Fortsetzung des UNMISS-Einsatzes im Südsudan

21.03.2024

Jürgen Kretz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Südsudan steht vor enormen Herausforderungen: Die humanitäre Lage und die Menschenrechtslage sind desaströs; auch die Sicherheitslage ist trotz des Friedensabkommens von 2018 noch immer extrem angespannt. Zu dieser fragilen Situation trägt auch der Bürgerkrieg im benachbarten Sudan mit seinen Fluchtbewegungen bei. In der öffentlichen Wahrnehmung in Deutschland sind andere Konflikte aber deutlich präsenter. Es handelt sich hier also um einen der sogenannten vergessenen Konflikte.

Die Friedensmission UNMISS hat eine zentrale Rolle beim Schutz der Zivilbevölkerung, bei der Schaffung und Erhaltung von Zugängen für humanitäre Hilfe, bei der Beobachtung von Verstößen gegen Menschenrechte und humanitäres Völkerrecht sowie bei der Unterstützung dafür, dass das Friedensabkommen umgesetzt wird und der Friedensprozess weiter voranschreitet.

(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Dies ist zentral dafür, dass Ende 2024 Wahlen abgehalten werden können, und dafür, dass Südsudan den Weg in eine friedlichere Zukunft einschlagen kann.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD)

Für die Durchführung von Wahlen braucht es nicht nur funktionierende Institutionen, sondern eben auch ein Minimum an Sicherheit, und dafür ist die Präsenz von UNMISS unerlässlich. Es ist daher richtig und wichtig, dass wir den deutschen Beitrag nun um ein weiteres Jahr verlängern.

Am meisten Personal für die UN-Mission entsenden Ruanda, Indien, Nepal, Bangladesch und Äthiopien. Seit Beginn des Mandats haben 131 Entsandte im Einsatz ihr Leben verloren, und ihrer gedenken wir. Aus Deutschland sind in der Regel ein gutes Dutzend Soldatinnen und Soldaten für UNMISS im Einsatz. Sie sind in den Bereichen Beratung, Beobachtung und Unterstützung tätig. Sie tun dies in einem sicherheitspolitisch extrem angespannten Umfeld.

Den vielen Menschen aus der ganzen Welt, die in diesem Einsatz dienen, insbesondere den deutschen Soldatinnen und Soldaten, sowie den zivilen Kräften vor Ort gilt unser ausdrücklicher Dank.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD und der CDU/CSU)

Der Waffenstillstand von 2018 wird zwar auf nationaler Ebene eingehalten; auf lokaler Ebene führen ethnische und politische Spannungen jedoch regelmäßig zum Aufflammen von Gewalt. Betroffen ist davon vor allem die Bevölkerung; die große Mehrheit der Opfer sind Zivilistinnen und Zivilisten. Sexualisierte und geschlechtsspezifische Gewalt ist dort an der Tagesordnung; sie wird systematisch als Waffe eingesetzt. Deshalb ist es so wichtig, dass der Schutz von Frauen, Kindern und vulnerablen Gruppen ein integraler Bestandteil dieses Mandats ist.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der FDP)

Nur wenn die Mission diesem Anspruch auch tatsächlich gerecht wird, genießt sie die Akzeptanz der lokalen Bevölkerung. Ich selbst war beruflich in der Zusammenarbeit mit einer UN-Mission in einem ähnlichen Kontext tätig, und daher weiß ich, wie wichtig das ist.

Unser Engagement begrenzt sich nicht auf Sicherheitsbedrohungen. Im Sinne des integrierten Ansatzes nutzt Deutschland die ganze Breite seines außenpolitischen und entwicklungspolitischen Instrumentenkastens.

Zum einen ist das humanitäre Hilfe. Von den rund 12 Millionen Menschen im Südsudan sind etwa 9 Millionen auf humanitäre Hilfe angewiesen. Ernährungsunsicherheit, Überschwemmungen und Dürren sowie Vertreibungen verschärfen die humanitäre Lage. Deshalb stellte die Bundesregierung 2023 rund 50 Millionen Euro an humanitärer Hilfe bereit.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der FDP)

Zum anderen ist das Entwicklungszusammenarbeit. Das Entwicklungsministerium fördert in Südsudan derzeit Projekte mit 312 Millionen Euro. Die Entwicklungszusammenarbeit umfasst zum einen die strukturbildende Übergangshilfe, die direkt an die humanitäre Hilfe andockt, und zum anderen Maßnahmen zur langfristigen Entwicklung des Landes. Es geht hierbei um Ernährungssicherung, aber auch um ländliche Entwicklung, Wasserversorgung sowie den Aufbau lokaler Verwaltungsstrukturen. All das wird begleitet durch psychosoziale Unterstützung und Prävention von sexualisierter und geschlechtsspezifischer Gewalt.

Außerdem entsendet die Bundesregierung ziviles Personal in die UN-Mission. Die erneute Entsendung von Polizistinnen und Polizisten ist im Laufe dieses Jahres vorgesehen.

Der militärische Beitrag, über den wir heute abstimmen, ist also nicht isoliert zu betrachten, sondern er ist eingebettet in einen erweiterten Sicherheitsbegriff. Dazu hat die Bundesregierung sich in ihrer Nationalen Sicherheitsstrategie bekannt.

Wir werden der Verlängerung des UNMISS-Mandats zustimmen und begrüßen es, dass die Mission hier im Haus eine breite Unterstützung genießt. Es ist wichtig, multilaterale Strukturen zu stärken, sei es auf globaler Ebene mit den Vereinten Nationen oder auf regionaler Ebene mit der Afrikanischen Union, die in der Friedenssicherung eine immer relevantere Rolle spielt.

Die Menschen im Südsudan haben ein Recht auf mehr Frieden und Sicherheit. Und wenn wir dazu einen Beitrag leisten können, dann haben wir auch die Verpflichtung, das zu tun.

Vielen Dank.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der SPD und der FDP)

Vizepräsident Wolfgang Kubicki:

Vielen Dank, Herr Kollege Kretz. – Nächster Redner ist der Kollege Peter Beyer, CDU/CSU-Fraktion.

(Beifall bei der CDU/CSU)