Rede von Anja Hajduk Folgen der Corona Pandemie – Haushalt/Finanzen
Anja Hajduk (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Mit der Abstimmung über den Nachtragshaushalt gehen wir in der Tat einen sehr großen und auch sehr entschlossenen Schritt. Das hat hoffentlich Signalwirkung, aber das ist auch notwendig. Deswegen will ich auch zu Beginn sagen: Wir Grünen werden aus tiefer Überzeugung zustimmen. Das ist eine außergewöhnliche Notfallsituation, und deswegen ist es richtig, nach den Maßgaben der Schuldenbremse diese starke Verschuldung jetzt, in dieser besonderen Situation, zuzulassen, um zu zeigen, dass wir in diesem Land diese Krise auch bewältigen können und dass wir dazu unseren Beitrag leisten.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)
Es handelt sich hier um ein Paket von 156 Milliarden Euro, wenn wir die geringeren Steuereinnahmen, die wir erwarten, und die zusätzliche Milliarden, die wir bereitstellen wollen, um jetzt denjenigen Hilfe zu geben, die auf ihre Tätigkeiten verzichten müssen und dadurch Unkosten und natürlich auch Sorgen haben, zusammenziehen. Und wir brauchen dieses Geld auch, um unser Gesundheitssystem fit zu machen und es möglichst leistungsfähig zu halten.
Wir wissen aber auch, dass es wahrscheinlich nicht das letzte Mal sein wird, dass wir hier über Maßnahmen diskutieren. Der Finanzminister hat seinem Nachtragshaushalt einen wirtschaftlichen Einbruch zugrunde gelegt, wie wir ihn so ungefähr vor etwas mehr als zehn Jahren erlebt haben. Das waren damals minus 5 Prozent. Manche reden aber jetzt davon, dass es vielleicht auch das Doppelte sein kann. Damit wissen wir, dass noch zusätzliche Maßnahmen notwendig werden. Deswegen möchten wir Grüne sehr dringlich anmahnen: Wir brauchen auch noch Kraft und Luft für eine Investitionsoffensive, wenn die Krise mal überstanden ist, und sie kann auch noch viel größer werden. Das müssen wir heute schon im Blick behalten.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Deswegen müssen die Tilgungsverpflichtungen im Zweifel auch angepasst werden. Wir brauchen sie, wir wollen sie auch festlegen; aber wir müssen im Auge behalten, wie wir dann finanziell leistungsfähig bleiben.
Wir brauchen die Programme für Kleinstunternehmer; darüber haben wir diskutiert. Wir wollen einen großen Wirtschaftsstabilisierungsfonds im Umfang von mehreren Hundert Milliarden Euro ermöglichen. Von grüner Seite will ich aber auch ganz deutlich anmahnen: Wir brauchen auch Solidarität mit Blick auf Europa. Da gab es aus Sicht von uns Grünen bisher nur warme Worte statt klare Ansagen.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Sie können, Herr Scholz, mit veranlassen, dass die Staats- und Regierungschefs morgen die Kreditlinien des ESM vorsorglich allen europäischen Ländern zugänglich machen. Machen Sie das! Sorgen Sie dafür!
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Der Druck in Italien und Spanien ist jetzt da.
Wir als Grüne würden auch die Idee richtig finden, unserer Kreditanstalt für Wiederaufbau die Möglichkeit zu geben, die entsprechende Förderbank in Italien zu unterstützen. Und nicht zu vergessen: Wir wissen alle, dass die Gesundheitssysteme der ärmsten Länder schon heute das Signal brauchen, dass wir als internationale Gemeinschaft bereitstehen werden, auch diesen mit Milliarden zu helfen, damit sie durch die Krise kommen.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Diese beiden Punkte haben wir im Haushaltsausschuss angemahnt; denn auch das heißt Solidarität.
Wir müssen uns sicherlich demnächst wieder hier versammeln und weitere Maßnahmen beschließen, auch wenn wir – das geben wir gerne zu – das entschlossene Handeln der Regierung sehr gerne konstruktiv begleitet haben.
Schönen Dank.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Präsident Dr. Wolfgang Schäuble:
Nächster Redner ist der Kollege Dr. Joachim Pfeiffer, CDU/CSU.
(Beifall bei der CDU/CSU)