Rede von Bernhard Herrmann Erneuerbare Energien im Städtebaurecht

Bernhard Herrmann
09.11.2022

Bernhard Herrmann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):

Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Es ist schon amüsant, zu hören, wenn diejenigen von Trippelschritten sprechen, die 16 Jahre gebremst haben.

(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Stefan Müller [Erlangen] [CDU/CSU]: Standardtextbaustein! – Weitere Zurufe von der CDU/CSU)

Es ist schon gute Gewohnheit, dass wir hier über das Ermöglichen des Ausbaus der Erneuerbaren reden, wie gerade letztens über die Gesetze zu massiven Steuererleichterungen. Da haben Sie nie etwas getan. Es ist gut, dass wir es endlich tun.

(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Heute geht es auch um die vereinfachte Nutzung der Wind- und Solarenergie auf Tagebauflächen. Aber ich muss das etwas einordnen in den Gesamtkontext des Wandels hin zu erneuerbaren Energien: Klimakrise und Energiekrieg verlangen pragmatisches Handeln. Auch die Bevölkerung und die Wirtschaft, die den Wandel immer mehr als Chance begreifen, erwarten das von uns. Schöne Grüße aus der Solarhauptstadt Chemnitz – nicht Bayern, nicht Freiburg, nicht Münster –, einer Region, in der die Solarindustrie überlebt hat, wo auf E‑Mobilität umgestellt wurde.

Ich unterhalte mich mit tollen Akteuren, die sich schon lange selbst geholfen haben und die damit ganz viel erreichen: Wohnungsgenossenschaften, die ihre Gebäude top saniert haben und die Dächer entweder selbst nutzen oder einträglich für die Solarnutzung vermieten. All das hält die Mieten und Nebenkosten langfristig stabil.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und des Abg. Daniel Föst [FDP])

Menschen betreiben 20 Jahre alte PV-Anlagen und laden demnächst ihre Autos fast kostenlos. Der Strom, der übrig ist, fließt in die Heizung – unschlagbar günstig. Das ist nur ein winziger Ausschnitt aus einem Meer von Erfolgsgeschichten, für die hier die Zeit nicht reicht.

Aber: Die Industrie in Sachsen ist in der Bredouille. Die Verhinderung des Ausbaus der Windenergie ist auch in Sachsen legendär, dramatisch. Hilferufe erreichen uns von energieintensiven Unternehmen. Sie haben heute größtes Interesse am Bau von Solaranlagen – da haben sie schon viel getan –, aber auch von Windkraftanlagen, und zwar überall im Land. Dieses Engagement ist hoch eindrucksvoll. Gehen Sie hin zu diesen Unternehmen, reden Sie mit ihnen. Sie werden Ihnen das erzählen. Und Sie von der AfD erst recht; sie werden Ihnen die Leviten lesen.

Wie man sieht, brauchen wir überall – ja, überall – einen drastischen Ausbau der Erneuerbaren. Darum ist es gut, dass der vorliegende Gesetzentwurf den Ausbau auf Tagebauflächen erleichtert. Weitere Energiemonopole, gerade auch in den Kohleregionen, wollen wir aber nicht. Sonne und Wind spenden Energie quasi an jedem Punkt der Erde: überall und dezentral, optimal für eine ungeheuer große Akteursvielfalt. Einfache Flächenausweisung stärkt auch die Möglichkeiten für Energie in der Hand von Bürgerinnen und Bürgern, ortsansässiger Unternehmen und einer bunten Energieversorgerlandschaft. Die Länder können und sollten das unbedingt berücksichtigen. Mit der heutigen Neufassung des Baugesetzbuches ermächtigen wir sie nämlich dazu, das auch selbst zu regeln; wir geben ihnen etwas in die Hand.

In der Lausitz genauso wie in allen Kohleregionen stehen die Bergbautreibenden, die im Osten aufgrund ganz spezifischer Geschichte das Eigentum an besagten Flächen haben, in besonderer Verantwortung. Gigawatt-Factories mit Sonne und Wind, alles klasse – aber alles im Kontext der in der Tat noch ungeklärten Tagebausanierung. Die Wasserfrage beispielsweise ist noch vollkommen offen. Dafür kann nun aber auch die Nutzung der Erneuerbaren einen wesentlichen Teil des Geldes generieren. Die Menschen erwarten das auch.

Die heutige Änderung des Baugesetzbuches birgt somit gleich mehrere Chancen. Dafür herzlichen Dank an die beiden beteiligten Ministerien, und vielen Dank auch für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der FDP)