Rede von Dr. Franziska Brantner Haushalt - Einzelplan Auswärtiges Amt

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27.11.2019

Dr. Franziska Brantner (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Wenn wir über den deutschen Haushalt reden, reden wir auch über den deutschen Beitrag zum europäischen Haushalt. Vielleicht zur Einordnung: Der gesamte europäische Haushalt ist 2020 doppelt so groß wie der Haushalt von Nordrhein-Westfalen. Zur Einordnung des deutschen Beitrags: Wenn man alles abrechnet, was an Deutschland zurückfließt, also zum Beispiel Landwirtschaftsgelder und Strukturfondsgelder, stellt man fest: Der deutsche Beitrag liegt gemessen am Bruttoinlandsprodukt bei 0,4 Prozent. Das ist schon aufgerundet. Von diesen 0,4 Prozent wird alles finanziert: Erasmus, Forschung, Agrargelder, Strukturfonds. Es ist interessant, dies hinsichtlich der Debatten, die wir später führen werden, einmal ins Verhältnis zu setzen. Beim Verteidigungsetat zum Beispiel gilt das Ziel von 2 Prozent für Verteidigungsausgaben als gesetzt.

(Dr. Johann David Wadephul [CDU/CSU]: Ziel!)

Im Vergleich dazu: 0,4 Prozent für alles, was wir bei der Europäischen Union leisten.

Jetzt gerade finden die Verhandlungen für den neuen mehrjährigen Finanzrahmen 2021 bis 2027 statt. Wir haben sehr große Herausforderungen vor uns. Wir wollen, dass 2027 die Schulen freitags wieder voll sind, weil wir die Klimakrise erfolgreich angehen. Wir wollen 5G-Netze, die nicht chinesisch kontrolliert sind. Wir wollen auf keinen Fall Spielball zwischen den Großmächten Russland, China und den USA sein oder werden. Da hat Herr Macron sicherlich nicht die richtige Vokabel benutzt. Aber, Herr Maas, einfach eine Arbeitsgruppe zu gründen, täuscht doch nicht darüber hinweg, dass die NATO in einer existenziellen Krise ist. Das ist der aktuelle Zustand der NATO.

Wir sollten hier ernsthaft darüber debattieren, was es für Europa und was es für den europäischen Haushalt bedeutet, wenn wir diese Herausforderung ernst nehmen. 0,4 Prozent sind nämlich nicht ausreichend, wenn wir europäische Souveränität wirklich gestalten wollen im Rahmen der NATO, wie wir es bisher getan haben.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Dieses Ziel, diese neuen Aufgaben zu bewältigen, kann man auf unterschiedlichen Wegen erreichen. Man kann bei den aktuellen Ausgaben kürzen; das wäre der erste Weg. Man kann zweitens neue Eigenmittel einführen. Man kann drittens die nationalen Beiträge erhöhen. Zu allen drei Wegen sagen Sie Nein.

Zu den Kürzungen: Ich habe gestern niemanden von der CDU/CSU-Fraktion bei den Treckern gesehen, der gesagt hat, dass wir jetzt die europäischen Agrargelder kürzen. Dies hat übrigens niemand aus diesem Haus gesagt. Das heißt, die Kürzungen werden nicht kommen. Wir würden die Gelder gerne umschichten, damit die Landwirte auf dem Weg zu einer nachhaltigeren Landwirtschaft begleitet werden.

Der zweite Weg: neue Eigenmittel. Eine Plastiksteuer wurde von der Europäischen Kommission vorgeschlagen. Digitalsteuer, Finanztransaktionsteuer – diese Bundesregierung sagt generell: Nein, keine Eigenmittel. – Auch dieser Weg ist verschlossen.

Bei dem dritten Weg – wie erhöhen wir den europäischen Haushalt an sich? – sagt diese Bundesregierung: 1 Prozent vom europäischen Bruttonationaleinkommen. Das bedeutet eine De-facto-Kürzung des europäischen Haushaltes, wenn der Brexit kommt. Alle Experten haben gesagt: Wenn wir den Haushalt nach dem Brexit halten wollen, brauchen wir 1,16 Prozent. Das heißt, diese Bundesregierung geht mit einer Kürzung in die nächsten sieben, zehn Jahre, in denen so viel von uns abhängt. Das nenne ich Zukunftsverweigerung, Herr Maas.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich möchte wirklich an Sie appellieren: Gehen Sie von der Bremse! Nehmen Sie diese Herausforderungen an, vor denen Deutschland und Europa stehen! Das ist doch die Zukunftsaufgabe. Das wird vom gesamten Haus unterstützt. Ich weiß nicht, woran es Ihnen mangelt: Mut, Weitsicht, was auch immer. Gehen Sie von der Bremse. Tun Sie diesem Land einen Gefallen.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich möchte ganz zum Schluss einen Dank an dieses Haus aussprechen: Fraktionsübergreifend haben Sie bei einem wichtigen Thema die falschen Entscheidungen der Minister wieder rückgängig gemacht. Sie haben zum Beispiel die Mittel für das Deutsch-Französische Jugendwerk wieder erhöht. Es war absolut notwendig, diese nicht zu kürzen, wenn Merkel und Macron sagen: Wir wollen das stärken. – Außerdem ging es um die Brücken zwischen Deutschland und Frankreich im Eisenbahnverkehr und darum, Mobilitätsstudien zu ermöglichen. Das kam alles aus diesem Haus. Danke, dass Sie das ermöglicht haben.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Vizepräsidentin Petra Pau:

Das Wort hat Dr. Katja Leikert für die CDU/CSU-Fraktion.

(Beifall bei der CDU/CSU)