Rede von Uwe Kekeritz Globale Bildungspartnerschaft

02.02.2018

Uwe Kekeritz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):

Sehr geehrter Herr Präsident! Werte Kolleginnen und Kollegen! Bildung ist zentral für gesamtgesellschaftliche Entwicklungen eines Landes. Das gilt für Deutschland; das gilt für jedes Entwicklungsland. Bildung hat auch eine starke individuelle Bedeutung. Ein Mangel an Bildung ist immer mit gesellschaftlicher Ausgrenzung verbunden, hier wie im Süden. Ohne gute Ausbildung fehlt Kindern eine fundamentale Voraussetzung für ein eigenständiges und erfülltes Leben.

Die Schulbildung ist in den letzten Jahren etwas besser geworden, gerade in Bezug auf Einschulungsraten; das muss man lobend hervorheben. Allerdings muss auch ganz klar gesagt werden: Wir sind von halbwegs akzeptablen Verhältnissen wirklich noch sehr weit entfernt.

Der Weltbildungsbericht fordert deshalb zu Recht eine enorme Steigerung der Anstrengungen im Bildungsbereich.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Dass diese Forderung gerechtfertigt ist, wird durch viele Fakten belegt, auch durch die Tatsache, dass heute immer noch 60 Millionen Schulkinder im Grundschulalter, 264 Millionen Kinder im Schulalter keine Schule besuchen können. Das ist, global gesehen, schlicht ein Skandal,

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

der natürlich auch persönliche, individuelle Tragödien nach sich zieht.

Bildung ist nicht kostenlos. Deshalb findet aktuell in Dakar eine Finanzierungskonferenz der Globalen Bildungspartnerschaft statt. Eingeladen haben der französische Präsident Macron und der senegalesische Präsident Sall. Beide sind persönlich vor Ort. Es gibt weitere Staats- und Regierungschefs, die vor Ort sind. Anwesend sind 60 Minister. Die Bundesregierung ist vertreten – man ahnt es; nein, es ist nicht die Praktikantin; sie ist nur für UN-Veranstaltungen verantwortlich –: durch niemanden.

(Ottmar von Holtz [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Was?)

Die Botschaft hat den Auftrag bekommen, die Bundesrepublik Deutschland auf dieser Konferenz zu vertreten.

(Dr. Wolfgang Stefinger [CDU/CSU]: Dann sind wir ja vertreten!)

Das ist sicherlich praktisch, ist sicherlich billig. Aber ich meine, das ist pure Ignoranz gegenüber einem wichtigen Thema, und es ist ein miserables internationales Auftreten. Diese Thematik hat tatsächlich etwas anderes verdient.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der FDP)

Aber wir haben Gott sei Dank einen Entwicklungsminister, der in seinen öffentlichen Reden – Sie teilen es ihm sicherlich mit, Herr Staatssekretär – immer wieder die ganz große Bedeutung von Bildung hervorhebt – das ist richtig, und das ist gut –, der aber auch nicht müde wird, zu erklären, Bildung zu einem Schwerpunkt seiner Amtszeit gemacht zu haben. Das ist uns beiden sicherlich entgangen, Herr Staatssekretär.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Wir werden jetzt gleich von der CDU/CSU tolle Zahlen hören: 1,6 Milliarden, 38 Millionen. – Ich habe jetzt keine Zeit, darauf einzugehen. Aber lassen Sie sich nicht blenden. Im Wesentlichen ist es so, dass sich in den letzten fünf Jahren relativ wenig getan hat.

Der deutsche Beitrag für die Globale Bildungspartnerschaft ist jedenfalls ein Armutszeugnis.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN)

Magere 9 Millionen Euro jährlich sind beschämend. Das sind gerade einmal 1,7 Prozent der international finanzierten Gesamtsumme. Da versteht man natürlich schon, warum die Kanzlerin  auch kein Minister  nicht nach Dakar fliegt; denn mit 9 Millionen Euro kann man da wirklich nicht punkten.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN)

Angesichts der volkswirtschaftlichen Leistungsfähigkeit unseres Landes muss ich sagen: Ein fairer Anteil würde wohl bei ungefähr 100 Millionen Euro liegen. Sie alle wissen, dass es keinen Minister gibt, der den Begriff „fair“ öfter gebraucht als Gerd Müller.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Diese eklatante Diskrepanz – 9 Millionen Euro/100 Millionen Euro – ist weder zu entschuldigen noch zu erklären. Vor allen Dingen sind die Kinder die Leidtragenden.

Wir haben in der Staatengemeinschaft vereinbart, bis 2025 die ausbeuterische Kinderarbeit abzuschaffen. Heute müssen noch immer 152 Millionen Kinder in Fabriken, Steinbrüchen, Plantagen schuften, statt zur Schule zu gehen. Kinder gehören auf die Schulbank und nicht in ausbeuterische Verhältnisse geworfen.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der LINKEN)

Der beste Hebel in diesem Zusammenhang ist und bleibt die Bildung. Der Globus braucht stabile Staaten mit positiven Entwicklungsmöglichkeiten und für seine Menschen positive Perspektiven. Ich sagte es bereits: Bildung ist hierbei ein entscheidender Hebel, und Grundschulbildung ist das Fundament. Wer sich dem verweigert, fördert letztlich Fluchtursachen.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der LINKEN sowie des Abg. Olaf in der Beek [FDP])

Ich komme zum Schluss, Herr Präsident. – Der kürzeste Weg aus Armut und Perspektivlosigkeit ist der Schulweg. Ich bitte Sie: Gehen Sie mit uns diesen Weg, und stimmen Sie dem Antrag zu!

Danke schön.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der LINKEN)