Rede von Philip Krämer Fortsetzung des KFOR-Einsatzes in Kosovo

Philip Krämer MdB
26.05.2023

Philip Krämer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):

Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Wir debattieren heute über die Fortsetzung der Beteiligung bewaffneter deutscher Streitkräfte an der internationalen Sicherheitspräsenz im Kosovo. Dieser Einsatz hat in mehr als 23 Jahren den Frieden in Kosovo und in den Anrainerstaaten sichergestellt. Wir wollen, dass diese friedenssichernde Mission langfristig erhalten bleibt und weiterhin durch Soldatinnen und Soldaten der Bundeswehr unterstützt wird.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der FDP)

Wir müssen uns in dieser Debatte immer bewusst machen, was die Ursache dieser NATO-Intervention gewesen ist, und das waren die völkermörderischen Verbrechen des serbischen Regimes. Die Auflösungskriege in Ex-Jugoslawien sind Geschichten menschlicher Tragödien und tausendfachen Leids. Slobodan Milosevic war nur einer unter vielen Tätern organisierter Gewalt gegen Unbewaffnete, Frauen und Kinder. Er sticht allerdings als Führungsperson hervor.

Welche müssen unsere perspektivischen Ziele für den Kosovo in den nächsten Jahren – wahrscheinlich eher Jahrzehnten – sein? Einerseits brauchen wir die internationale Anerkennung des Kosovo als souveränen Staat.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie des Abg. Thomas Hacker [FDP] – Michael Brand [Fulda] [CDU/CSU]: Das ist doch ein unabhängiger Staat!)

Wir brauchen mittelfristig einen Beitritt in die Europäische Union und, damit verbunden, eine NATO-Annäherung, die auch die militärische Unabhängigkeit sichert. Was mir auch sehr wichtig ist, insbesondere in diesem Konflikt, ist eine Aussöhnung zwischen Serbien und dem Kosovo; denn das ist die Grundlage für einen EU-Beitritt, den wir perspektivisch anschließen. Im Frühjahr 2023 wurden das Abkommen zur Visaliberalisierung und die Aufnahme in den Europarat beschlossen. Das waren meines Erachtens zwei ganz wichtige Schritte auf diesem Weg.

Die jüngste europäische Tragödie des russischen Angriffskriegs hat gezeigt: Blockfreiheit schützt – anders als im Kalten Krieg – nicht mehr vor territorialen Begehrlichkeiten und imperialer Aggression. Genau diese territorialen Begehrlichkeiten haben weniger mit ethnischen Realitäten im Kosovo zu tun. Sie rühren vielmehr aus zufälliger geografischer Verortung des Amselfelds als serbischen Gründungsmythos auf dem jungen kosovarischen Staatsgebiet. Daher ist auch der Aufbau der Kosovo Security Force ein wichtiger Schritt in Richtung souveräner Staatlichkeit des Kosovo. Auch hier ist ein wichtiger Beitrag Deutschlands und der Bundeswehr zu verorten.

(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)

Noch beachtlicher ist allerdings der Bundeswehrbeitrag, der über die klassische militärische Kompetenz hinausgeht. Deutsche Soldatinnen und Soldaten sind als Kommunikationsteams im ständigen Kontakt mit diversen Bevölkerungsgruppen und Ethnien. Dadurch fungieren sie als Seismografen. Sie zeigen militärische Präsenz und leisten auch einen Mediationsbeitrag, der als wichtiger Beitrag im Bereich Peacebuilding angesehen werden kann.

Wir haben im kommenden Jahr den 25. Jahrestag des KFOR-Mandats. Das ist ein Jubiläum, auf das die Bundeswehr, aber auch die beteiligten Soldatinnen und Soldaten und wir als Parlament, das die Parlamentsarmee in diesen Einsatz schickt, sehr stolz sein können und auch sein sollten. Es bedeutet: 25 Jahre Beitrag zum Frieden in einer Region Europas, in der Frieden auch heute nicht selbstverständlich ist.

(Beifall der Abg. Britta Haßelmann [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Der Einsatz ist eine seit 25 Jahren bestehende Mission, die über das klassische Leistungsprofil von Streitkräften hinausgeht, eine Mission, die aufgrund des engen Kontakts zur lokalen Bevölkerung auch Spuren bei Soldatinnen und Soldaten hinterlassen hat. Wir sind als Politik, aber eben auch als Gesellschaft gefordert, diesen Einsatz und diesen Beitrag unserer Bundeswehr anzuerkennen und ihn in den nächsten Jahren noch einmal nach vorne zu stellen.

(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN, der SPD und der FDP)

Wir müssen anerkennen, dass dieser Einsatz maßgeblich zu einem besseren Leben im Kosovo und auf dem Westbalkan beigetragen hat. Wir müssen anerkennen, dass dieser Auftrag jungen Menschen im Kosovo eine Perspektive ermöglicht, eine Perspektive auf eine Zukunft in einem sicheren Land, eine Perspektive auf eine Zukunft in einem friedlichen Europa. Das, liebe Kolleginnen und Kollegen, müssen wir als Gesellschaft und Politik anerkennen. Das müssen wir unseren Soldatinnen und Soldaten sagen: Vielen Dank für Ihren Einsatz!

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD, der CDU/CSU und der FDP)

Ich wünsche mir für die Beurteilung des Einsatzes noch etwas sehr Besonderes: Ich möchte, dass diese Mission und das Erreichte für unsere Bundeswehr traditionsstiftend wird. Die letzten Jahre und mehr als zwei Jahrzehnte im Einsatz, die kollektive und persönliche Leistung unter teilweise widrigen Bedingungen in einem sehr schwierigen Umfeld müssen in einem besonderen Maße gewürdigt werden. Es sind Leistungen, die Gutes bewirken. Lassen wir diese Leistungen zu einer positiven Tradition in der Bundeswehr werden, weil sie explizit zur Völkerverständigung beitragen!

Deshalb appelliere ich: Erkennen wir diese Leistungen unserer Soldatinnen und Soldaten an, indem wir sagen: Dieser Beitrag war und ist sehr erfolgreich. Dieser Beitrag ist aber auch weiterhin nötig. Wir legen diese Aufgabe weiterhin vertrauensvoll in die fähigen Hände unserer Soldatinnen und Soldaten und verlängern deshalb dieses Mandat.

Vielen Dank.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der FDP)

Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt:

Ich begrüße in unserer Debatte auch die Wehrbeauftragte Frau Dr. Högl. Schön, dass Sie da sind. – Ich gebe jetzt das Wort Michael Brand für die CDU/CSU-Fraktion.

(Beifall bei der CDU/CSU)