Rede von Dr. Robert Habeck Erneuerbare Energien

07.07.2022

Dr. Robert Habeck, Bundesminister für Wirtschaft und Klimaschutz:

Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Guten Morgen und danke, dass ich zum Einstieg in die Debatte kurz das Wort bekomme. Alleine die schiere Anzahl und der Umfang der Gesetzentwürfe zeigen, was gerade Phase ist, dass wir in einer Zeit leben, in der die Energie und die Energiesicherung sicherheitsrelevant für Deutschland und für Europa geworden sind. Mit diesem, ich würde sagen, größten Gesetzespaket im Energiebereich der letzten Jahre, wahrscheinlich Jahrzehnte, ziehen wir notwendige und dringend erforderliche Änderungen nach.

Die Gesetze sind umfänglich. Der Gesetzentwurf für einen beschleunigten Ausbau der erneuerbaren Energien sorgt dafür, dass wir die Mengen an Energie, die wir zur Einhaltung der klimapolitischen Beschlüsse der Vergangenheit brauchen, auch bereitstellen können. Die erneuerbaren Energien bekommen jetzt den Rang eines überragenden öffentlichen Interesses und damit auch in der Abwägung von Schutzgütern in vielerlei Hinsicht einen Vorrang. Die EEG-Umlage wird mit diesem Gesetz final abgeschafft.

Mit dem Windenergie-auf-See-Gesetz werden die Ausbauziele für Offshorewindanlagen 2030 auf 30 Gigawatt und 2045 dann auf 70 Gigawatt festgeschrieben und hochgesetzt, sodass wir auch industriepolitisch ein klares Signal geben, was wir in Deutschland in den nächsten Jahren machen und brauchen werden. Es gibt ein neues Ausschreibungsdesign: Zum ersten Mal werden qualitative, also auch umweltschonende Kriterien in die Vergabe einbezogen.

(Beifall der Abg. Susanne Menge [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

– Genau, das finde ich auch ganz großartig. – Der Ausbau der Netze wird in Zukunft durch die Ausschreibung ebenfalls von den Windparkbetreibern mitfinanziert.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD sowie bei Abgeordneten der FDP)

Das Wind-an-Land-Gesetz sorgt für eine faire und gerechte Verteilung sowie Handelsmöglichkeiten untereinander, sodass wir nicht nur fordern, sondern in diesem Fall die Länder auch in die Pflicht nehmen, die Ausbauziele, die wir als gemeinsame Kraftanstrengungen leisten müssen, auch gemeinsam zu tragen.

Das Ersatzkraftwerkebereithaltungsgesetz gibt uns in der aktuellen Situation die Möglichkeit, Gaskraftwerke aus dem Markt herauszudrängen, indem wir die Reserve, die dafür geschaffen wurde, nutzen: in Notsituationen Kohlekraftwerke hochzufahren. Mit der Novelle zum Energiesicherungsgesetz, einem 50 Jahre alten Gesetz, das schon einmal in dieser Legislaturperiode angepackt wurde, werden viele Optionen geschaffen. Ich weiß noch, dass Kollege Oliver Krischer, der jetzt andere Aufgaben hat und Kollege an anderer Stelle geworden ist, hier gesagt hat, er hoffe, dass es nie genutzt wird, weil es so ein scharfes Schwert ist; aber es sorgt dafür, dass wir entsprechende Maßnahmen nutzen können.

Ich bin wirklich dankbar, auch der Unionsopposition, dass es, so hoffe ich, vor den Sommerferien gelingt, das Arsenal der Möglichkeiten noch einmal zu erweitern und zu präzisieren. Wir sind in einer Phase, in der wir uns alle Optionen des Handelns offenhalten müssen.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD sowie bei Abgeordneten der FDP)

Sehr geehrte Damen und Herren, ich möchte dem ganzen Haus, jedenfalls dem Teil des Hauses, der nicht nur konstruktiv, sondern auch – ich glaube, ich verrate hier kein Geheimnis – bis an die Grenze der nervlichen Belastbarkeit gearbeitet hat, ein ganz großes Dankeschön aussprechen.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der SPD und der FDP)

Das war ein großer und auch notwendiger Kraftakt, der – das kann ich mir bei aller Freude, dass dieses große Werk hoffentlich jetzt gelingt, nicht verkneifen – gestern vom Oppositionsführer als Schönwetterpolitik dargestellt wurde. Dazu vielleicht folgende Anmerkungen: Wenn man sich vor Eisbergen fotografieren lässt, aber vergisst, dass Eisberge schmelzen, wenn man aus allen möglichen Dingen aussteigt – zu Recht –, aber vergisst, dass man dafür eine Infrastruktur aufbauen muss, wenn man klimapolitische Beschlüsse fasst, sie aber nicht mit Maßnahmen unterlegt, dann lässt man Deutschland im Regen stehen.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der SPD und der FDP)

Das haben wir in der Vergangenheit erlebt: immer größere Abhängigkeit von russischen fossilen Energien, mangelnde Diversifizierung, Nichteinhaltung der klimapolitischen Ziele, schleppender, ja zusammengebrochener Ausbau der erneuerbaren Energien, Zerstörung der Solar- und in weiten Teilen auch der Windindustrie, die wir in diesem Land schon hatten, Verlust von zukunftsfähigen Arbeitsplätzen und einem marktwirtschaftlichen Hochlauf für die Zukunftstechnologien, Bremsen in Europa, kein Plan, kein Überblick. Und Sie sagen, das, was wir jetzt machen, sei Schönwetterpolitik. Sehr geehrte Damen und Herren, Deutschland steht buchstäblich im Regen. Hätten wir diese Pakete vor zehn Jahren durchgezogen, würden wir heute ganz anders dastehen.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der SPD und der FDP)

Was wir hier machen, ist, Deutschland wieder in eine energiepolitisch sichere Zukunft zu führen.

Vielen Dank.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der SPD und der FDP)

Präsidentin Bärbel Bas:

Nächster Redner: für die CDU/CSU-Fraktion Andreas Jung.

(Beifall bei der CDU/CSU)