Rede von Cem Özdemir Haushalt 2022 - Ernährung und Landwirtschaft (Epl. 10)

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02.06.2022

Cem Özdemir, Bundesminister für Ernährung und Landwirtschaft:

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Der Politikwissenschaftler Peter Graf von Kielmansegg hat Demokratien mal eine „eklatante Zukunftsschwäche“ attestiert. Aber er hat auch festgestellt, dass sie die besten Chancen haben, einen fairen Ausgleich zwischen Gegenwart und Zukunft zu schaffen – wenn sie sich als lernfähig erweisen. Diese Lernfähigkeit brauchen wir gerade auch im Bereich der Agrarpolitik.

Die Liste der Herausforderungen ist lang – Sie kennen sie –: Höfesterben, Dürren und Überschwemmungen als Zeichen der Klimakrise, Artensterben, Übernutzung von Böden und Tieren und schließlich der zusätzliche Kostendruck infolge des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine.

(Stephan Brandner [AfD]: Windräder! Photovoltaikanlagen! Alles Käse!)

– Dass Sie da „Käse“ beim Angriffskrieg auf die Ukraine sagen, das passt.

(Stephan Brandner [AfD]: Nee, bei Windrädern und Photovoltaikanlagen habe ich das gesagt!)

Das bestätigt jedes Vorurteil über Sie.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der SPD und der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und des Abg. Thomas Lutze [DIE LINKE] – Zuruf von der CDU/CSU: Da haben Sie recht, Herr Minister! – Stephan Brandner [AfD]: Lesen Sie das Protokoll! Lesen Sie das Protokoll! Dann wissen Sie, was ich gemeint habe!)

Ich meine, dass man seine Unfähigkeit durch sein Schweigen vermuten lässt, verstehe ich; aber man muss es durchs Reden nicht auch noch unter Beweis stellen.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD sowie bei Abgeordneten der FDP)

Es ist offenkundig, dass wir Veränderungen brauchen, gerade weil Landwirtschaft von existenzieller Bedeutung für uns alle ist. Dabei braucht es die Bereitschaft zum Kompromiss und natürlich auch pragmatische Lösungen. Dieser Haushalt ist dafür ein gutes Beispiel. Wir verbinden Planungssicherheit in der agrosozialen Sicherung auf der einen Seite mit neuen Ideen im Ökolandbau auf der anderen Seite.

(Albert Stegemann [CDU/CSU]: Das ist aber eine steile Ansage! – Stephan Brandner [AfD]: Zwei Minuten haben Sie noch!)

Wir investieren in Forschung, in die Entwicklung und in die Digitalisierung, die übrigens unglaublich spannende Chancen eröffnet.

Ich möchte Ihnen, liebe Kolleginnen und Kollegen, an der Stelle ausdrücklich dafür danken, dass Sie die 60 Millionen Euro aus der EU-Krisenreserve um 120 Millionen Euro erhöht haben. Wir wollen diese 180 Millionen Euro zielgerichtet, schnell und vor allem unbürokratisch auf unsere Höfe bringen.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der FDP)

Wir wollen die übermäßig von steigenden Energiepreisen betroffenen Gartenbaubetriebe, den Obst- und Weinanbau sowie die Tierhaltungsbetriebe gezielt entlasten. Das gilt übrigens auch für die Fischerei, für die Sie in der Bereinigungssitzung 10 Millionen Euro ermöglicht haben – eine dringend notwendige Unterstützung. Auch dafür danke ich Ihnen.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der FDP)

Meine Damen, meine Herren, die sich zurzeit überlagernden Krisen zeigen aber auch, wie dringend und wie notwendig die Transformation unserer Landwirtschaft ist.

(Stephan Brandner [AfD]: Ganz im Gegenteil!)

Unsere Politik muss Ernährung sichern, und sie muss gleichzeitig dem Erhalt der Höfe dienen. Sie muss zugleich Klima, Böden, Arten schützen, um sie überhaupt noch nutzen zu können.

(Stephan Protschka [AfD]: Ich würde eine Homefarm machen!)

All diese Aspekte bedingen sich gegenseitig. Wir können das eine nicht ohne das andere haben.

An der Stelle dachte ich, ehrlich gesagt, beim Zuhören, liebe Kollegen – das richtet sich jetzt vor allem an Sie von der Union –, dass wir im Deutschen Bundestag eigentlich schon mal weiter waren, was den Konsens bezüglich der Analyse der Krisen angeht. Über die Wege aus der Krise können wir uns gerne streiten. Das ist normal in der Demokratie; das ist auch die Aufgabe der Opposition. Aber wenn Sie jetzt aufkündigen, dass wir uns in Deutschland bei der Analyse der Klimakrise und des Artensterbens einig sind, dann fände ich das sehr bedauerlich,

(Albert Stegemann [CDU/CSU]: Das tut doch keiner! Herr Minister, dann haben Sie nicht zugehört!)

weil das das Arbeiten in dieser Republik künftig nicht leichter machen wird.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der FDP)

Sie, ich und wir alle hier stehen gemeinsam in der Verantwortung, dass wir dem auch tatsächlich gerecht werden.

(Stephan Brandner [AfD]: Sie sind die am Pult stehende Krise, Herr Özdemir!)

Denn nur so schaffen wir einen fairen Ausgleich zwischen der Gegenwart und der Zukunft. Auch der nächste Haushalt wird dafür sicherlich ein Gradmesser sein.

Vielen Dank.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der FDP – Stephan Brandner [AfD]: Super Rede! Vier Minuten! Nur Blabla! – Frank Rinck [AfD]: Nicht ein Wort zur Sache! Nicht ein Wort!)

Vizepräsidentin Yvonne Magwas:

Der nächste Redner ist Peter Felser, AfD-Fraktion.

(Beifall bei der AfD)