Rede von Philip Krämer Haushalt 2023: Verteidigung, Epl. 14

Philip Krämer MdB
07.09.2022

Philip Krämer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):

Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Der russische Angriffskrieg gegen die Ukraine ist nach wie vor das dominierende Thema. Die tapfere Gegenoffensive der Ukraine beschäftigt uns gegenwärtig alle. Hierfür wünschen wir den ukrainischen Soldatinnen und Soldaten viel Erfolg, gerne auch mit weiteren militärischen Gütern aus Deutschland.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der FDP)

Darüber hinaus brachten die letzten Wochen viele sicherheitspolitische Entwicklungen, auf die ich im Rahmen der heutigen Beratungen über den Einzelplan 14 gerne eingehen möchte.

Die Beteiligung der Luftwaffe an der multinationalen Großübung Pitch Black 2022 im Indopazifik zeigt einerseits die hervorragende Einbindung der bundesrepublikanischen Luftstreitkräfte in alliierte und Bündnisstrukturen, andererseits aber auch die Herausforderungen solcher komplexen Aufgabenstellungen. Mit der direkten Luftverlegung von sechs Eurofightern, inklusive deutscher Luftbetankung nach Australien, haben die Soldatinnen und Soldaten eine beeindruckende Leistung vollbracht. Dass aber eine Maschine auf dem Weg wegen hydraulischer Schwierigkeiten bei einem Zwischenstopp zunächst am Boden bleiben musste, zeigt die technischen Herausforderungen, die sich aus der größten Luftwaffenoperation seit Gründung der Teilstreitkraft und der Verwendung von modernen Waffensystemen ergeben.

Wir danken der Luftwaffe für ihren Einsatz, für die Signale des Zusammenhalts, die sie den Partnerländern im Pazifikraum dadurch sendet, und für ihren Beitrag, in dieser Übung auch solche Alliierte zusammenzuführen, die traditionell divergierende außenpolitische Interessen und Lesarten haben.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der FDP)

„Komplexität“ ist auch das Schlüsselwort zu den aktuellen Sicherheitsherausforderungen hier in Europa. Wir begrüßen ausdrücklich den in Prag geäußerten Ansatz des Bundeskanzlers eines gemeinsamen, europäisch integrierten Luftverteidigungskonzeptes. Die Luftabwehr ist seit der Reduzierung der Patriot-Kapazitäten und dem Ausphasen von Roland sowie des Flakpanzers Gepard eine Fähigkeitslücke deutscher Verteidigungskapazitäten. Um diese zu schließen, braucht es Synergien mit europäischen und weiteren NATO-Partnern.

Die im Haushalt und im Sondervermögen veranschlagten Investitionen in Luftverteidigungssysteme zeugen von unserer Bereitschaft, gerade die oberen Schichten der gestaffelten Luftverteidigung zu schützen. Hierzu sollte das System Patriot modernisiert werden, mit dem aktuell Soldatinnen und Soldaten der Bundeswehr in der Slowakei stationiert sind, um nach der Abgabe der slowakischen Flugabwehrsysteme an die Ukraine die dortige Luftverteidigung aufrechterhalten zu können. Ihnen, wie auch den Kameradinnen und Kameraden, die gemeinsam mit unseren Partnern Air Policing an der Ostflanke betreiben, als auch den Teilen der Panzergrenadierbrigade 41, die nun den neuen deutschen Anteil an der EFP Litauen abbilden, möchten wir aufrichtig danken und ihnen viel Soldatenglück wünschen.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der SPD und der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Durch die in Deutschland produzierten Flugabwehrsysteme, die an die Ukraine geliefert werden, kann nicht nur die Verteidigungsfähigkeit der Ukraine signifikant erhöht werden, um zivile und militärische Infrastruktur vor russischen Angriffen zu schützen. Für die Luftwaffe könnten die gelieferten Systeme die Luftverteidigungsebene unterhalb der Patriot-Systeme abdecken und eine kosteneffiziente Bekämpfung auch kleinwertigerer Ziele ermöglichen. Weiter wird perspektivisch ein Schutz gegen ballistische Mittelstreckenraketen benötigt, der auch unsere europäischen Nachbarn mit einschließen könnte. Ein europäischer Flickenteppich aus diversen, aber nicht integrierten Fähigkeiten ist dabei aus Effizienz- und Kostengründen unbedingt zu vermeiden.

Gleichzeitig bleibt der Schutz unserer Soldatinnen und Soldaten im Nah- und Nächstbereich ein großes Problemfeld. Gerade um die Bedrohung im Einsatz durch neue und kleine Systeme – wie mit Sprengkörpern bestückte handelsübliche Drohnen – abzudecken, wie man sie im Übrigen gerade in der Ukraine oftmals sieht, müssen wir dringend eine Lösung finden. Bis diese gefunden ist, gilt es, diese Fähigkeitslücke durch Kooperation mit alliierten Streitkräften sowie durch internationale Zusammenarbeit im Bündnis und in der EU zu schließen.

Ein weiteres Sicherheitsrisiko, das gerne übersehen wird, für unsere Sicherheit jedoch elementar ist, liegt im Weltraum. Auch wenn hier, wie generell in der internationalen Sicherheitspolitik, Zusammenarbeit der präferierte Ansatz ist, zeigen Russland und auch China durch Provokationen und offene Agitation, dass hier aktuell keine vertrauensvolle Kooperation möglich ist. Daher ist eine lückenlose Überwachung von potenziell bedrohlichen Bewegungen von Flugkörpern eine wichtige Kernkompetenz des Weltraumkommandos der Bundeswehr, die wir mit diesem Haushalt im Rahmen der Zeitenwende auf den Weg bringen wollen.

Meine Damen und Herren, lassen Sie uns gemeinsam eine neue europäische Sicherheitsarchitektur entwickeln, um unsere Demokratie und kollektive Sicherheit und Freiheit zu schützen.

Herzlichen Dank.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der SPD und der FDP)

Vizepräsidentin Yvonne Magwas:

Für die AfD-Fraktion hat das Wort Dr. Michael Espendiller.

(Beifall bei der AfD)