Rede von Matthias Gastel Güterverkehrs- und Logistikbranche

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13.10.2022

Matthias Gastel (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen! Liebe Kollegen! Es geht um die Krise in der Logistik. Und ja, natürlich gibt es diese Krise. Mit

Blick in den Koalitionsvertrag der Ampel, aber auch mit Blick auf das, was wir bereits begonnen haben umzusetzen, kann ich sagen und feststellen: Wir reagieren

auf die Krise.

(Dr. Christoph Ploß [CDU/CSU]: Laufzeitverlängerungen! Das wäre gut!)

Zum Antrag der CDU/CSU-Fraktion sage ich: Sie verengen wieder einmal eine Thematik ganz massiv. Es gibt bei Ihnen zum Beispiel offensichtlich keine

Klimakrise; die taucht hier überhaupt nicht auf.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Dr. Christoph Ploß [CDU/CSU]: Wir brauchen Kernenergie!)

Das sind massive Herausforderungen, denen wir uns hier stellen müssen. Sie sind total Lkw-fixiert unterwegs. Der Lkw hat im Bereich des Güterverkehrs

einen Anteil von 74 Prozent; niemand kann, niemand will ihn ausblenden. Aber es gibt auch noch andere Transportmittel, beispielsweise die Bahn, die nicht

leistungsfähig genug ist, die Lieferketten stärker zu unterstützen, was auch damit zu tun hat, dass Sie das System Schiene über viele Jahre schlicht und

ergreifend kaputtgespart haben.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie der Abg. Detlef Müller [Chemnitz] [SPD] und Thomas Lutze [DIE LINKE])

Sie sind dafür mitverantwortlich, dass so viel über die Straße transportiert werden muss und zu wenig über die Schiene gehen kann, weil dort die

notwendige Leistungsfähigkeit nicht vorhanden ist und dementsprechend Zuverlässigkeit nicht möglich ist.

(Henning Rehbaum [CDU/CSU]: Was ist denn das für ein Argument? – Stephan Brandner [AfD]: Dann machen Sie das doch!)

Und wenn Sie aus der Unionsfraktion jetzt hier dazwischenrufen, dann nenne ich Ihnen drei Namen: Ramsauer, Dobrindt und Scheuer. Ich an Ihrer Stelle,

wenn ich in Ihrer Fraktion wäre, würde mich bei jeder Verkehrsdiskussion im Bundestag – nach alldem, was Sie an notwendigen Entscheidungen versäumt haben – in

den tiefsten Löchern des Reichstagsgebäudes verkriechen,

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD – Dr. Christoph Ploß [CDU/CSU]: Was ist denn Ihre Lösung?)

anstatt mit solchen Anträgen zu kommen.

(Zurufe von der CDU/CSU)

Wir diskutieren hier Versäumnisse, die Sie mit drei CSU-Verkehrsministern zu verantworten haben. Das war einfach zu viel für das System Straße –

denken Sie an die Brücken, die bröckeln –, für das System Schiene, das nicht leistungsfähig genug ist.

(Zurufe von der CDU/CSU)

– Und jetzt rufen Sie auch noch dazwischen, wenn ich darauf hinweise.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Henning Rehbaum [CDU/CSU]: Vielen Dank für den sachlichen Beitrag!)

In Ihrem Antrag fordern Sie, am Bundesverkehrswegeplan festzuhalten. Was Sie leider völlig versäumen und ignorieren, ist, dass Sie damals, vor Jahren,

als er aufgestellt wurde, einfach eine Auflistung von gewünschten Projekten gemacht haben.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Sie haben nicht priorisiert. Sie haben nicht finanziert. Sie haben nicht gesagt, in welcher Reihenfolge mit welchen Planungskapazitäten was

funktionieren soll.

(Dr. Christoph Ploß [CDU/CSU]: Was ist denn Ihre Lösung?)

Sie haben weder Umweltziele noch die Verlagerung von Verkehr auf die Schiene verfolgt. Damit haben wir jetzt zu tun.

Wir haben als Ampelkoalition vereinbart, dass wir die Projekte priorisieren wollen. Wir haben vereinbart, dass wir sie neu aufstellen wollen. Wir

haben einen Dialogprozess vereinbart, um einen Konsens über die Infrastrukturentwicklung in Deutschland herbeizuführen. Das sind nämlich die Dinge, die nicht

gemacht wurden, die aber notwendig sind. Und wir werden darauf gucken müssen, dass wir die Projekte voranbringen, die wirklich Sinn machen,

(Dr. Dirk Spaniel [AfD]: Stuttgart 21!)

die notwendig, aber auch finanzierbar sind und die Klimazielen nicht im Wege stehen.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)

Das ist unsere Aufgabe; dazu haben wir auch Entsprechendes im Koalitionsvertrag vereinbart.

(Zuruf des Abg. Ulrich Lange [CDU/CSU])

Sie fordern, Infrastrukturprojekte zu beschleunigen. Sie haben in der letzten Legislatur mehrere Beschleunigungsgesetze beschlossen, die sich jetzt

aber als weitgehend wirkungslos erweisen. Wir arbeiten derzeit in der Beschleunigungskommission Schiene; diese wird noch im Oktober ihre Ergebnisse vorlegen.

Ich bin sehr optimistisch, dass wir dann genau die Dinge präsentieren, mit denen wir deutlich schneller vorankommen, gerade beim Ausbau der Schienenwege, der

über Jahre – man muss schon fast sagen: über Jahrzehnte – versäumt worden ist.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)

Wir binden hier auch die Branche eng ein; das scheint Ihnen im Antrag ja zumindest rhetorisch wichtig zu sein. Es sind Unternehmen, es sind

Umweltverbände dabei. Sie beteiligen sich daran, die entsprechenden Maßnahmen,

(Felix Schreiner [CDU/CSU]: Reine Ideologie!)

um bei der Infrastruktur schneller voranzukommen, mit auszuarbeiten.

Sie schreiben, dass Sie die Nutzerfinanzierung ausbauen wollen. Gleichzeitig schreiben Sie aber, „auf eine Erhöhung der Lkw-Maut“ verzichten zu

wollen. Wie soll man denn das zusammenbringen? Das eine passt nicht zum anderen. Deswegen ist es gut und richtig, dass wir an der Weiterentwicklung der Lkw-Maut

arbeiten. Wir müssen es von Gesetzes wegen.

(Zuruf des Abg. Dr. Jonas Geissler [CDU/CSU])

Wir wollen es aber auch, weil die Lkw-Maut zusätzliche Aufgaben und Funktionen erfüllen muss. Sie muss zum einen die Finanzierung der Infrastruktur

ermöglichen, zum anderen aber auch eine Lenkungsfunktion haben, damit mehr Güter auf die Schiene wandern können,

(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

sodass die Klimaziele erreichbar sind.

Genau diese Dinge haben wir im Koalitionsvertrag vereinbart. Jetzt liegt ein Gesetzentwurf vor. Es wird sicherlich noch einmal darüber geredet werden

müssen, wie er im parlamentarischen Verfahren weiterentwickelt werden kann. Aber wir sind da auf jeden Fall dran und auf einem guten Weg.

Sie fordern einen runden Tisch. Ja, wenn man nicht mehr weiterweiß, dann gründet man … Sie kennen den Spruch.

(Zuruf des Abg. Dr. Jonas Geissler [CDU/CSU])

Wir sind schon im ständigen Dialog, auch bei AdBlue; die Thematik haben Sie in Ihrem Antrag angesprochen. Wir sind längst in einem intensiven

Austausch mit den Herstellern, der Industrie und den Verbänden. Wir werden ganz schnell reagieren, wenn es tatsächlich Engpässe geben sollte;

(Dr. Dirk Spaniel [AfD]: Gibt ja keine Engpässe! Alles super!)

denn es ist völlig klar, dass die Lieferketten funktionieren müssen. Wir sind immer im Gespräch mit den entsprechenden Stellen.

Fazit: Wir führen die Dialoge, die notwendig sind, und wir machen es gerne und überzeugt. Es ist viel in der Pipeline und vieles bereits in der

Umsetzung, übrigens auch in Sachen Ladeinfrastruktur für elektrische Lkw, die notwendig sind.

(Dr. Dirk Spaniel [AfD]: Das ist genau das, was wir jetzt brauchen in der Krise!)

Sollten Sie in Zukunft noch einmal derartige Anträge einbringen, denken Sie bitte auch an die Schiene, denken Sie an den Klimaschutz, denken Sie an

die Verlagerung.

(Dr. Dirk Spaniel [AfD]: Ein Realitätsverlust! Das geht gar nicht mehr!)

Wenn Sie nicht daran denken: Wir tun wir es.

Vielen Dank.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD sowie bei Abgeordneten der FDP)

Vizepräsidentin Yvonne Magwas:

Liebe Kolleginnen und Kollegen, einen schönen Nachmittag von meiner Seite, auch an die Besucherinnen und Besucher auf den Tribünen! Wir führen die

Debatte fort mit dem nächsten Redner: Fraktion Die Linke, Thomas Lutze.

(Beifall bei der LINKEN)