Rede von Dr. Ingrid Nestle Haushalt 2021 - Einzelplan Wirtschaft und Energie

Zur Darstellung dieses Videos speichert Youtube Daten in einem Cookie und verarbeitet auch Nutzungsdaten außerhalb der EU. Weitere Infos finden Sie in unserer Datenschutzerklärung.

08.12.2020

Dr. Ingrid Nestle (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Soeben sagten Sie, Kollege Mattfeldt, dieser Haushalt würde den energie- und klimapolitischen Zielen gerecht, weil im Energie- und Klimafonds ja eine ganze Menge Geld sei.

(Andreas Mattfeldt [CDU/CSU]: Durch und durch!)

- „Durch und durch“. Sie bestätigen es noch mal mit vollem Nachdruck. – Ja, in dem Energie- und Klimafonds ist eine ganze Menge Geld. Aber Geld ausgeben ist eben nicht alles.

Erstens. Es kommt darauf an, dass das Geld, das man als „für das Klima“ deklariert, natürlich auch tatsächlich dem Klimaschutz dient. Wir kennen das ja schon aus dem Konjunkturpaket, das angeblich auch sehr grün war. Wenn man genauer hinguckt, sieht man, dass da Sachen drin sind wie: Dem öffentlichen Personennahverkehr wird ein Teil der coronabedingten Verluste ersetzt. – Ein Teil! Der öffentliche Personennahverkehr steht hinterher schlechter da als vorher, und Sie deklarieren das als: Der Klimaschutz kommt voran. – Das finde ich sehr gewagt.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Aber auch in dem von Ihnen eben benannten Energie- und Klimafonds sind viele Hundert Millionen Euro drin für die Strompreiskompensation der Industrie.

(Andreas Mattfeldt [CDU/CSU]: Was auch vernünftig ist!)

Das ist okay; das kann man machen. Aber als Klimaschutz bezeichnen kann man das, glaube ich, nicht.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Zweitens. Es kommt eben nicht nur darauf an, dass das Geld, das man für den Klimaschutz deklariert, auch für den Klimaschutz ist, sondern es kommt auch darauf an, dass man die rechtlichen Rahmenbedingungen insgesamt so gestaltet, dass das Geld auch tatsächlich wirken kann. Aber das funktioniert leider an ganz vielen Stellen nicht. Ich nenne konkrete Beispiele:

Wir alle wollen das Thema Wasserstoff voranbringen. Es sind in diesem Haushalt – teilweise in diesem Haushalt, teilweise in anderen Haushalten verteilt – 9 Milliarden Euro für Wasserstoff vorgesehen. Das ist eine feine Sache. Diese 9 Milliarden Euro können aber nur eine Erfolgsgeschichte werden, wenn auch die Rahmenbedingungen am Strommarkt stimmen. Da stricken Sie jetzt parallel an neuen Regeln für das Erneuerbare-Energien-Gesetz. Nicht nur, dass Sie zwei fast identische Regeln einbringen wollen – das ist das Gegenteil von Klarheit und von „einfach anzuwenden“ –, nein, Sie verweigern auch die entscheidende Weichenstellung, nämlich dafür zu sorgen, dass der Wasserstoff tatsächlich dann produziert wird, wenn der Strommix in Deutschland CO-arm ist. Bei Ihnen kann dann, wenn Kohlestrom dominiert und ein großer CO-Fußabdruck im Strombereich zu finden ist, Wasserstoff hergestellt und subventioniert werden, den Sie hinterher als grün deklarieren. Das ist eine Mogelpackung, und das ist eben gerade kein Klimaschutz.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Richtig deutlich wird das, wenn man dann eben noch sieht, dass Sie den Ausbau der erneuerbaren Energien, der ja Grundlage dafür ist, dass es funktionieren kann mit dem grünen Wasserstoff, eben gerade nicht voranbringen, Herr Minister. Da muss ich meinem Kollegen, Herrn Theurer, wirklich zustimmen:

(Michael Theurer [FDP]: Ui, ui, ui!)

Eine stimmige Geschichte wird das nur, wenn Sie das, was Sie sagen, auch machen.

Sie haben gerade wieder gesagt: Ja, die Erneuerbaren werden zügig ausgebaut. – Sie haben das schon ganz oft gesagt, und Sie haben sich zu Klimaschutzzielen bekannt, die gesteigert werden sollen, die hochgesetzt werden müssen. Aber gerade jetzt arbeiten die Regierungsfraktionen an dem Entwurf einer Novelle des Erneuerbare-Energien-Gesetzes, und Sie haben hier einen Entwurf eingebracht, der bedeutet, dass der Ausbau der erneuerbaren Energien zurückgeht, anstatt hochzugehen,

(Timon Gremmels [SPD]: Warten wir mal ab!)

der sogar trotz EEG noch zurückgeht.

Der Minister hat vorgeschlagen, 2022 und 2023 weniger Erneuerbare zuzubauen als noch in 2021, und das ist schon weniger als das, was wir bis vor Kurzem hatten, nämlich bevor Sie Energieminister waren. Das ist das Gegenteil dessen, was Sie hier erzählen, und das bedeutet, dass das Steuergeld, das Sie hier ausgeben, eben genau nicht die Wirkung entfalten kann, die es entfalten sollte.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Dabei wäre dieses Thema die Chance, etwas zusammenzubringen, was wir hier auch mehrmals gehört haben: Durch den Ausbau der erneuerbaren Energien werden die Börsenstrompreise und damit die Strompreise für die Industrie gesenkt, was Sie fördern, und der Klimaschutz wird erreicht. Deshalb ist es so schade, dass Sie das hier an dieser Stelle nicht hinbekommen. Deswegen bitte ich Sie sehr: Achten Sie darauf, dass die Rahmenbedingungen für den Klimaschutz insgesamt stimmen, damit Sie nicht doppelt und dreimal so viel abreißen durch Fehleinstellungen im EEG, wie Sie hier mit Haushaltsmitteln mühsam aufbauen.

Herzlichen Dank.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Vizepräsident Dr. Hans-Peter Friedrich:

Als Nächstes erteile ich das Wort dem Kollegen Carsten Linnemann, CDU/CSU-Fraktion.

(Beifall bei der CDU/CSU)