Rede von Dr. Bettina Hoffmann Generaldebatte Nachhaltigkeit

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16.09.2020

Dr. Bettina Hoffmann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Nachhaltigkeit ist nicht nur ein Wort, und es kann auch nicht mehr beliebig verwendet werden, schon gar nicht als Weichmacher. Die Weltgemeinschaft – Herr Brinkhaus, das ist der gesellschaftliche Rückhalt – hat vor fünf Jahren gemeinsam konkrete Ziele beschlossen und festgelegt, dass bis 2030 kein Mensch mehr in Armut leben soll, alle Kinder eine kostenlose Schulausbildung bekommen und alle Menschen einen Platz zum Wohnen haben. Sie hat gemeinsam beschlossen, dass die Meere nicht mehr zugemüllt und überfischt werden und dass sie alle Tier- und Pflanzenarten vor dem Aussterben retten will. Dafür lohnt es sich, gemeinsam zu kämpfen.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Alle Ziele sind im Übrigen gleichrangig; es gibt keine Rosinenpickerei. Das haben, glaube ich, einige hier auch noch nicht wirklich verstanden.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Es gibt nationale Ziele, Indikatoren und Messlatten.

Aber in einer Zeit, in der Dürre und Hitze die Klimakrise immer spürbarer machen, in einer Zeit, in der Armut und Hunger wieder zunehmen, in einer Zeit, in der Rechtspopulisten das Recht des Stärkeren wieder einfordern, gerade in dieser Zeit hat die Bundesregierung fast die Hälfte ihrer Nachhaltigkeitsziele nicht erreicht. Einen Satz aus dem Koalitionsvertrag hat sie immer wieder vergessen – ich zitiere –: Die Agenda 2030 ist „Maßstab des Regierungshandelns.“ Das zeigt, Strukturen und Regeln hier im Parlament müssen sich ändern.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Der Parlamentarische Beirat, den Sie hoffentlich alle kennen, hat dafür Vorschläge unterbreitet:

Erstens. Alle Gesetze sollen schon im Entstehungsprozess einem Nachhaltigkeits-TÜV unterzogen werden. Zur Gesetzesfolgenabschätzung gehört ein offener Umgang mit Zielkonflikten und gehört, zu prüfen, ob andere Länder in ihrer nachhaltigen Entwicklung durch uns nicht negativ beeinflusst werden.

Zweitens. Ein Nachhaltigkeitskontrollrat soll eingesetzt werden. Denn auch für die Agenda 2030 brauchen wir einen internen Wachhund, damit der Satz „Die Agenda 2030 ist Maßstab des Regierungshandelns“ nicht wieder verloren geht.

Und drittens. Der Beirat soll zu einem Ausschuss für nachhaltige Entwicklung aufgewertet werden. Denn seien wir ehrlich: Die Wirkmächtigkeit des Beirates ist sehr begrenzt.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, meine Fraktion steht hinter diesen Vorschlägen. Wir haben sehr intensiv für einen gemeinsamen, interfraktionellen Antrag geworben. Dass dies nicht geklappt hat, zeigt für mich: Wenn es ernst wird mit Nachhaltigkeit, dann klaffen Reden und Handeln in der Koalition leider weit auseinander.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Trotzdem möchte ich Sie einladen: Schließen Sie sich an, und stimmen Sie unserem Antrag zu! Der Ruf nach überparteilichem Konsens ist ja bei Ihnen gerade in Mode gekommen. Im Parlamentarischen Beirat für Nachhaltigkeit gibt es diesen Konsens.

Vielen Dank.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Vizepräsident Thomas Oppermann:

Vielen Dank. – Nächster Redner ist für die Fraktion der CDU/CSU der Kollege Dr. Georg Nüßlein.

(Beifall bei der CDU/CSU)