Rede von Beate Müller-Gemmeke Geringfügige Beschäftigung

12.10.2018

Beate Müller-Gemmeke (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Gäste auf den Tribünen! Beim Minijob ist heute bei 450 Euro Schluss, und jetzt will die FDP einen 550-Euro-Job. Die Begründung ist ganz einfach: Sie sprechen von der Tarifentwicklung und der Teilhabe am Arbeitsleben. Das zeigt: Im Weltbild der FDP ist beim Minijob alles super – in der Realität sieht das aber anders aus.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Pascal Kober [FDP]: Nein, die Einkommensgrenze muss angehoben werden!)

Minijobs sichern nicht die Existenz der Menschen,

(Pascal Kober [FDP]: Das ist gar nicht das Ziel!)

und sie sind auch keine Brücke in reguläre Beschäftigung. Mehr Geld im Minijob hilft auch nicht den Bezieherinnen und Beziehern von Arbeitslosengeld II,

(Pascal Kober [FDP]: Natürlich! Sie könnten jeden Monat 20 Euro mehr haben!)

auch wenn das in Ihrem Gesetzentwurf steht;

(Abg. Johannes Vogel [Olpe] [FDP] meldet sich zu einer Zwischenfrage)

denn der größte Teil – daher kann man sich die Frage ersparen – wird sofort wieder verrechnet. Die 550-Euro-Jobs helfen diesen Menschen kein Stück weiter.

Vizepräsidentin Claudia Roth:

Frau Kollegin, erlauben Sie eine Zwischenfrage? – Ach, das war gar nicht so gemeint?

(Johannes Vogel [Olpe] [FDP]: Sie hat schon gesagt, dass sie sie nicht zulassen will!)

Beate Müller-Gemmeke (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):

Ja, es wird verrechnet. Ich wusste ja, was gefragt wird. – Aber wenn wir jetzt gerade – –

Vizepräsidentin Claudia Roth:

Moment, stopp! Er meldet sich deutlich, oder? – Gut. Darf er oder darf er nicht?

Beate Müller-Gemmeke (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):

Ich würde jetzt einfach weitermachen – und zwar gleich mit Herrn Vogel, da er eben beim Thema Rente die Bundesregierung kritisiert und gemeint hat, sie würde zu wenig nach vorne schauen. Was heißt das jetzt eigentlich beim Minijob? Diese Jobs sind die Altersarmutsfalle Nummer eins, und nun wollen Sie sie auch noch auf 550 Euro ausweiten. Minijobs bedeuten Minirenten, daher droht vielen Frauen Altersarmut, und im Übrigen sind Minijobs häufig auch noch eine berufliche Sackgasse. Genau diese Realität sollten Sie, die FDP, endlich zur Kenntnis nehmen.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN)

Von einer Ausweitung der Minijobs würde stattdessen vor allem die Wirtschaft profitieren. Die 550 Euro bedeuten mehr Arbeitsstunden und mehr Arbeitsleistung. Damit könnten die Beschäftigten wieder mehr Stunden eingesetzt werden, und zwar flexibel und kurzfristig. So läuft das beispielsweise bei der Arbeit auf Abruf; denn das sind vor allem Minijobs. Dies alles lohnt sich für die Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber, und deshalb gibt es mittlerweile im Gastgewerbe und auch im Wohnungswesen genauso viele Minijobs wie sozialversicherungspflichtige Beschäftigung. Das geht gar nicht. Diese Entwicklung wollen wir stoppen.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Deshalb wollen wir die Minijobs nicht ausweiten, sondern stattdessen die Hürden im Übergang zu regulärer Beschäftigung abbauen. Unser Ziel ist sozialversicherungspflichtige Beschäftigung. Der Mindestlohn hat dabei übrigens viel bewirkt. Wir könnten ja zusammen dafür streiten, dass der Mindestlohn weiter erhöht wird. Es gibt jetzt weniger Minijobs und dafür mehr sozialversicherungspflichtige Beschäftigung, besonders in Ostdeutschland und im Handel. Davon profitieren die Beschäftigten tatsächlich: Sie können länger arbeiten, sie verdienen mehr, und sie haben einen höheren Lohn. Genau so muss es sein.

Vielen Dank.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)