21.11.2018

Ekin Deligöz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich habe heute Morgen gelernt, dass es das Besondere der Haushaltsdebatten ist, dass jeder zu jedem Thema reden kann. Jetzt muss ich mich fast schon entschuldigen, dass ich nun zum Etat des Auswärtigen Amtes rede.

Herr Minister, eigentlich muss ich mit einem Lob anfangen, weil in der Bereinigungssitzung etwas Gutes passiert ist. Wir haben die Mittel im Bereich „Auswärtige Kultur- und Erinnerungspolitik“ gesteigert,

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

und wir haben die Mittel für die Goethe-Institute und auch für Projekte wie das Jugendwerk des Westbalkans gesteigert. Die Bereitstellung dieser Mittel wird das positive Bild Deutschlands im Ausland prägen, und das ist das, was wir brauchen, was notwendig und wichtig ist. Ich danke Ihnen dafür, dass Sie das alles ermöglicht haben. Meine Fraktion unterstützt Sie in dem Bestreben, das voranzubringen.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU, der SPD und der FDP)

Ich möchte mich auch dafür bedanken, dass unsere Argumente, dass wir die Mittel für die humanitäre Hilfe und die Krisenprävention steigern müssen, bei Ihnen angekommen sind. Immerhin haben Sie da Geld draufgelegt; wir haben dazu ja mehrere Anträge gestellt.

(Jürgen Hardt [CDU/CSU]: Wir auch!)

Ich bin sehr froh, dass Sie das gemacht haben.

Gleichzeitig kommt ein großes Aber. Das Aber hat meine Kollegin Doris Barnett hier schon angesprochen. Sie hat gesagt: Die Krisenherde der Welt sind vielfältig, und ihre Zahl nimmt zu. – Sie selber, Herr Minister, haben in mehreren Reden – unter anderem auch im Haushaltsausschuss – immer wieder betont, dass im kommenden Jahr neue Aufgaben auf uns zukommen. Sie haben zum Beispiel die Lage in Syrien und im Jemen mehrfach angesprochen und gesagt, dass für die humanitären Krisen dort dringend unsere Unterstützung nötig ist. Hierfür werden die Steigerungen, die Sie jetzt vorgenommen haben, vorne und hinten nicht reichen. Sie sind hier im Etat insofern nicht ehrlich; Sie sind da auch nicht konkret.

Das ist bedauerlich, weil Sie wissen, dass Sie über das Jahr mehr Geld brauchen werden. Sie werden dann wieder über die ÜPLs – über die Überplanmäßigen Ausgaben – gehen und so tun, als seien diese Krisen ganz überraschend entstanden. Es ist aber nicht überraschend, was von Ihnen angekündigt wird, und von daher finde ich, dass Sie Wahrheit und Klarheit des Etats an dieser Stelle überstrapazieren.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Besser wäre es, wenn Sie von vornherein glaubwürdig agieren würden.

Ich will zur Zuwendungsbearbeitung kommen. Ja, es ist unser Auftrag als Haushälter, dafür zu sorgen, dass wir uns an das Haushaltsrecht halten. Frau Kollegin Malsack-­Winkemann, Sie haben mit Blick auf den Bundesrechnungshofbericht die Situation im Auswärtigen Amt so hingestellt – wir alle haben den Bericht gelesen –, als sähe es in diesem Haus wie Kraut und Rüben aus und als würde Willkür herrschen. Nein, das tut es nicht. Dieser Bericht ist differenzierter als das, was Sie dargestellt haben. Da steht nämlich, dass Überprüfung sehr wohl stattfindet, dass diese Überprüfung besser werden kann und dass man an den Strukturen arbeiten muss.

Der Auftrag geht an uns. Erstens sind wir als Abgeordnete die Rechnungsprüfer. Wir haben dafür zu sorgen, dass die Vorgaben eingehalten werden. Das ist unser Job.

(Beifall der Abg. Dr. Daniela De Ridder [SPD])

Zweitens geht es hier wirklich um eine verwaltungstechnische Geschichte. Sie haben gar nicht verstanden, worum es eigentlich geht: Eigentlich geht es nämlich darum, dass wir dieses Haus mit diesem Etat fit für die Zukunft machen müssen. Die großen Aufträge liegen eben nicht in den Details der Verwaltungsmechanismen, die damit zu tun haben. Sie liegen vielmehr darin, dass dieses Haus zum Beispiel dringend Personal im Ausland braucht, etwa für die Visastellen. Das ist ein Beispiel.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie des Abg. Johannes Schraps [SPD])

Oder die Personalbemessung in dem Bereich der Personalreserve – das ist ein weiteres Beispiel. Das reicht nicht. Es geht auch nicht, dass wir hier im Inland das Amt mit Personal aufblähen und dafür im Gegenzug das Personal im Ausland kürzen. Das werden wir am Ende teuer bezahlen, nämlich mit der Qualität der Arbeit im Ausland. Wir brauchen die Mittel ferner für die Sicherheit der Menschen, die für uns im Ausland arbeiten, zum Beispiel für die Gebäudetechnik. Das heißt „fit für die Zukunft machen“.

Das heißt aber auch – jetzt komme ich zu meinem letzten Punkt –, dass wir die Potenziale der Menschen nutzen müssen. Dazu gehören auch Frauen. Herr Minister, hier habe ich große Erwartungen an Sie. Gerade mal 13 Prozent der deutschen Botschafterposten gehen an Frauen. 32 Prozent der deutschen Attachés in Deutschland sind Frauen. Das ist der niedrigste Wert seit 15 Jahren in Deutschland.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Die Schweden sind uns da weit voraus. Sie sagen: „Wir machen eine feministische Außenpolitik“ und haben 40 Prozent der Botschafterstellen mit Frauen besetzt. Daran sollten wir uns orientieren. Wenn wir Frieden und Sicherheit in der Außenpolitik vorantreiben wollen, dann brauchen wir auch eine Gleichstellungspolitik. Dann heißt das aber auch, dass Frauen Verantwortung übernehmen müssen, dass Frauen mitreden müssen. Das sage übrigens nicht ich, sondern das steht in der UN-Resolution 1325, zu der wir uns selbst verpflichtet haben.

(Norbert Kleinwächter [AfD]: Ganz unverbindlich!)

Wozu wir uns verpflichtet haben, daran sollten wir uns auch halten. Hier müssen Sie in Ihrem Haus anfangen, die Dinge zu ändern.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ein Letztes. Ihr Haus hat sich das letzte Mal, als wir Mitglied des UN-Sicherheitsrates waren, sehr gut damit profiliert, dass Sie das Thema „Kinder in bewaffneten Konflikten“ herausgestellt haben. Jetzt wäre wieder so eine Chance da, nämlich das Thema „Frauen, Frieden, Sicherheit“ nach vorne zu bringen und in den Mittelpunkt zu stellen. Das wäre Fortschritt. Damit würden wir Maßstäbe setzen und für eine moderne Außenpolitik einstehen. Wer will denn schon rückwärtsgewandt sein? Bis auf einige wenige in diesem Haus will das eigentlich niemand.

Vielen Dank.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)