Rede von Renate Künast Ernährungspolitischer Bericht 2020

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14.01.2021

Renate Künast (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):

Frau Präsidentin! Frau Ministerin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir haben es mit einem massiven Problem von Fehlernährung zu tun: hier in Europa und weltweit. Im Ergebnis gibt es zwei Gruppen. Die eine Gruppe hat schlicht und einfach zu wenig zu essen, die andere isst zu viel vom Falschen: Softdrinks, hochverarbeitete Lebensmittel, sogenannte Frühstückscerealien. Das ist unser Problem.

Dass es ein Problem ist – mit allen Folgeerkrankungen –, haben wir niemals deutlicher gesehen als jetzt in Zeiten von Corona, wo Menschen mit Diabetes, Menschen mit einem massiven Übergewicht, Menschen mit Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Menschen mit Problemen im Bewegungsapparat in die Gruppe der Risikopatienten gehören, und zwar egal wie alt sie sind. Deshalb muss man sagen: Unser Ernährungssystem ist gescheitert.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der LINKEN)

Das ist keine gesunde Ernährungsumgebung, die wir haben. Das finden nicht nur wir Grüne so, sondern es hat, wenn ich es einmal adressieren darf, im Jahr 2018 ein Bündnis aus 15 Ärzteverbänden, Fachorganisationen, Krankenkassen plus Ärztinnen und Ärzte gegeben, das gesagt hat: Wir müssen wirksame Maßnahmen gegen Fehlernährung ergreifen.

Der Wissenschaftliche Beirat des Ministeriums hat im Sommer 2020 gesagt: Wir brauchen eine umfassende Neuausrichtung und Stärkung des Politikfeldes Ernährung. Wir brauchen verbindliche Maßnahmen, und wir brauchen Steuerungsmaßnahmen. Im Verhältnis zu anderen Ländern fehlen diese in Deutschland.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Eine wissenschaftliche Kommission, EAT-Lancet – sie hat ja den Planetary Health Diet erfunden –, hat gesagt: Machen wir einmal etwas für individuelle Gesundheit und planetare Gesundheit, die auch auf uns alle und auf die Bedingungen der Bauern wieder zurückfällt. – Sie hat einen entsprechenden Speiseplan für gesunde und nachhaltige Ernährung gefordert. Und was bieten Sie als Bundesregierung? Freiwilligkeit. Ich sage Ihnen aber: Die Zeit der Freiwilligkeit ist vorbei, weil sie nie gewirkt hat.

(Zurufe von der FDP)

– Ja, ich sehe besonders viel Unruhe bei der FDP, weil Sie wieder an Shareholder-Value denken. Wir reden hier aber über Ernährung und Gesundheit, meine Damen und Herren.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Gerade bei hochverarbeiteten Lebensmitteln geht es den Unternehmen doch darum, möglichst viele – meine Vorrednerin hat es gesagt – billige Rohstoffe zu bekommen, niedrige Personalkosten zu haben und Gewinne an ihre Aktieninhaber auszahlen zu können. Aber das ist doch nicht unsere Aufgabe. Unsere Aufgabe ist es, wirklich für ein gesundes Ernährungsumfeld zu sorgen, meine Damen und Herren.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der LINKEN)

Hier muss ich sagen: Die vielen freiwilligen Maßnahmen reichen mir nicht aus. Reduktionsziele, Ampelkennzeichnung, Maßnahmen gegen Lebensmittelverschwendung – alles ist freiwillig. Ich sage Ihnen eines an der Stelle: Was wir brauchen, ist, dass wir jetzt zumindest die Kinder in den Mittelpunkt unserer Betrachtung stellen. Da geht es nicht darum, dass die Kinder mehr Wahlmöglichkeiten haben, Frau Ministerin, sondern, dass wir tatsächlich ein Ernährungssystem aufbauen, das angefangen bei der Transparenz des Angebots bis hin zu einer Limonaden- oder Zuckersteuer und zur Einschränkung von Werbung für Süßigkeiten die Dinge mit Blick auf die Kinder wirklich verändert.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Vizepräsident in Petra Pau:

Kollegin Künast.

Renate Künast (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):

Wir brauchen eine andere Ernährungsumgebung, weil das eine Gesundheits-, eine Umweltfrage, eine soziale Frage ist, meine Damen und Herren. Da hilft Freiwilligkeit gar nicht, und Schneckenrennen hilft auch nicht.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN)

Vizepräsident in Petra Pau:

Das Wort hat die Kollegin Ingrid Pahlmann für die CDU/CSU-Fraktion.