06.05.2021

Dr. Irene Mihalic (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Die enge Kooperation von Polizeibehörden in Europa ist bereits heute der Schlüssel zum Erfolg vieler Ermittlungsverfahren. Eine wirksame Bekämpfung der organisierten Kriminalität oder des Terrorismus wären ohne eine grenzüberschreitende Zusammenarbeit nicht denkbar. So haben uns die vergangenen Wochen gezeigt, wie effektiv die EU-Mitgliedstaaten gegen kriminelle Gruppierungen vorgehen können, wenn sie Erkenntnisse austauschen und gemeinsam ermitteln. Erst diese Woche sind deutsche und italienische Behörden gemeinsam mit der Hilfe von Europol gegen die Mafiaorganisation ʼNdrangheta vorgegangen und haben umfangreiche Razzien durchgeführt.

Die Stärkung von Europol wird damit zu einer zentralen Säule der europäischen Sicherheitsarchitektur und hat unmittelbar Einfluss auf die Strafverfolgung der Mitgliedstaaten. Daher ist es gut und wichtig, dass wir heute über die Vorschläge der Kommission zur Stärkung des Europolmandates sprechen. Denn die Vorschläge der Kommission dürfen nicht darüber hinwegtäuschen, dass die Befugnisse von Europol nicht mit der gesellschaftlichen und ökonomischen Integration Europas schritthalten.

Dabei gäbe es Verbesserungen, die wirklich einen Sicherheitsgewinn bedeuten würden. Europol muss endlich zu einem europäischen Kriminalamt ausgebaut werden und eigene Ermittlungsbefugnisse bekommen. Bisher fehlt diese operative Kompetenz völlig aufgrund einer Blockade der Mitgliedstaaten, leider auch unter deutscher Beteiligung, und bildet damit eine sicherheitspolitische Schwachstelle.

Die Koalition erteilt einer Weiterentwicklung von Europol sogar eine ganz klare Absage. Sie fordert in ihrem ohnehin wenig ambitionierten Antrag, dass Europol nicht einmal die Mitgliedstaaten zu Ermittlungen auffordern darf, wenngleich Erkenntnisse über kriminelle Tätigkeiten in dem jeweiligen Land vorliegen. Das ist inakzeptabel und sicherheitspolitisch kontraproduktiv. Dabei liegen viele konkrete und gute Vorschläge auf dem Tisch, wie Europol weiterentwickelt werden kann. Dazu gehört, dass die perspektivische Weiterentwicklung von Europol nur gelingen kann, wenn diese zum Beispiel durch die Schaffung eines europäischen Strafrechtsrahmens flankiert wird.

Gleichzeitig dürfen auch zum Zwecke der Strafverfolgung das Recht auf informelle Selbstbestimmung und der Schutz sensibler Daten zu keiner Zeit über Bord geschmissen werden. So ist der von der Kommission vorgeschlagene Austausch von personenbezogenen Daten mit privaten Unternehmen oder die Durchführung sogenannter Big-Data-Analysen bürgerrechtlich äußerst fragwürdig. Dabei hat uns die Vergangenheit doch gezeigt, dass immer größere Datentöpfe und die Aufweichung von Standards nicht automatisch zu besseren Ergebnissen oder gar mehr Sicherheit führen.

Neben Kompetenzfragen wird vor allem die personelle und finanzielle Ausstattung von Europol über die Wirksamkeit europäischer Polizeiarbeit entscheiden. Daher muss der vorgesehene Mittelaufwuchs mindestens verstetigt werden. Anderenfalls drohen alle Bemühungen ins Leere zu laufen.