Rede von Denise Loop Geschlechtergerechte Sprache

Denise Loop
15.12.2022

Denise Loop (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleg/-innen!

(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Christian Freiherr von Stetten [CDU/CSU]: Jetzt geht es los!)

Alle Jahre wieder! Und das sage ich nicht, weil Weihnachten ist, sondern damit lassen sich gut die Anträge der AfD zusammenfassen;

(Enrico Komning [AfD]: Oh!)

denn alle Jahre wieder können Sie es nicht ertragen, dass die Gesellschaft sich weiterentwickelt und dass Sprache sich verändert.

(Martin Reichardt [AfD]: Sie sind nicht die Gesellschaft! Sie sind eine Randgruppe! – Weiterer Zuruf von der AfD: Zurückentwickelt!)

Sie sind die Einzigen, die das Thema immer wieder auf die Tagesordnung setzen und damit die ganze Aufregung um Sprachvorgaben erzeugen.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der LINKEN)

Niemand, wirklich niemand schreibt anderen Menschen vor, wie sie zu sprechen oder zu kommunizieren haben.

(Christian Freiherr von Stetten [CDU/CSU]: Ihr seid so weit weg vom Volk! Das wisst ihr gar nicht mehr!)

Obwohl: Das stimmt nicht ganz; denn Sie von der AfD – und jetzt auch einige Kolleg/-innen bzw. Kollegen von der Union – fordern ja regelmäßig Sprachverbote.

Eigentlich geht es ja gar nicht um unsere Sprache, sondern darum, dass Sie die Entwicklung hin zu einer gleichberechtigteren Gesellschaft ins Lächerliche ziehen wollen.

(Ulle Schauws [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Die erste faktenbasierte Rede hier!)

Die von Ihnen immer wieder angeheizte Debatte ist doch nur symptomatisch für Ihre Angst vor Gleichberechtigung.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)

Es ist eine Scheindebatte. Trotzdem möchte ich noch einmal drei Punkte sehr deutlich machen:

(Martin Reichardt [AfD]: Jetzt kommt es!)

Erster Punkt. Das generische Maskulinum zu verwenden, ist auch Gendern. Gendern heißt nicht nur: „Wir verwenden das Binnen-I, den Unterstrich oder das Gendersternchen“, sondern wenn wir in der männlichen Form sprechen, dann gendern wir auch.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD sowie bei Abgeordneten der LINKEN und der Abg. Gyde Jensen [FDP])

Sie sprechen damit allerdings nur Männer direkt an – und damit auch nur die Hälfte der Gesellschaft. Das ist problematisch; denn es ist ausschließend, wenn nur bestimmte Menschen – in diesem Fall Männer – angesprochen werden.

(Martin Reichardt [AfD]: Das sind doch Spiegelfechtereien auf jämmerlichem intellektuellen Niveau hier!)

Und damit komme ich zum zweiten Punkt. Sprache ist mächtig, und Sprache schafft soziale Tatsachen. Sie kann diskriminieren und auch verletzen. Gleichzeitig kann sie uns als Gesellschaft auch dabei helfen, Ungerechtigkeit zu bekämpfen. Durch Sprache können wir ausdrücken, was wir denken, wer wir sind. Sprache kann als Werkzeug für mehr Geschlechtergerechtigkeit dienen

(Zuruf von der CDU/CSU: Wir sprechen eine Sprache! Das ist das Besondere an der Gesellschaft!)

und die geschlechtliche Vielfalt in unserer Gesellschaft sichtbar machen. Deswegen ist es sehr bedeutsam, wie wir sprechen und auch schreiben.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD – Ulle Schauws [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das sind doch mal Fakten hier!)

Zu guter Letzt. Sprache ist lebendig. Sie folgt gesellschaftlichen Veränderungsprozessen. Das bedeutet, sie ist nicht festgeschrieben, sondern wird von den Menschen gemacht und von ihnen auch verändert. Deswegen, liebe Kolleg/-innen: Anstatt diese Debatte über Sprachverbote und Gendern alle Jahre wieder zu führen, sollten wir allen Menschen die Möglichkeit aufzeigen, sich mit dem Thema zu beschäftigen.

(Martin Reichardt [AfD]: Sie sollten die Leute einfach sprechen lassen!)

Wir sollten Debatten darüber führen, wie wir unsere Sprache so gestalten können, dass sie alle Menschen einschließt

(Dr. Christoph Ploß [CDU/CSU]: Mit dem generischen Maskulinum!)

und dass alle Menschen sich auch inkludiert fühlen.

(Dr. Christoph Ploß [CDU/CSU]: Ich fühle mich ausgegrenzt!)

Das betrifft dann nicht nur Frauen, sondern auch intergeschlechtliche und nichtbinäre Menschen.

Vielen Dank.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD sowie bei Abgeordneten der FDP)

Vizepräsident Wolfgang Kubicki:

Vielen Dank, Frau Kollegin Loop. – Nächste Rednerin ist die Kollegin Heidi Reichinnek, Fraktion Die Linke.

(Beifall bei der LINKEN – Dorothee Bär [CDU/CSU]: Hier kommt die Maus!)