Holtz Einzelplan wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung

12.09.2018

Ottmar von Holtz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):

Frau Präsidentin! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrter Minister Dr. Müller, damals bei der Einbringung der Regierungserklärung, nachdem der Koalitionsvertrag unterschrieben war, hatte ich mich ja schon gewundert. Heute habe ich mich erst recht gewundert. Ich habe mich allerdings weniger über Sie gewundert; denn ich weiß ja, wie Sie zur Entwicklungspolitik stehen und was Sie hier vortragen. Ich teile das alles – vielleicht mit Ausnahme des sogenannten Marshallplans; da würde ich Abstriche machen. Was mich allerdings gewundert hat, ist, dass Ihre Fraktion hier sitzt und Beifall klatscht, den Haushalt am Ende aber nicht so gestaltet, wie Sie es hier einfordern. Das ist das, was mich heute hier am allermeisten gewundert hat.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der FDP und der LINKEN)

Sie haben es sehr anschaulich dargestellt: Mit 1 Prozent der weltweiten Militärausgaben würden wir sämtliche humanitäre Hilfe finanzieren können. Ich würde mir in diesem Zusammenhang – wir haben ja gerade über den Verteidigungshaushalt gesprochen – von Ihnen, liebe Kolleginnen und Kollegen von der Union, wünschen, dass Sie sich hierhinstellen und mit der gleichen nachdrücklichen Vehemenz das Einhalten des 0,7-Prozent-Ziels einfordern, wie Sie die 2 Prozent für den Wehretat hier auch einfordern. Wenn wir uns auf diesen Weg machen würden, würden wir uns Ihrem eigenen Minister annähern.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Herr Müller, Sie haben in den vergangenen Reden Antworten gefordert und gesagt, dass wir eine neue Wirtschafts- und Handelspolitik brauchen. Aber wo sind denn diese Antworten? Sie könnten diese Antworten gemeinsam mit Ihrer Fraktion hier eigentlich geben. Wo sind die Antworten für die neue Sozial- und Agrarpolitik, die Sie einfordern? Wo sind die Antworten für die Umwelt- und Klimapolitik?

Erneut müssen wir anmahnen, dass Sie mehr für globale Bildung tun. Ja, Sie richten eine Sonderinitiative „Ausbildung und Beschäftigung“ ein. Mit Ihren Sonderinitiativen ist das aber so eine Sache. Ich weiß, dass wir in Deutschland sehr stolz auf das duale Bildungssystem in der Ausbildung sind – auch zu Recht. Aber ist das deshalb auch gleich ein Exportschlager? Fragen wir in den Ländern, in die wir das exportieren wollen, überhaupt nach, ob sie es in dieser Form auch haben wollen und ob das System dort auch so funktioniert?

Ich war letztens im Senegal und habe mir dort das Bildungssystem angeschaut. Der Bildungsminister hat mir die Pläne der Regierung, das Schulsystem dort umzubauen, vorgestellt. Vor allem sollen die Koranschulen wieder an das staatliche Schulsystem herangeführt werden. Mit Modellschulen wird das Ganze erprobt. Das alles kostet Geld. Also habe ich nach der Finanzierung gefragt, und der Minister hat mir gesagt, dass ein Großteil davon aus dem GPE-Fonds finanziert wird, also aus der Globalen Bildungspartnerschaft.

An diesem Beispiel sehen wir, wie wichtig und wie hilfreich multilaterale EZ-Finanzierung ist, und ich finde, dass Sie dafür zu wenig tun, Herr Dr. Müller.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der FDP)

In dem Regierungsentwurf haben Sie zwar den Beitrag zur Globalen Bildungspartnerschaft mit 18 Millionen Euro festgehalten, aber wir sind der Meinung, das ist immer noch viel zu wenig.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der FDP)

Meine Damen und Herren, als Sprecher für zivile Krisenprävention ist es mir ein Anliegen, ein paar Worte zu einem sehr wichtigen Thema loszuwerden: Deutschlands Rolle als Friedensmacht. Die Prävention von Konflikten und die Förderung von Frieden sind auch eine internationale Verpflichtung Deutschlands aus der Agenda 2030. Im Sommer 2017 hat die Bundesregierung die Leitlinien „Krisen verhindern, Konflikte bewältigen, Frieden fördern“ verabschiedet. Hierin bekennt sie sich zu einem ressortgemeinsamen Ansatz, um schneller, strategischer und koordinierter im Sinne der Krisenprävention tätig zu werden. Das muss nun endlich in eine institutionelle Form gegossen werden, in der die Selbstverpflichtungen und Vorhaben auch wirklich umgesetzt und koordiniert werden.

Wir möchten eine solche verbesserte Koordination zwischen den Ministerien dadurch fördern, dass die koordinierenden Stellen mit gemeinsam bewirtschafteten Mitteln ausgestattet werden. Ich weiß aus eigener Erfahrung, dass das nicht einfach ist. Ich war selbst lange Jahre in einem Landesministerium tätig. Doch es wird Zeit, dass die Entwicklungspolitik, die Innen- und Außenpolitik und die Verteidigungspolitik miteinander arbeiten statt nebeneinander oder gar gegeneinander. Liebe Kolleginnen und Kollegen, Sie haben es schon angedeutet: Der Haushalt wird am Ende nicht so verabschiedet, wie er eingebracht wird. – Lassen Sie uns also darüber sprechen, wie wir das gemeinsam hinbekommen.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der FDP und der LINKEN)

Meine Damen und Herren, die Bundesregierung hat sich in internationalen Abkommen zum Kampf gegen Armut, Ungleichheit und den Klimawandel verpflichtet. Deutschland muss auch die Agenda 2030 umsetzen. Nur gemeinsam mit der internationalen Gemeinschaft ist diese Aufgabe zu bewältigen. Deshalb sage ich nochmal in Ihre Richtung, Herr Dr. Müller: Hören Sie auf, Ihr eigenes Süppchen zu kochen, stattdessen sollten Sie sich absprechen und eine koordinierte Vorgehensweise mit anderen Geberländern hinbekommen. Deutschland sollte Vorreiter der multilateralen Zusammenarbeit sein.

Vielen Dank.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)