Rede von Dr. Julia Verlinden Energieverbrauch

27.06.2019

Dr. Julia Verlinden (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Mit Effizienz hat es die Bundesregierung nicht so. Weder mit Energie- noch mit Arbeitseffizienz. Erst ziehen Sie das Energiedienstleistungsgesetz in die Länge wie Kaugummi. Dabei scharren die Unternehmen zu Recht mit den Hufen, um endlich Klarheit für ihre Energieaudits zu haben. Und dann machen Sie noch nicht einmal richtige Energieeffizienz.

Aktuell hat Deutschland es auf minus 5,5 Prozent des Primärenergieverbrauchs (im Vergleich zu 2008) gebracht. Ihr Ziel als Bundesregierung ist weit davon entfernt: Minus 20 Prozent haben Sie sich bis nächstes Jahr vorgenommen! Ganz zu schweigen von Ihrem Ziel, bis 2050 den Energieverbrauch zu halbieren. Aber in der aktuellen Legislaturperiode haben wir noch kein großes Engagement von der Regierungskoalition zur Energieeinsparungen gesehen. Dabei wissen doch alle: Der Energiebedarf muss runter, der erneuerbare Energienausbau muss rauf. So schafft man eine stabile Energiewende.

Stattdessen haben wir nun ein Gesetz vor uns liegen, das im Kern einen wichtigen Schritt geht, aber doch zu kurz greift. Nur Unternehmen, die nicht als kleine und mittelständische Unternehmen gelten und oberhalb einer Bagatellgrenze von 500 000 kWh Jahresenergieverbrauch liegen, müssen alle vier Jahre ein ausführliches Energieaudit durchführen. Es ist richtig und wichtig, dass die großen Unternehmen ab 250 Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen wissen, wie viel Energie sie verbrauchen und was sie das kostet. Doch warum soll diese Regelung nicht auch für die Unternehmen gelten, die weniger Mitarbeiter haben und dennoch viel Energie verbrauchen? Das Klima und auch das Kosten-Nutzen-Verhältnis interessieren sich nämlich nicht für Unternehmensformen. Daher frage ich mich, warum nicht einfach alle Unternehmen mit einem Energieverbrauch oberhalb der 500 000 kWh ein entsprechendes Energieaudit durchführen müssen.

Immerhin setzt die Bundesregierung bei den Energieauditorinnen und -auditoren auf Qualität. Sie müssen ihre Fachkenntnisse durch regelmäßige Fortbildungen auf dem aktuellen Stand halten. Das ist doch super. Dann haben wir eine Menge an Fachleuten da draußen, die Ihnen in der Bundesregierung auch dabei helfen können, endlich die kontraproduktiven Regelungen Ihres politischen Handelns neu auszurichten hin zur Energieeffizienz.

Ein Beispiel ist die Energieverschwendung im Rahmen der besonderen Ausgleichsregelung: Wer besonders viel Energie verbraucht, muss am wenigsten für den Strom bezahlen, egal ob das Unternehmen Energieeffizienzmaßnahmen umgesetzt hat oder nicht. Na, erklären Sie das mal den nachfolgenden Generationen: Anstatt zur Bedingung zu machen, dass erkannte Energieeffizienzpotenziale genutzt werden, belohnt die Bundesregierung die Verschwendung von Energie. Das ist doch absurd.

Wir müssen uns vielmehr dafür einsetzen, dass Unternehmen nach einem Energieaudit – und hier bitte alle Unternehmen oberhalb der Bagatellgrenze – auch die festgestellten Energielecks angehen und ihre Effizienz steigern. Die Belohnung frohlockt mit der nächsten Energiekostenabrechnung im kommenden Jahr.

Übrigens, liebe Bundesregierung, Energieeffizienz gibt es auch in anderen Bereichen, zum Beispiel im Gebäudebereich. Noch einmal zur Erinnerung: 35 Prozent der Endenergie werden für das Heizen, Kühlen und die Warmwasserbereitung von Häusern und Gebäuden verbraucht. Dabei entsteht rund ein Drittel des gesamten CO 2 -Ausstoßes. Doch auch hier zeigen Sie wenig Tatendrang und lassen mit dem aktuellen Entwurf zum Gebäudeenergiegesetz jede Hoffnung auf ambitionierte Effizienzsteigerungen im Bestand und im Neubau zusammenfallen. Das mit dem Pflücken der Low-hanging Fruits scheint Ihnen einfach nicht zu liegen. Falls Sie doch noch aufwandsarm ein paar Tipps hierzu haben möchten, lege ich Ihnen gerne unseren Aktionsplan Faire Wärme nahe. Das wäre mal effizient!