Rede von Dr. Ingrid Nestle Gas- und Strompreisbremse und Energiepreispauschale für Studierende

Foto von Ingrid Nestle MdB
01.12.2022

Dr. Ingrid Nestle (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir bringen heute das Gesetzespaket zur Gaspreisbremse und Strompreisbremse ein. Die Menschen und Unternehmen in diesem Land können sich auf die Ampel verlassen.

(Lachen bei der AfD)

Putin hat diesen Kontinent und unser Land durch eine Kombination von absichtlich in die Höhe getriebenen Preisen für fossile Energien

(Zuruf des Abg. Dr. Rainer Kraft [AfD])

und einer Desinformationskampagne, daran seien gar nicht die Fossilen oder Putin schuld, sondern wahrscheinlich die Erneuerbaren oder der Klimaschutz, in eine sehr schwierige Lage gebracht.

(Dr. Götz Frömming [AfD]: Sie als Bundesregierung! Das wissen wir längst!)

Ja, dass Sie vom ganz rechten Rand jetzt hier möppern, ist sehr bezeichnend. Denn Sie sind diejenigen – und damit sind Sie die Einzigen –, die Putins Desinformationskampagne sogar hier unterstützen Das fügt diesem Land wirklich schweren Schaden zu.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der SPD und der FDP sowie des Abg. Andreas Jung [CDU/CSU])

Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir können die Folgen von Putins Angriff nicht ausradieren, aber wir können sie sehr wohl mildern.

(Karsten Hilse [AfD]: Sie radieren die deutsche Wirtschaft aus!)

Wir können dafür sorgen, dass unsere Gesellschaft nicht daran zerbricht, dass der oder die Einzelne nicht alleingelassen wird und unsere Wirtschaft stabilisiert wird. Ich möchte mich ganz zuvorderst beim Wirtschafts- und Energieministerium bedanken, dessen Mitarbeiter in wirklich grandioser, sehr harter Arbeit diese Entwürfe erarbeitet haben. Ich finde, sie enthalten eine ganze Reihe sehr guter Aspekte.

Erstens. Die Entlastung kommt automatisch. Niemand muss Anträge stellen. Niemand muss Formulare ausfüllen. Nein, das Geld kommt automatisch bei Ihnen zu Hause an.

Zweitens. Wer Gas und Strom spart, spart auch weiterhin Geld. Ja, auch das ist wichtig. Denn damit wir mit dem knappen Gas gut durch diesen und den nächsten Winter kommen, ist es weiterhin wichtig, dass wir alle gemeinsam aus Solidarität Gas und Strom sparen. Ich sage es noch mal, weil es hier ständig falsch unterstellt wird: Nicht die Leute mit wenig Geld müssen sparen, weil sie kein Geld haben, sondern wir alle als Gesellschaft, auch gerade die Reichen, müssen aus Solidarität Gas und Strom sparen.

(Thorsten Frei [CDU/CSU]: Aber AKWs abschalten!)

Deswegen ist es richtig und wichtig, dass in diesem Entwurf dafür gesorgt wird, dass diejenigen, die das tun, auch tatsächlich bares Geld behalten.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD sowie bei Abgeordneten der FDP)

Drittens. Ich finde es sehr gut, dass mit diesem Gesetz alle entlastet werden: Menschen, Unternehmen, Kommunen, und zwar ohne eine komplizierte Unterscheidung, wer zu welcher Gruppe gehört. Nein, wir gucken lediglich: Was ist die Gruppe mit hohem Verbrauch, was ist die mit niedrigem Verbrauch? Ich halte diesen Ansatz für sehr intelligent und sehr effizient. Er sorgt für klare Kommunikation und macht die Umsetzung in so kurzer Zeit überhaupt erst möglich.

Wichtig ist uns auch, dass die Subvention bei den Reichen besteuert wird, ja, dass besonders viel Geld bei denen ankommt, die wenig davon haben, dass besonders viel dort ankommt, wo es am dringendsten benötigt wird.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD sowie bei Abgeordneten der FDP)

Wir werden uns darüber hinaus im parlamentarischen Verfahren dafür einsetzen, dass auch die Unternehmen, die sehr große Unterstützung bekommen, in dieser Zeit keine Boni und Dividenden ausschütten dürfen.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, dieses Gesetzespaket organisiert Solidarität. Dazu gehört auch, dass diejenigen, die durch die hohen Energiepreise sehr hohe Gewinne gemacht haben, ihren Beitrag leisten. In einem anderen Gesetzentwurf, über den wir jetzt nicht hier diskutieren, geht es um die Gewinne der Ölkonzerne. Hier und heute geht es um die Gewinne im Strombereich.

Dort werden alle relevanten Stromerzeugungstechnologien abgeschöpft, bei denen es etwas abzuschöpfen gibt. Ja, das sind nicht Gas und Steinkohle. Gas ist es ganz evident deshalb nicht, weil wir wegen der Gaskraftwerke und des teuren Gases überhaupt dieses ganze Problem haben. Da ist nichts abzuschöpfen. Aber auch bei der Steinkohle wäre sehr wenig zu holen. Und würden wir dieses wenige holen, bestünde die ernste Gefahr, dass tatsächlich wieder viel mehr Gaskraftwerke statt der Kohlekraftwerke laufen, dass wir viel mehr Gas verbrauchen und dadurch in eine Mangellage rauschen. Das wäre kritisch.

Es wird mitunter behauptet, wir würden am meisten bei den Erneuerbaren holen.

(Andreas Jung [CDU/CSU]: So ist es!)

Nein, wir schöpfen nicht explizit bei den Erneuerbaren ab. Wir schöpfen bei allen Stromerzeugungstechnologien ab, wo es geht. Aber ja, die Erneuerbaren liefern tatsächlich am meisten, weil die Erneuerbaren den größten Anteil an der Stromversorgung stellen und weil sie bei Weitem am kostengünstigsten sind.

(Steffen Kotré [AfD]: Das ist Quatsch!)

Das, liebe Kolleginnen und Kollegen, sind zwei sehr gute Nachrichten.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD – Dr. Rainer Kraft [AfD]: Die liefern gerade gar nichts, die Erneuerbaren!)

Sie zeigen auch, wie dringend wir die Erneuerbaren brauchen für die Zukunft, für günstige Preise, für die Versorgungssicherheit, für den Klimaschutz. Deswegen legen wir großen Wert darauf, mit diesem Gesetzespaket auch gute Bedingungen für Investitionen in die Erneuerbaren in der Zukunft zu schaffen. Hier wird nichts abgeschöpft. Wir haben gute Sicherheitsmargen festgelegt. Das kann man vielleicht schon daran sehen, dass wir von geschätzten 90 Milliarden Euro Zufallsgewinnen 20 Milliarden Euro abschöpfen. Ja, wir brauchen die Erneuerbaren. Wichtig ist vor allem, dass wir gute Investitionsbedingungen für die Zukunft schaffen.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, es wird auch manchmal gefragt: Warum gibt es zwei unterschiedliche Werte für Braunkohle? – Das gucken wir uns an, genau wie die Werte für Atom. Ich sage nur schon mal: Diejenigen, die sich beschweren, dass andere mehr kriegen, können den Kohleausstieg auf 2030 vorziehen. Dann bekommen sie auch den höheren Wert.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich komme zum Schluss. Dieses Gesetz kann nicht perfekt sein. Würden wir auf das perfekte Gesetz warten, würden wir gar nichts beschließen und die Menschen und Unternehmen in diesem Land alleinlassen. Das Gesetz kann nicht perfekt sein. Aber es macht diese Regierung aus, dass sie trotzdem handelt, wo Handeln notwendig ist. Das ist ein großes Glück für unser Land in dieser Zeit.

Putin hat sich das anders gedacht. Er hat gehofft, dass unsere Demokratie schon in diesem Winter zusammenbricht. Aber die Menschen in diesem Land sind bereit für Solidarität. Unser Land ist stark. Die Ampel ist bereit, die notwendige Unterstützung zu organisieren.

Herzlichen Dank.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der SPD und der FDP)

Präsidentin Bärbel Bas:

Nächster Redner: für die CDU/CSU-Fraktion Andreas Jung.

(Beifall bei der CDU/CSU)