Rede von Boris Mijatović Fortsetzung des EUFOR ALTHEA-Einsatzes in Bosnien und Herzegowina

Boris	Mijatovic
23.06.2023

Boris Mijatović (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Frau Wehrbeauftragte Högl, herzlich willkommen im Hohen Haus!

(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der SPD)

Heute wollen wir im Deutschen Bundestag die Verlängerung der im letzten Jahr neu mandatierten EUFOR-Althea-Mission in Bosnien und Herzegowina beschließen. Dieses Mandat – das möchte ich an dieser Stelle ausdrücklich betonen – ist wichtig und essenziell für Frieden und Stabilität in der Region. Ich möchte mich ausdrücklich bei jeder einzelnen Soldatin, jedem einzelnen Soldaten bedanken, die diese Mission für uns übernehmen.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD und der CDU/CSU)

Allein dass wir wieder in diese Mission eingestiegen sind, hat vielen Menschen in der Region Hoffnung gemacht. Und dafür danken wir Ihnen allen sehr herzlich.

Dass das Leben der Menschen in Frieden und Sicherheit keine Selbstverständlichkeit ist, sehen wir derzeit an vielen Orten auf der Welt. Auch in der Balkanregion sind Frieden und Stabilität keine Selbstverständlichkeit. Wir haben vor Kurzem erst die Mandatsverlängerung für KFOR hier im Parlament beschlossen, und nur wenige Tage später ist die Lage im Norden des Kosovo eskaliert. Mindestens 31 KFOR-Soldaten wurden verletzt, zum Teil sehr schwer verletzt.

Wir sind uns der Verantwortung dieser Mandate bewusst und, was es für die einzelnen Soldatinnen und Soldaten bedeutet, die ihren Dienst vor Ort leisten. Deswegen, meine Damen und Herren, liebe Frau Högl, noch einmal ausdrücklich mein Dank an dieser Stelle. Mir ist das sehr, sehr wichtig; denn das, was wir hier beschließen, ist in der Region unglaublich wichtig.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP)

Ohne den Einsatz von KFOR, ohne den Einsatz von EUFOR wäre die Situation in der Region noch viel schwieriger. Die Präsenz der europäischen Friedenstruppen, meine Damen und Herren, bedeutet gleichzeitig, dass die Bevölkerung vor Ort sicher sein kann, dass die internationale Gemeinschaft sie nicht vergessen hat. Und es ist meine Überzeugung, dass es jetzt die Aufgabe der Behörden in Pristina und Belgrad ist, die Straftäter zu ermitteln und vor Gericht zu bringen, die diese Angriffe auf die Sicherheitskräfte im Norden des Kosovo getätigt haben. Das sind wir den Soldatinnen und Soldaten, das sind wir den Familien schuldig.

(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN, der SPD und der FDP)

31 Jahre sind vergangen seit Beginn des Krieges in Bosnien und Herzegowina. 27 Jahre sind vergangen, in denen wir keinen Ausbruch neuer Gewalt in Bosnien und Herzegowina erlebt haben. Aber 31 Jahre sind auch vergangen, in denen weiterhin ethnonationalistische Politik stattfindet. 31 Jahre, in denen wir Kriegsverbrecher angeklagt, vor Gericht gebracht und verhaftet haben, meine Damen und Herren. Und heute ist es so, dass viele dieser Kriegsverbrecher wieder auf freiem Fuß sind.

Ich möchte hier deutlich machen, wie unerträglich ich es empfinde, dass verurteilte Kriegsverbrecher in der Öffentlichkeit in Bosnien und Herzegowina wieder hofiert werden. Die Rückkehr von Dario Kordic, meine Damen und Herren, auf diese Bühne sollte uns eine Mahnung und eine Warnung sein. Dario Kordic wurde als Befehlshaber der kroatischen Armee zu 25 Jahren Haft vor dem Internationalen Tribunal für das ehemalige Jugoslawien verurteilt. Dario Kordic ist auf freiem Fuß und in der Öffentlichkeit präsent. Und, meine Damen und Herren, er zeigt keine Reue für seine Taten. Sie können sich aktuell ein Video anschauen, wo er sagt: Ich würde Gleiches wieder tun. – Morde, Massaker, das ist etwas, das ich unerträglich finde, und das müssen wir thematisieren.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD sowie bei Abgeordneten der FDP)

Meine Damen und Herren, eine weitere gefährliche nationalistische Idee breitet sich aus: Altbekannte Nationalisten setzen weiterhin auf Sezession, sitzen in Banja Luka und träumen die Idee eines Großserbiens, schwören auf die Idee, dass die Serben nur dann frei wären, wenn sie in einem homogenen Ethnostaat zusammenleben könnten. Diese gefährliche Ideologie, meine Damen und Herren, konnten wir erleben am 9. Januar, als der Ministerpräsident der Republika Srpska nur wenige 100 Meter vom Zentrum Bosniens und Herzegowinas – der Großstadt Sarajevo, die belagert wurde – entfernt seinen Tag der Republika Srpska feierte. Das war eine Provokation, wie wir sie schon öfter erlebt haben. Ein Verbot des Verfassungsgerichts wurde ignoriert. Und, meine Damen und Herren, das war eine Veranstaltung, zu der nicht nur bosnische Serben gingen, sondern bei der sich auch Vertreter der Nachbarrepublik die Klinke in die Hand gaben. Vor Ort gesehen wurde nicht nur der Sohn von Aleksandar Vucic, vor Ort gesehen wurde auch der Außenminister Ivica Dacic, auch die Premierministerin Ana Brnabic von der Republik Serbien war vor Ort schon häufiger präsent.

Was können wir also aus der Vergangenheit lernen? Wir sind mit EUFOR in einer Region im Einsatz, die weiterhin Ethnonationalismus ertragen muss. Was wir lernen können, ist, dass Ausgleich nur dann stattfindet, wenn wir die Dinge offen ansprechen und auf diese Weise deutlich machen, dass wir das verurteilen. Meine Damen und Herren, ich begrüße die Gelegenheit, über die Mandatsverlängerung zu sprechen, die Frieden sichert und die den Menschen in der Region Hoffnung macht. So können wir deutlich machen, dass wir Sezession und Nationalismus verurteilen. Beides sind Dinge, die hier in Deutschland zum Teil wahrgenommen werden, die in Bosnien und Herzegowina aber einen sehr, sehr großen Raum einnehmen.

Deswegen möchte ich zum Abschluss noch mal sehr deutlich machen: Diese Mission ist wichtig für die Menschen, die in der Region für Freiheit und Demokratie kämpfen. Es gibt diese Menschen, und die sollten wir stärken, die sollten wir ansprechen.

Lassen Sie mich ganz zum Schluss sagen: Morgen findet in Sarajevo die Pride statt, also der CSD in Sarajevo. Die Leute, die das organisieren, verdienen unseren Schutz, verdienen unsere Aufmerksamkeit. Sie machen die richtige Arbeit, die wichtige Arbeit für die Zukunft dieses Landes. Ich freue mich, dass die das morgen machen, und wünsche ihnen eine gute Pride.

Vielen Dank, meine Damen und Herren.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der SPD und der FDP)

Vizepräsidentin Yvonne Magwas:

Für die Unionsfraktion hat das Wort Thomas Erndl.

(Beifall bei der CDU/CSU)