Foto von Anna Christmann MdB
11.11.2022

Dr. Anna Christmann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir freuen uns natürlich auch, dass wir heute über Innovationen im Energiebereich sprechen; denn in der Tat werden wir in den nächsten Jahren noch weitere Innovationen brauchen, um die Klimaschutzziele zu erreichen. Das ist etwas, was wir und was die Bundesregierung natürlich sehr stark unterstützen werden. Darauf will ich gleich noch näher eingehen.

Ich will aber vorher noch einen Kontext zu den Antragstellern herstellen. Wenn man Technologien für eine klimafreundliche Energieherstellung hat, wie wir sie haben – Windkraft, Solarenergie; all diese Entwicklungen sind ja schon da –, dann ist es natürlich auch wichtig, dass wir diese Technologien tatsächlich einsetzen,

(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der SPD und der Abg. Dr. Petra Sitte [DIE LINKE])

dass wir die Energiewende in der Praxis vollziehen und dass wir nicht nur über das sprechen, was vielleicht irgendwann mal passieren könnte. Beides ist wichtig.

Da sehe ich einen gewissen Widerspruch zum Antrag: Einerseits fordert man ein, noch viel mehr für die Innovationsförderung zu tun – was ich grundsätzlich richtig finde –, auf der anderen Seite sind wir jetzt aber zu mehr nicht in der Lage, weil all diese Energieinnovationen in den letzten Jahren nicht eingesetzt worden sind.

Ich will noch mal sagen: Bei der Windkraft haben wir eine regelrechte Altmaier-Delle zu verzeichnen.

(Dr. Petra Sitte [DIE LINKE]: Ja!)

Wenn man die Zahlen vergleicht, sieht man: 2017 wurden noch 1 792 Windkraftanlagen auf dem Land gebaut, 2021 nur noch 484, also nur noch ein Drittel davon.

(Thomas Jarzombek [CDU/CSU]: Wie viele wurden denn in Baden-Württemberg gebaut?)

Die Zahl der Windkraftanlagen, die überhaupt genehmigt worden sind, ist 2020 im Vergleich zu 2015 um 40 Prozent gesunken. Dabei haben wir hier doch eine Innovation. Letztlich ist auch Windkraft eine Technologie – sie ist über die letzten Jahre immer weiter verbessert worden –, die wir zur Verfügung haben, und dann muss es doch unser erstes Ziel sein, diese auch einzusetzen. Das ist etwas, was diese Bundesregierung im Gegensatz zur alten mit einer ganz neuen Energie voranbringt.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)

Das hat im Übrigen auch etwas mit Innovationen zu tun; denn natürlich setzt es auch Anreize, Energieinnovationen zu entwickeln, wenn der Staat dann auch derjenige ist – es wurde richtig gesagt: „Ankerkunde“ –, der sie einkauft und einsetzt. Das machen wir jetzt in diesen Bereichen. Wir haben mit dem Osterpaket ein Gesetzespaket für den Energiebereich verabschiedet, das so groß war wie lange, lange Zeit kein anderes.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)

Minister Robert Habeck hat jetzt gerade, am 3. November, eine Offshore-Vereinbarung für Windenergie abgeschlossen. Wir haben einen Wärmepumpengipfel veranstaltet und den Hochlauf der Wärmepumpen organisiert. Das alles sind ganz konkrete Schritte, um bestehende Energieinnovationen in die Praxis zu bringen. Das ist etwas, was in den nächsten Jahren ganz konkret für den Klimaschutz zählt.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)

Dabei teilen wir ausdrücklich das Ziel – das will ich auch sagen –, dass wir dabei natürlich nicht stehen bleiben. Es geht darum, das, was in den letzten Jahren versäumt worden ist, möglichst zügig nachzuholen. Außerdem geht es darum – da stimme ich ausdrücklich zu –, parallel Dinge zu entwickeln, die noch kommen können, bei denen wir noch besser werden können. Vielleicht können wir noch effizientere Technologien, noch klimafreundlichere Energien entwickeln.

Das haben wir uns gerade im Forschungsbereich ganz explizit so vorgenommen. Wir haben im Koalitionsvertrag eine Zukunftsstrategie verabredet. Unsere erste Mission ist genau das, was Sie ja mit Ihrem Antrag vorschlagen. Diesen Vorschlag haben wir schon gemacht, bevor Ihnen von der CDU/CSU eingefallen ist, ihn in einen Antrag aufzunehmen. Die Mission ist im Koalitionsvertrag genau so beschrieben, dass sie moderne Technologien für eine wettbewerbsfähige und klimaneutrale Industrie und die Sicherstellung sauberer Energiegewinnung und ‑versorgung zum Ziel hat.

Wir werden genau das tun. Es geht darum, in einer Mission mit einer klaren Projektsteuerung ressortübergreifend für erneuerbare Energien die Forschungs- und Innovationstätigkeiten zu bündeln, die uns eben auch die langfristige Versorgung mit erneuerbaren Energien in den nächsten Jahren sichern werden. Diese Zukunftsstrategie wird jetzt gerade auf den Weg gebracht.

Ich möchte auch da den Vergleich zu dem Handeln der letzten Bundesregierung ziehen; denn die hatte ja eine Hightech-Strategie. Auch darin standen schon viele nette Dinge, die sich gut angehört haben, auch was Kreislaufwirtschaft etc. angeht. Aber auch dort hat es eben an der Umsetzung gemangelt. Diesen Schritt wollen wir jetzt mit der Zukunftsstrategie sehr viel besser vollziehen, und zwar dadurch, dass wir Missionen genau wie diese einführen. Das werden wir auch in anderen Bereichen tun,

(Zuruf des Abg. Thomas Jarzombek [CDU/CSU])

zum Beispiel bei künstlicher Intelligenz, Digitalisierung, die ja auch eine Auswirkung auf Energietechnologien haben; da gibt es natürlich Bezüge. Dadurch, dass wir aber eine Projektsteuerung auch für diese Mission einsetzen werden – ressortübergreifend, gemeinsam mit der Wissenschaft –, werden wir dafür sorgen, dass diese Innovationen, die in der Mission entwickelt werden, dann eben auch in die Praxis gelangen und uns wirklich helfen, den Energiebereich in den nächsten Jahren zu dekarbonisieren.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der FDP)

Darüber hinaus gibt es viele Dinge für das Innovationssystem, die wichtig sind. Wir haben im Juli eine Start-up-Strategie vorgelegt, in der ein zentraler Mechanismus in der Finanzierung, die im Antrag ja auch angesprochen wird, ist, dass wir einen neuen Fonds aufsetzen: den DeepTech & Climate Fonds. Der Begriff „Climate“ zeigt das klare Ziel, dort tatsächlich auch in Start-ups zu investieren, die Klimatechnologien entwickeln, die neue Energietechnologien entwickeln. Das ist eine Aktivität, mit der wir jetzt sehr konkret in diesem Bereich voranschreiten.

Zusammen mit der Start-up-Strategie, mit der Zukunftsstrategie, mit der Entfesselung der SprinD machen wir genau das, was Sie vorschlagen, schon längst: Wir bringen das Innovationsökosystem auf den Weg, das uns auch für den Energiebereich die Innovationen sichern wird, die wir neben dem akuten Ausbau in den nächsten Jahren brauchen werden.

Vizepräsident Wolfgang Kubicki:

Frau Kollegin, kommen Sie zum Schluss.

Dr. Anna Christmann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):

Vielen Dank.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD)

Vizepräsident Wolfgang Kubicki:

Vielen Dank, Frau Kollegin Christmann. – Die nächste Rednerin ist die Kollegin Dr. Petra Sitte, Fraktion Die Linke.

(Beifall bei der LINKEN)