Rede von Stefan Gelbhaar Elektromobilität

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19.10.2023

Stefan Gelbhaar (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Wir reden über den Hochlauf der Elektromobilität. Unser Ziel ist es, 15 Millionen Elektro-Pkw bis 2030 auf unseren Straßen zu haben. Das bedeutet, dass im Jahr 2030 der letzte Verbrenner verkauft wird. Das ist gut so; das geht gerne auch früher.

Das ist ein Weg, den wir gehen müssen und gehen wollen; das ist das Ziel. Das ist das Ziel, wenn man den Klimawandel nicht leugnet, wie wir das gerade wieder einmal gehört haben.

(Stephan Brandner [AfD]: Sie erzählen immer die gleiche Sülze! Wissen Sie das? Immer wieder falsch! – Dr. Malte Kaufmann [AfD]: Wir haben den ja gar nicht geleugnet! Hören Sie doch mal zu!)

– Ja, so ist das.

Denn immerhin geht es um nichts weniger, als die Klimaschutzvorgaben endlich auch im Verkehr einzuhalten.

(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Es geht darum, die fertigende Industrie und damit gute Arbeitsplätze im Land zu halten. Es geht darum, den Autoverkehr leiser und sauberer zu machen. Das sind wichtige Ziele.

(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Deswegen liegt zum Hochlauf der Elektromobilität ein umfangreicher Masterplan vor.

(Dr. Dirk Spaniel [AfD]: Erst der Master, dann das Desaster!)

Die Aufgaben sind definiert, übrigens deutlich über die Sparte Pkw hinaus. In dem Masterplan geht es auch um Busse und Lkw sowie die dazugehörige Ladeinfrastruktur. All das sind relevante Themen.

Die Union hat sich bei dem ganzen Themenkomplex genau einen Punkt rausgesucht, nämlich den sogenannten Umweltbonus.

(Tilman Kuban [CDU/CSU]: Weil der gerade ausgelaufen ist!)

– Das war keine Kritik, sondern nur eine Feststellung. – Der Umweltbonus diente und dient dazu, über eine Absatzförderung E-Autos in die industrielle Fertigung zu bringen. Das ist gelungen; dieser Förderungsgrund an sich ist entfallen. Elektroautos sind in großer Breite marktreif geworden.

Übrigens – das sei an dieser Stelle erwähnt –: Die Hybridförderung hat dabei nicht geholfen, sondern sogar aufgehalten; sie hat kein Klima geschützt und den Umbau nicht befördert. Gut, dass sie nicht weitergeführt wurde!

(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und des Abg. Sebastian Roloff [SPD])

Es ist insgesamt aber auch zu sagen: Nicht jede Förderung kann dauerhaft oder für alle sein. Wir müssen Förderung gezielt dort einsetzen, wo der Effekt am größten ist. Das sind zum Beispiel nicht die Dienstwagen. Dienstwagen profitieren steuerlich schon heute vom Dienstwagenprivileg, welches tatsächlich reformiert gehört.

Das kann man sich auch einmal bei den gewerblichen Fahrzeugen anschauen. Gewerbliche Fahrzeuge werden regelmäßig deutlich mehr gefahren als private Fahrzeuge – deutlich mehr! Elektrofahrzeuge sind nachweislich günstiger im Betrieb als Verbrenner. Und gerade dann, wenn man mehr Kilometer zurücklegt, gibt es einen Betriebskosteneffekt, der so vorteilhaft ist, dass dann eine Förderung einfach keinen Sinn mehr macht und entbehrlich wird.

In beiden Fällen droht quasi eine klassische Überförderung. Umso wichtiger ist es, die begrenzten Mittel – darauf hat der Kollege von der SPD auch schon hingewiesen – gezielt einzusetzen, und genau das tun wir. Denn mit dieser Fokussierung auf die privaten Haushalte können eben auch mehr private Haushalte profitieren. Das ist auch eine Frage der Verteilung und des Gemeinwohls.

Es gibt aber noch viel mehr zu tun, als nur zu subventionieren. Wir setzen dabei klar auf Taten; ein Stichwort ist da zum Beispiel die Stromproduktion: Wir haben den Zubau von Windkraftanlagen verdoppelt. Wir investieren in den Ausbau von Stromnetzen. Wir haben einen massiven Solarboom ausgelöst. Wir haben den Anbau von Wallboxen durch eine Novelle im EnWG ermöglicht.

Über die Ladeinfrastruktur wäre auch noch ein Wort zu sagen. Das Thema stellen wir am Freitag ins überragende öffentliche Interesse und beschleunigen damit den Ausbau.

(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der SPD)

All das macht uns unabhängiger von internationalen Krisen und mittelfristig auch von Preistreiberei. Der Umstieg in die Elektromobilität ist lohnend, aber, ja, er erzeugt gerade am Anfang einen Aufwand. Notwendig ist daher ein gemeinsames Navigieren von Energieerzeugern, von Netz- und Ladeinfrastrukturbetreibern, von den Autobauern, der Verwaltung und der Politik. Das treiben wir gerne voran, und zwar gemeinsam.

Das haben auch hier im Haus viele verstanden. So verstehe ich übrigens auch den Antrag der Union, hier mitzuwirken. Dafür braucht es dann aber mehr als nur Subventionen für Autos.

Im Übrigen: Wir können nicht jede klimaschädliche Subvention durch eine andere Subvention wettmachen; das funktioniert schon haushalterisch nicht.

(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Dazu schweigt die Union. Nur „Mehr!“ zu sagen, immer mehr zu wollen, ohne zu sagen, wo es herkommt – das geht dann doch einen Tick seriöser.

Weniger klimaschädliche Subventionen wären besser; sie würden Elektromobilität übrigens ohne Zusatzkosten attraktiver machen. Das wäre der richtige Weg. Das eingesparte Steuergeld könnten wir anderweitig gut einsetzen, sei es für attraktive Ticketpreise – Stichwort „49-Euro-Ticket“ –, sei es für den Ausbau von Infrastruktur – Brücken, Radwege, Gleise, Weichen. Das wären gute und richtige Ziele. Und das wäre dann auch was für eine Zusammenarbeit mit der Union.

Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der FDP)

Vizepräsidentin Aydan Özoğuz:

Der nächste Redner ist Bernd Riexinger für Die Linke.

(Beifall bei der LINKEN)