Rede von Dr. med. Paula Piechotta Haushalt 2022 - Digitales und Verkehr

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22.03.2022

Dr. Paula Piechotta (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Lieber Volker Wissing! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich danke insbesondere Volker Wissing und Metin Hakverdi für die der aktuellen Situation, in der wir uns auch bei der Verkehrsinfrastruktur befinden, deutlich angemesseneren Worte. Ich möchte mich gleich dem Dank anschließen; aber erlauben Sie mir, noch mal einen ganz kurzen Blick zurückzuwerfen.

Vor ungefähr einem Jahr sind wir in der Bundesrepublik in den Wahlkampf gestartet. Es gab einen Vertreter der Union, der damals immer wieder die Erzählung ausgepackt hat, dass jetzt bald die Goldenen Zwanziger kommen: Die Pandemie ist vorbei, alles wird wieder gut. – Es gab immer noch die Überzeugung, dass es diese eine Krise gibt; dann ist die vorbei, und dann ist erst mal wieder gut.

Wir sehen jetzt: Das hätte nicht falscher sein können. Wir leben nicht mehr in der Zeit, wo es diese eine Krise gibt, und dann ist gut, sondern wir leben in einer Zeit, wo die eine Krise nicht endet, die nächste noch dazukommt und die andere auch weiter besteht. Wir haben jetzt nicht zwei oder drei, wir haben jetzt über vier Krisen auf einmal zu bewältigen. Das spielt sich alles auch im Bereich der Verkehrsinfrastruktur ab.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Das betrifft auch die ganzen Konflikte, die da passieren. Das sehen wir, wenn wir – Herr Wissing hat es angesprochen, Metin Hakverdi hat es angesprochen – schauen, was alleine gerade bei Busunternehmen, aber auch auf der Schiene beim Transport von Flüchtlingen, beim Transport von Gütern geleistet wird, und zum Beispiel auch, wenn wir schauen, wie in Belarus gerade Schienen sabotiert werden, damit russische Truppen darüber nicht unterstützt werden können; aber auch, wenn wir anschauen – Stichwort „Klimakrise“ –, wie gerade – und man muss das verurteilen, wenn es andere Menschen gefährdet – Menschen in diesem Land inzwischen zunehmend so verzweifelt sind, dass sie Autobahnen blockieren,

(Zurufe von der AfD: Oh!)

weil einfach Menschen zunehmend verzweifeln, weil wir als Weltgesellschaft Jahr um Jahr die Klimaziele reißen, insbesondere auch im Verkehrssektor.

Nächster Punkt: natürlich Digitalisierung. Was hätte in diesem Land auch in der Coronakrise alles besser laufen können, wenn wir eine besser funktionierende Digitalisierung schon letztes Jahr, schon vorletztes Jahr gehabt hätten?

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der FDP)

Ich sage das alles nicht, weil ich noch mal aufzählen möchte, wie wichtig Verkehrsinfrastruktur ist. Ich sage das, weil Verkehrsinfrastruktur in der aktuellen Zeit auch über ihre Leistungsfähigkeit und Zuverlässigkeit mit darüber entscheidet, ob wir diese Krisen gut gelöst bekommen oder nicht. Deswegen ist es so fatal, in welchem Zustand wir diese Infrastruktur von der Vorgängerregierung übernehmen.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der FDP)

Es ist kein Geheimnis, dass Grüne und FDP und SPD nicht in allen Fragen der Verkehrspolitik immer sofort einer Meinung sind. Aber wir sind uns einig darin, dass wir in diesen Zeiten eine neue Ernsthaftigkeit in der Verkehrspolitik brauchen. Wir brauchen keine Symbolpolitik mehr. Wir brauchen keine Regionalpolitik mehr.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der FDP)

In diesen Zeiten kann man sich nicht mehr hinter Flugtaxis verstecken. In diesen Zeiten muss man Brücken sanieren, Schienen sanieren, Bahnhöfe sanieren. Das ist nicht so fashionable, das hat nicht so viel Glamour,

(Zuruf von der CDU/CSU: Ihre Rede auch nicht!)

aber das ist das, was diese Zeiten von uns verlangen.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der FDP)

Wir sind uns auch einig darin, dass wir Verkehrspolitik und Verkehrsinfrastruktur auch haushalterisch für alle Menschen in diesem Land abbilden müssen. Wir brauchen Verkehrsinfrastruktur nicht nur für Autofahrer/-innen, nicht nur in einem bestimmten Bundesland und nicht nur im ländlichen Raum oder nur in der Stadt, sondern wir brauchen Verkehrsinfrastruktur, die für die Menschen im Norden dieses Landes, im Westen dieses Landes, im Süden und im Osten dieses Landes funktioniert; da gibt es unterschiedliche Bedürfnisse. Wir brauchen auch Verkehrsinfrastruktur, die für Menschen im ländlichen Raum und auch in den Städten funktioniert, in den Städten, wo es Zuzug gibt und wo der ÖPNV mitwachsen muss, wenn die Einwohnerzahlen steigen. Das brauchen wir jetzt in der Verkehrspolitik.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD sowie bei Abgeordneten der FDP)

Ich möchte noch mal ganz kurz auf die Brücken eingehen. Autobahnen sind ja jetzt nicht das Leib- und Magenthema von den Grünen.

(Patrick Schnieder [CDU/CSU]: Im Verhindern schon!)

Aber wir stehen natürlich auch ganz klar dazu, dass die Autobahnbrücken saniert werden müssen, und sehen überhaupt, dass sie saniert werden müssen. Wir hätten ja eigentlich mit den ganzen Krisen, die wir jetzt zu bewältigen haben, alle Hände voll zu tun. Aber stattdessen müssen wir zusätzlich noch die Hausaufgaben machen, die in den letzten Jahren liegen gelassen wurden.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD sowie bei Abgeordneten der FDP)

Das ist auch deswegen so fatal, weil wir das jetzt in einer Situation mit Baukostensteigerungen, mit gestörten Lieferketten machen müssen. Das ist die denkbar ungünstigste Situation, um das alles noch nachholen zu müssen.

Das wird ein großer Kraftakt, vor allen Dingen aufgrund der Gleichzeitigkeit.

Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt:

Frau Piechotta, sorry. – „Kraftakt“, „Gleichzeitigkeit“: Herr Bühl, Sie haben wahrscheinlich vergessen, Ihre Maske wieder aufzusetzen. Und das, wenn hier eine Ärztin spricht! – Bitte schön.

Dr. Paula Piechotta (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):

Ich glaube, das wird ein unglaublich großer Kraftakt, gerade auch haushalterisch. Ich bin ganz bei Metin Hakverdi und wahrscheinlich auch gleich bei Frank Schäffler, wenn ich sage: Dieser Haushalt wird das Parlament nicht so verlassen, wie er reingekommen ist. – Aber ich glaube, das, was wir am Ende dieses Kraftakts erreicht haben müssen – anders als die Vorgängerregierung –, ist eine Infrastruktur, die bleibt statt bröselt, ist eine Infrastruktur, bei der die Menschen sicher sein können, dass, wenn sie von A nach B gelangen müssen, sie dabei nicht automatisch gleichzeitig den Planeten schädigen, eine Infrastruktur, die krisenfest ist und die auch funktioniert, wenn es schneit und wenn es stürmt und wenn aufgrund des Klimawandels das Wetter häufiger verrücktspielt. Das ist am Ende eine Infrastruktur, die krisenfest ist, die die Menschen zuverlässig zusammenbringt, statt sie unnötig aufzuhalten, insbesondere auch im Bereich der Digitalisierung.

Vielen Dank.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der SPD und der FDP)

Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt:

Victor Perli ist der nächste Redner für die Fraktion Die Linke.

(Beifall bei der LINKEN)