Rede von Beate Müller-Gemmeke Entsendung von Kraftfahrer*innen

Foto von Beate Müller-Gemmeke MdB
27.04.2023

Beate Müller-Gemmeke (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Herr Minister! Kolleginnen und Kollegen! Der internationale Straßentransport basiert auf Subunternehmerketten mit osteuropäischen Firmen oder westeuropäischen Unternehmen, die dort selbst Filialen oder teilweise auch nur Briefkastenfirmen gründen. Die Arbeitsbedingungen sind entsprechend katastrophal. Die Löhne sind schlecht und werden zum Teil dann noch mit den Spesen verrechnet. Immer wieder bekommen die Fahrer/-innen überhaupt keinen Lohn; das hat auch der Streik auf dem Rastplatz Gräfenhausen gezeigt. Die Kraftfahrer/-innen leben teilweise wochenlang unter miserablen Bedingungen in ihren Fahrzeugen auf den Rastplätzen. Das alles geht gar nicht. Sie haben ordentliche Löhne und gute Arbeitsbedingungen verdient.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU, der FDP und der LINKEN)

Dazu passt, dass wir heute zwei EU-Richtlinien umsetzen. Wir regeln endlich das Entsenderecht für den Transportbereich, also die Frage: Wann wird Mindestlohn gezahlt und wann eben nicht? Wir stellen gesetzlich klar, dass beispielsweise die Ruhepausen zu den Mindestarbeitsbedingungen gehören, und wir schaffen ein digitales System für die grenzüberschreitende Zusammenarbeit. Das wird die Situation der Kraftfahrerinnen und Kraftfahrer tatsächlich ein Stück weit verbessern.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)

Das Gesetz ist also gut, die EU-Straßenverkehrsrichtlinie aber definitiv nicht. Der Mindestlohn muss beispielsweise nicht gezahlt werden, wenn die Kraftfahrer/-innen bilateral zwischen Bulgarien und Deutschland hin- und herfahren. Dann gilt der bulgarische Mindestlohn, und der beträgt gerade mal 2,41 Euro. Kommt bei der Tour ein Staat dazu, beispielsweise Rumänien, dann muss der deutsche Mindestlohn gezahlt werden. Werden aber bei dieser trilateralen Fahrt auf dem Hin- und Rückweg jeweils nur eine Lieferung oder auf dem Hinweg keine und auf dem Rückweg dann zwei Lieferungen in Rumänien durchgeführt, dann wiederum gilt der Mindestlohn doch nicht. Weitere Ausnahmen sind Leerfahrten und der reine Transitverkehr.

Das zeigt: Das Entsenderecht besteht eigentlich fast nur aus Ausnahmen. Das ist nicht nachvollziehbar und vor allem so kompliziert, dass es kaum noch zu kontrollieren ist. Diese EU-Richtlinie ist einfach nicht akzeptabel.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der SPD und der LINKEN)

Mein Fazit: Der vorliegende Gesetzentwurf ist gut, aber die EU-Richtlinie muss unbedingt verbessert werden. Wir wollen gleichen Lohn für gleiche Arbeit am gleichen Ort, auch für den internationalen Straßentransport. Das soziale Europa muss auch tatsächlich sozial ausgestaltet sein, und dafür werden wir uns weiter einsetzen.

Vielen Dank.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD sowie bei Abgeordneten der FDP)

Vizepräsidentin Aydan Özoğuz:

Nächster Redner ist Dirk Brandes für die AfD-Fraktion.

(Beifall bei der AfD)