Rede von Andreas Audretsch Haushalt 2022 - Wohnen, Stadtentwicklung und Bauwesen (Epl. 25)

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31.05.2022

Andreas Audretsch (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Wohnen ist ein Grundbedürfnis, und Wohnen ist auch ein Grundrecht. Wohnraum darf kein Luxusgut sein. In vielen Städten in Deutschland sehen wir leider, dass es dennoch genau so ist. Manche Menschen stehen stundenlang an für Wohnungen, immer in der Angst, keine zu bekommen; immer in der Angst, die Wohnung, die sie brauchen, nicht zu bekommen oder aus der alten Wohnung rauszufliegen. Sich für ein iPhone anzustellen oder für andere Luxusgüter, das ist in Ordnung – bei Wohnungen dürfen wir das niemals akzeptieren!

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)

Wohnen ist eine der ganz großen sozialen Fragen unserer Zeit, und von Wohnungen hängt so viel ab. Deswegen ist es richtig, dass diese Koalition ein neues Ministerium geschaffen hat, das sich diesen Herausforderungen ganz speziell widmet und dafür einen eigenen Etat zur Verfügung hat; die Ministerin hat das eingehend ausgeführt. Und es ist auch richtig, dass wir in diesem Etat einen ganz großen Teil des Geldes für den sozialen Wohnungsbau ausgeben: bis 2026 14,5 Milliarden Euro – das ist mehr als das Dreifache dessen, was ursprünglich in der Finanzplanung vorgesehen war. Das ist gut so, und das ist richtig so.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der SPD und der FDP)

Denn Wohnraum zu schaffen, ist auch eine staatliche Aufgabe. Es rächt sich jetzt – und wir sehen jetzt, wie sehr es sich rächt –, dass der Staat sich in den letzten Jahren immer mehr aus der Wohnungspolitik zurückgezogen hat. Der Schwund an Sozialwohnungen ist ein ernstzunehmendes Problem überall in Deutschland. Wir werden das mit der Politik, die wir jetzt vonseiten der Ampel machen, aufhalten und zurückdrängen.

Wir schaffen einen zweiten, einen doppelten Boden auf dem Wohnungsmarkt. Und weil wir eine echte Wohnwende wollen und weil wir sozialen Wohnungsbau auch klimagerecht machen wollen, geben wir natürlich auch Geld für das klimagerechte Wohnen und Bauen aus und verbinden so das Soziale und die Klimafrage in der Politik bei uns.

100 000 Sozialwohnungen jährlich – das ist eine Menge Holz; aber wir wissen, dass das am Ende nicht ausreichen wird. Und deswegen freue ich mich so, dass wir mit dem Haushalt 2022 endlich auch das KfW-Programm zur Förderung von Genossenschaftsanteilen starten konnten. Millionen Menschen in Deutschland schließen sich zusammen. Sie planen gemeinsam, sie schaffen Wohnraum gemeinsam. Aber sie schaffen noch viel mehr: Sie schaffen dauerhaft günstigen Wohnraum, stellen den zur Verfügung und probieren gleichzeitig ganz viele neue Wohnformen aus. Sie übernehmen Verantwortung füreinander, weit über die Kernfamilie hinaus. Und das ist an der Stelle nicht nur der Start eines weiteren KfW-Programms, sondern das ist gleichzeitig auch das Zeichen dieser Koalition, dass Genossenschaften die Eigenheime der Zukunft sind und dass wir gleichermaßen die Verantwortungsübernahme füreinander in dieser Gesellschaft fördern.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)

Das Geschaffte ist ein erster Schritt; wir wollen aber weiter. Wir wollen auch im Haushalt 2023 daran anknüpfen und noch weiterkommen. Die neue Wohngemeinnützigkeit steht im Koalitionsvertrag und muss kommen; denn sie schafft dauerhaft günstigen Wohnraum. Alle, die bereit sind, in der Gesellschaft Verantwortung zu übernehmen, sollen dann auch profitieren können.

Und genau darum geht es: Es geht nicht um Staat auf der einen Seite und Privat auf der anderen Seite oder um ein Gegeneinander dieser beiden Richtungen, sondern es geht um die Frage, wer bereit ist, in der Gesellschaft Verantwortung zu übernehmen, sich an Kriterien zu halten und soziales und ökologisches Wohnen auf den Weg zu bringen. Das ist die Maxime der Politik, und deswegen werden wir die Wohngemeinnützigkeit in den nächsten Jahren einführen.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der SPD und der FDP)

Ein Zuhause muss Sicherheit bieten, und ein Zuhause muss Geborgenheit bieten. Beides geht verloren, wenn Heizkosten explodieren und Menschen sich nicht mehr sicher sein können, ob sie das finanzieren können. Mit dem Heizkostenzuschuss haben wir deswegen hier kurzfristig für Abhilfe gesorgt: 270 Euro, die direkt bei denen ankommen, die diese Unterstützung auch tatsächlich brauchen. Das ist gut, und gleichzeitig ist klar, dass wir Lösungen auch für den nächsten Winter finden müssen.

Wir erleben, dass die Gaspreise ein zentraler Treiber der Inflation sind, dass die Gaspreise von Diktator Wladimir Putin dazu genutzt werden, um sie auch als Kriegswaffe einzusetzen und um Gesellschaften zu spalten. Mit Blick auf den nächsten Winter steht deswegen für uns im Mittelpunkt: Niemand in Deutschland darf in einer kalten Wohnung sitzen; jede und jeder hier in Deutschland hat ein Recht auf ein warmes Zuhause. Das werden wir gemeinsam erfüllen.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der FDP)

Wohnungen der Zukunft müssen mehr leisten. Wohnungen der Zukunft müssen so gebaut oder so saniert sein, dass sie für alle zugänglich sind, auch für Menschen mit Behinderungen, auch für ältere Menschen. So schwer die Situation auf dem Wohnungsmarkt für ganz viele Menschen ist, um so viel schwerer – das wissen wir – ist die Wohnungssuche zum Beispiel für Menschen, die im Rollstuhl sitzen. Der Anteil an barrierearmen oder barrierefreien Wohnungen ist immer noch viel zu klein. Deswegen haben wir hier im Bundestag in den Beratungen gesagt, dass wir das Programm „Altersgerecht Umbauen“ nicht auslaufen lassen wollen, sondern wir wollen, dass dieses Programm weitergeführt wird, und haben ganz dezidiert dafür Mittel eingestellt.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der SPD und der FDP)

Denn es geht da nicht nur um das Sanieren von Wohnungen. In einer alternden Gesellschaft und in einer Gesellschaft, in der der demografische Wandel so eine große Rolle spielt, ist die Frage, ob es finanzierbar ist, das Badezimmer umzubauen, auch eine Frage von Selbstbestimmtheit und eine Frage von Freiheit. Insofern investieren wir gerade in einer alternden Gesellschaft hier in Freiheit und Selbstbestimmung von Menschen.

Die Wohnung ist das eine – ich habe viel darüber gesprochen, wie wir an der Stelle Politik machen –, aber das Wohnumfeld ist das Zweite; auch das ist adressiert in diesem Etat. Wir wollen die ganzen Potenziale unserer Innenstädte und Ortskerne heben und haben genau dafür Geld in dem Etat hinterlegt. Wir haben in den Haushaltsberatungen hier im Bundestag wiederum Mittel bereitgestellt, um das Programm „Nationale Projekte des Städtebaus“ fortzuführen, weil es uns ein Anliegen war, genau das voranzubringen.

Wir müssen jeden Euro künftig so investieren, dass wir auf Nachhaltigkeit setzen, und uns so auch auf die Zukunft vorbereiten und für sie wappnen. Deswegen wird das Programm zur Sanierung kommunaler Einrichtungen ab jetzt auch für Vorhaben zur energetischen Sanierung genutzt. Es ist nur konsequent, dass wir das Programm künftig aus dem Klima- und Transformationsfonds finanzieren; denn wir bekämpfen damit die Klimakrise auch beim Umbau von Sportstätten oder Gebäuden in der Jugend- und Kulturarbeit.

Wir haben die Beratungen genutzt, um den Entwurf der Bundesregierung hier im Bundestag besser zu machen, und wir bereiten uns damit auch auf die nächsten Jahre vor. Wir werden daran anknüpfen, gemeinsam die Bauwende herbeiführen und das Ganze dann auch sozial und ökologisch nachhaltig gestalten.

Ich danke Ihnen.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der SPD und der FDP)

Vizepräsidentin Petra Pau:

Für die Fraktion Die Linke hat nun die Kollegin Caren Lay das Wort.

(Beifall bei der LINKEN)