Rede von Cem Özdemir Ernährung und Landwirtschaft

Foto von Cem Özdemir MdB
01.02.2024

Cem Özdemir, Bundesminister für Ernährung und Landwirtschaft:

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Zunächst mal will ich den Kolleginnen und Kollegen aus dem Haushaltsausschuss und dem Ausschuss für Ernährung und Landwirtschaft für ihre Unterstützung für diesen Haushalt danken.

(Frank Schäffler [FDP]: Gerne!)

Es ist uns gelungen, die Mittelausstattung der Gemeinschaftsaufgabe „Verbesserung der Agrarstruktur und des Küstenschutzes“ zu erhöhen, sodass sie fast Vorjahresniveau erreicht hat. Das kann man gern mal anerkennen.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD sowie bei Abgeordneten der FDP – Zuruf des Abg. Frank Rinck [AfD])

Das habe ich beim Kollegen Rief vermisst. Ich schwätze ja Schwäbisch, und ich hätte es gehört, wenn Sie es gesagt hätten.

Das beinhaltet bis zu 125 Millionen Euro aus dem Klima- und Transformationsfonds zur Förderung des Waldumbaus und der Wiederaufforstung – sehr gut angelegtes Geld in die Zukunft unserer Wälder.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD sowie des Abg. Ulrich Lechte [FDP])

Das beinhaltet 30 Millionen Euro für das neue „Chancenprogramm Höfe“, um zukünftig noch stärker alternative Proteine vom Acker bis zum Teller zu fördern, weil wir uns auch da den veränderten Ernährungsgewohnheiten anpassen.

Darüber hinaus erhöhen wir die Mittel für das Bundesprogramm Ökologischer Landbau, für nachwachsende Rohstoffe, für die Ackerbaustrategie, für Innovationsförderung, für das Thema „Messen im Ausland“ – alles, was unserer Landwirtschaft hilft.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD sowie bei Abgeordneten der FDP)

Außerdem – die Kollegen von der Opposition haben das angesprochen -schafft dieser Haushalt endlich die Grundlage für den zukunftsfesten Wandel unserer Tierhaltung. Passend dazu kommen gute Nachrichten aus Brüssel: Die EU-Kommission hat unser Bundesprogramm zur Weiterentwicklung der Tierhaltung genehmigt. Die Notifizierung für Schweinehalter ist da. Auch das könnte man ja mal anerkennen, wenn man ein bisschen fair ist.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)

1 Milliarde Euro steht allein in den kommenden Jahren zur Verfügung.

Herr Kollege Stegemann, ich erkläre es gerne noch mal für die Bürgerinnen und Bürger:

(Zuruf der Abg. Esther Dilcher [SPD])

Die Borchert-Kommission hat die 3 bis 4 Milliarden Euro für alle Nutztierarten zusammen vorgesehen. Wir haben ja daraus, dass das nicht geklappt hat, gelernt, dass wir Schritt für Schritt vorgehen, uns die Genehmigung aus Brüssel holen. Jetzt kommt der nächste Schritt, wie versprochen. Messen Sie mich daran! Die Außer-Haus-Verpflegung wird schon sehr bald der nächste Schritt sein. Am Ende wird man die Summe brauchen; aber jetzt brauche ich das Geld gar nicht. Auch Sie können doch rechnen. Kollege Rief ist in Baden-Württemberg zur Schule gegangen; der kann es Ihnen gerne nachrechnen.

(Heiterkeit und Beifall bei Abgeordneten der SPD, des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)

Also, glauben Sie mir das: Wir haben das gut durchgerechnet.

Aber ich will ja gar nicht drum herumreden; ich bin ja nicht bekannt dafür, dass ich mich vor den Problemen drücke. Jetzt steht der nächste Schritt an: Jetzt müssen wir dafür sorgen, dass auch die Anschlussfinanzierung kommt. Ich habe auf der Grünen Woche parteiübergreifend viele sehr gute Gespräche geführt, wie die Frage der Finanzierung des Tierwohls aussieht, und da geht es um den Tierwohl-Cent.

Ich muss mich schon ein bisschen wundern: Hier sitzen Kolleginnen und Kollegen, die schon in der Legislaturperiode hier waren, in der die Borchert-Kommission und die Zukunftskommission Landwirtschaft eingesetzt wurden. Sie bekennen sich regelmäßig dazu, und das finde ich gut. Aber wenn es dann um die konkrete Umsetzung geht, dann machen Sie sich vom Acker. Das wird so nicht funktionieren, liebe Kolleginnen und Kollegen.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD sowie bei Abgeordneten der FDP)

Wissen Sie, wir sollten immer die Finanzierung der Tierhaltung fördern. Und jetzt ist ein Zeitfenster da wegen unseres Fehlers – ich will da gar nicht drum herumreden –, weil wir in der Frage der Sparbeschlüsse die Landwirtschaft über Gebühr belastet haben. Übrigens – das kann man auch mal anerkennen – ist es doch gut, dass die Regierung den Fehler korrigiert hat:

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD sowie bei Abgeordneten der FDP)

Die Kfz-Steuerbefreiung bleibt, wie sie ist; bei der Agrardieselsubventionierung findet der Ausstieg in drei Schritten statt.

Lassen Sie uns doch das nutzen, was unsere Landwirte sagen! Ich bin doch im Gespräch. Ich hatte nun wirklich viel Zeit, bei den Kundgebungen zuzuhören, und ich habe da sehr aufmerksam zugehört. Sie sagen: Agrardiesel ist doch, wenn man so will, ein Symbol für all die Versäumnisse der Vergangenheit. – Ich biete Ihnen an – ich strecke die Hand aus; aber Sie müssen sie auch nehmen –:

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der SPD und der FDP)

Lassen Sie uns jetzt gemeinsam nachhaltig den Umbau der Tierhaltung finanzieren! Der Vorschlag liegt auf dem Tisch. Aber sagen Sie nicht Nein dazu, nur weil der Minister nicht von Ihrer Partei ist und Sie es damals nicht gemacht haben.

(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der SPD)

Und wenn wir gerade bei guten Nachrichten sind: Ein langgehegter Wunsch aus der deutschen Landwirtschaft und von den Verbraucherinnen und Verbrauchern ist die erweiterte Herkunftskennzeichnung für Fleisch. Wissen Sie, seit wann sie gilt? Seit heute; heute ist sie in Kraft getreten.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)

Auch das könnte man mal anerkennen. Auch das ist eine alte Forderung von Ihnen; Ihre Landwirtschaftsexperten wissen das. Es wurde hart dafür gekämpft. Oder sagen wir: Die Landwirte haben es gefordert; Sie haben es versprochen, und wir setzen es um.

(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der SPD)

Lassen Sie uns an der Stelle nicht Parteipolitik mit kleiner Münze machen, sondern ich biete Ihnen das an – ich kann es ja nur anbieten –: Lassen Sie uns das gemeinsam machen!

Landwirtinnen und Landwirte denken nicht in Legislaturperioden, die denken nicht in Vierjahreszyklen – ich schaue den Hermann Färber an; der weiß das besser als wir alle zusammen –; die denken auch nicht in Fünfjahreszyklen wie im Landtag. Die denken in Generationen: Es gibt viele Familienunternehmen, seit Jahrhunderten.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)

Die brauchen Planungs- und Investitionssicherheit. Wir können das gemeinsam machen, zum Wohle aller.

(Patrick Schnieder [CDU/CSU]: Ihr müsst jetzt mal was machen!)

Zum Schluss, weil meine Zeit schon rum ist: GLÖZ 8 wurde hier angesprochen, also das Thema Brachflächen. Ich will Ihnen mal sagen: Das ist ein Beschluss aus der alten Legislaturperiode. Die GAB haben Sie verabschiedet. Ich halte mich an Beschlüsse alter Regierungen; das gehört sich erst mal so. Es gab als Folge des Ukrainekrieges die Möglichkeit, das einmalig auszusetzen, was ich gemacht habe.

(Artur Auernhammer [CDU/CSU]: Ja, genau!)

Sie haben das ja damals nicht aus Jux und Dollerei eingeführt. Sie haben das eingeführt, weil auch Sie sich ja dem Problem stellen, dass wir Artensterben haben. Sie haben doch auch das Problem, das wir haben: dass wir nicht nur jetzt sichere Ernten brauchen,

(Zuruf des Abg. Harald Ebner [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

sondern auch in 10, 20, 50 Jahren. Also, wer sagt: „GLÖZ 8 soll weg“, muss dann bitte schön auch eigene Vorschläge machen; die erwarte ich dann schon von Ihnen.

Vielen Dank.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD sowie bei Abgeordneten der FDP – Zuruf von der CDU/CSU: Das machen wir!)

Vizepräsidentin Aydan Özoğuz:

Der nächste Redner ist Peter Felser für die AfD-Fraktion.

(Beifall bei der AfD)