Rede von Jürgen Trittin Haushalt 2023: Auswärtiges Amt, Epl. 05

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07.09.2022

Jürgen Trittin (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich glaube, wir müssen uns klarmachen, dass die Grenzen zwischen Innen- und Außenpolitik zunehmend verschwimmen. Man kann diese in vielen Fragen kaum noch trennen. Das bedeutet auch für tradierte Außenpolitik teilweise neue Erfahrungen und erfordert neue Lösungen.

Wenn man dann noch hinzunimmt, dass wir uns ja nicht nur mit einer Krise auseinandersetzen, sondern mit drei globalen Großkrisen parallel, die sich auch noch in ihren Wirkungen gegenseitig verstärken –

(Dr. Johann David Wadephul [CDU/CSU]: Ja!)

Corona, Klimakrise und der Bruch der europäischen Sicherheitsordnung durch Putin –,

(Victor Perli [DIE LINKE]: Und Ungerechtigkeit!)

dann kann man das an dieser Stelle einfach durchbuchstabieren:

Die Coronapolitik in China führt dazu, dass die Globalisierung, wie sie bisher gewesen ist, nicht mehr funktioniert. Wir brauchen darauf andere Antworten in der Handelspolitik.

Und wir stellen alle gemeinsam fest – die Außenministerin hat es beschrieben –, dass die Frage, ob es Putin gelingt, durchzukommen, nicht allein davon abhängt, dass wir die Ukraine zügig und ordentlich mit Waffen ausstatten, sondern die Durchhaltefähigkeit in diesem globalen Konflikt wird auch davon abhängen, wie wir in Deutschland, aber auch global für Gerechtigkeit und für eine gerechte Verteilung der Lasten sorgen. So passen plötzlich Innen- und Außenpolitik zusammen.

(Beifall des Abg. Frank Schwabe [SPD])

Das Gleiche gilt für die Klimakrise. Die Klimakrise hat nicht nur die Regierung in Sri Lanka sozusagen aus dem Amt gefegt; sie macht uns auch durch die Pegelstände an der Rhône und anderswo gerade vor, dass Atomkraft ein ganz dummes Rezept ist, um Versorgungssicherheit herzustellen.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD sowie des Abg. Michael Georg Link [Heilbronn] [FDP])

Auf diese Herausforderungen muss die neue Nationale Sicherheitsstrategie eine Antwort geben. Wir haben uns da auch eine Grundlage in der Koalitionsvereinbarung gegeben, weil wir gesagt haben: Wir gehen von einem erweiterten Sicherheitsbegriff aus. – Das heißt, wenn wir über hybride Kriegsführung sprechen, dann müssen wir zum Beispiel auch darüber sprechen, wie man Cyberattacken hier bekämpft; das wird das Innenministerium nicht alleine machen können. In dieser Koalitionsvereinbarung haben wir festgelegt, dass das mit ordentlichen Mitteln unterlegt wird.

Wenn ich die von Ihnen genannte Eins-zu-eins-Regelung zugrunde lege, dann stelle ich fest, dass in diesem Haushalt das Defizit zur Eins-zu-eins-Regelung gegenüber dem letzten Haushalt nicht kleiner, sondern größer geworden ist; sie beträgt 5,5 Milliarden Euro. Allein im Auswärtigen Amt ist für die humanitäre Hilfe eine halbe Milliarde Euro weniger vorgesehen. Glaubt denn jemand, dass wir damit auskommen werden? Nein!

(Dr. Johann David Wadephul [CDU/CSU]: Das Kabinett!)

– Nicht mal die Regierung glaubt das; die hat nämlich gerade beschlossen, 2022 aus Haushaltsresten genau diese halbe Milliarde wieder einzusetzen.

(Beifall des Abg. Otto Fricke [FDP] – Otto Fricke [FDP]: Wenigstens einer sagt es!)

Deswegen sage ich: Wir werden hier eine sehr anregende Debatte in den Fachausschüssen und im Haushaltsausschuss zu diesem Einzelplan haben.

Ich will bei der Gelegenheit an meinen Freund und Kollegen Peter Struck erinnern. Er war nicht nur einer der besten Verteidigungsminister,

(Dr. Ralf Stegner [SPD]: Ja!)

die dieses Land je hatte, er hat auch das Struck’sche Gesetz erfunden,

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

wonach kein Gesetz so aus dem Bundestag hinausgeht, wie es hereingegangen ist. Das wird auch für diesen Haushaltsentwurf des Einzelplans 05 gelten.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD sowie bei Abgeordneten der FDP)

Vizepräsidentin Petra Pau:

Für die CDU/CSU-Fraktion hat nun der Kollege Thomas Erndl das Wort.

(Beifall bei der CDU/CSU)