Rede von Ottmar von Holtz Haushalt 2018: wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung

16.05.2018

Ottmar von Holtz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Bei der Entwicklungszusammenarbeit geht es um faire Bedingungen für die armen Länder auf dem Weltmarkt, es geht um Klima- und Umweltschutz, es geht um Bildung und soziale Gerechtigkeit, um Einkommenssicherung und vieles mehr. Die Erwartungen an Sie, Herr Minister Müller, sind also recht hoch. Geschickt erzeugen Sie den Eindruck, in Bezug auf Entwicklungszusammenarbeit ein progressiver Minister zu sein. Als neuer grüner Abgeordneter hat mich das tatsächlich sehr gewundert. Aber spätestens mit Blick auf den Haushalt muss ich sagen: Ich bin enttäuscht.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Alle Welt redet von Fluchtursachenbekämpfung. Was sind denn die Ursachen für Flucht? Bürgerkriege, Gewalt, Vertreibung, Diskriminierung, Hunger, Dürre, Überschwemmungen, Perspektivlosigkeit. Und was macht diese Bundesregierung? Ertüchtigung der Länder auf den Fluchtrouten, damit diese ihre Grenzen dicht machen, Migrationspartnerschaften, und nur noch Länder, die spuren, bekommen Geld. Das ist keine Fluchtursachenbekämpfung, das ist Fluchtbekämpfung, was Sie da betreiben.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Die UNESCO stellt in ihrem Weltbildungsbericht fest: Vielen Kindern fehlt die Chance auf Bildung. Knapp 270 Millionen Kinder auf dieser Welt erhalten gar keine Bildung. – Die Bundesregierung hat die zentrale Bedeutung von Grundbildung, um die am stärksten Benachteiligten zu erreichen, leider immer noch nicht verstanden. Die geringe finanzielle Unterstützung Deutschlands, die zugesagt wurde, ist ein Schlag ins Gesicht der Entwicklungsländer, die ihre eigenen Bemühungen verstärken wollen, um inklusive und chancengerechte Bildungssysteme aufzubauen.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

An anderen Stellen liefert der Haushalt gar keine Antworten. Herr Müller, Sie haben die Lieferketten angesprochen. Beispiel Textilbündnis: Das Bündnis kam nie in Schwung. Es hat bislang keinerlei konkrete Ergebnisse geliefert. Ganz im Gegenteil: Nach und nach treten die Mitgliedsunternehmen wieder aus. Ein anderes Beispiel ist der sogenannte Marshallplan mit Afrika. Der vorgelegte Haushalt soll als Anschubfinanzierung dafür dienen; das haben Sie kürzlich dem „Handelsblatt“ gesagt. Ich war einigermaßen erstaunt, als ich das gelesen habe. Was ist denn bisher passiert? Ist überhaupt irgendetwas passiert? War das nur ein PR-Gag? Für Ihre Rückführungsprogramme haben Sie im laufenden Haushalt schon Geld gefunden, aber Ihr Marshallplan sucht anderthalb Jahre nach dem Start immer noch seine Anschubfinanzierung.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Weil mir das sehr wichtig ist, noch ein paar Worte zur zivilen Krisenprävention. Zur im Koalitionsvertrag vereinbarten Kopplung des Etats für Entwicklungszusammenarbeit an die Aufwüchse im Verteidigungsetat ist hier schon einiges gesagt worden. Das Chaos ist entstanden, weil Sie unterschiedliche Ansichten haben, was diese Eins-zu-eins-Kopplung bedeuten soll. Ich mache Ihnen einen Vorschlag: Lassen Sie das mit dem PR-Gag. Lassen Sie das mit der Eins-zu-eins-Kopplung. Planen Sie mehr Ausgaben für zivile und weniger für militärische Maßnahmen ein. Bauen Sie die zivile Krisenprävention spürbar aus. Sorgen Sie hier endlich für Kohärenz und Transparenz, anstatt die Gelder in mehreren Häusern zu verstecken.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich komme zum Ende und rechne zusammen: Geld wird ausgegeben für Rückführungen, Militär- und PR-Aktionen. Wichtige Bereiche wie Bildung, Wiederaufbau und Krisenbewältigung, Konfliktprävention und Klimaschutz werden ausgehungert. Die Message der Bundesregierung lautet eigentlich: Um Entwicklung müssen sich andere kümmern. – Frau Merkel, Herr Müller, Herr Scholz, wir Grünen nehmen diese Herausforderung gerne an und kümmern uns darum.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)