Rede von Markus Tressel Haushalt - Einzelplan Ernährung und Landwirtschaft

Zur Darstellung dieses Videos speichert Youtube Daten in einem Cookie und verarbeitet auch Nutzungsdaten außerhalb der EU. Weitere Infos finden Sie in unserer Datenschutzerklärung.

26.11.2019

Markus Tressel (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Frau Ministerin, drei Sätze zum ländlichen Raum mit einem, sagen wir einmal, niedrigen Verbindlichkeitsgrad: Das zeigt auch den Stellenwert, den der ländliche Raum bei Ihnen hat. Der Kollege Haase hat gesagt, es gehe für den ländlichen Raum energisch voran. Wenn das der Gradmesser ist, dann ist das auch ein bisschen symptomatisch für Ihre Politik.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Sie haben es in diesem Haushalt wieder einmal versäumt, neue Strukturen aufzubauen, die sicherstellen, dass die Mittel auch dort ankommen, wo sie wirklich gebraucht werden. In der GAK, dem Hauptförderinstrument mit nach wie vor ganz klarer agrarischer Ausrichtung, wird die Entwicklung der ländlichen Räume weiterhin marginalisiert. Weder eine echte Öffnung der GAK – die Kollegin hat es vorhin angesprochen – hat stattgefunden, noch sind die Mittel überjährig verwendbar. Sie schieben in diesem Jahr lediglich die Mittel, die vorher in der GAK explizit für ländliche Räume veranschlagt waren, in den Sonderrahmenplan „Ländliche Entwicklung“ und setzen noch 10 Millionen Euro obendrauf. Aber – das, liebe Kolleginnen und Kollegen, ist das Problem – das Fördersystem bleibt in seinen komplexen und höchst bürokratischen Strukturen gefangen. Der Mittelabruf ist weiterhin in vielen Regionen entsprechend schlecht.

Der Förderrahmen der GAK bleibt weitgehend unverändert. Wenn man sich die punktuellen Änderungen wie den erhöhten Fördersatz für strukturschwache und ländliche Regionen oder die Regionalbudgets genauer anschaut, dann stellt man fest, dass das Ganze einmal wieder mehr Schein als Sein ist. Über das Regionalbudget, liebe Kolleginnen und Kollegen, können Kleinstprojekte mit maximal 20 000 Euro gefördert werden. Das ist ein guter Anfang. Aber angesichts der riesigen Herausforderungen können Sie damit vor Ort nicht wirklich viel anfangen.

Nur mit einem stabilen Regionalmanagement und finanziellen Spielräumen kann es gelingen, die Förderpolitik zeitgemäß aufzustellen. Wir haben gesagt: Wir brauchen eine neue Gemeinschaftsaufgabe „Regionale Daseinsvorsorge“, die gezielt strukturschwache ländliche und auch städtische Regionen fördert. Das bisherige Förderkonstrukt passt einfach nicht zu denHerausforderungen der Zeit. Da braucht es einen Aufbruch. Da hätte es ein Signal von Ihnen in diesem Haushalt gebraucht, dass man verstanden hat, wie man an die Wurzel der Probleme herangehen will.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

In diesem Haushalt fehlt es an neuen Inhalten. Gleichzeitig werden für den ländlichen Raum an anderer Stelle bewährte Inhalte gestrichen. Frau Ministerin, Sie haben gerade über das Thema Ehrenamt gesprochen. Wenn wir jetzt sehen, dass Teile des Programms „Demokratie leben!“ gestrichen werden und kein neuer Impuls aus dem Haus kommt, das für die ländlichen Räume zuständig ist, dann brauchen Sie sich nicht hier hinzustellen und über das Ehrenamt zu reden. Die Streichung dieser Mittel für „Demokratie leben!“ ist ein fatales Signal an die Aktiven in den Regionen. Deswegen hätte ich mir da von Ihnen mehr Aktion gewünscht.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Die Entwicklungen, die ich dargestellt habe, konterkarieren auch die Bestrebungen der Kommission „Gleichwertige Lebensverhältnisse“. Der vorliegende Haushalt wird doch den Ansprüchen, die dort formuliert werden, nicht gerecht. Die Kommission sagt: Das ist ein Dekadenprojekt. – Ja, Sie haben den Diskurs aufgegriffen. Aber mehr Reden hilft wenig, wenn Sie nicht auch bald Taten folgen lassen. Der große Wurf ist Ihnen da nicht gelungen. Nicht einmal der Einstieg ist Ihnen in diesem Haushalt gelungen, liebe Kolleginnen und Kollegen.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Man kann selbst mit dem besten Willen nicht erkennen, wie der konzeptionelle Ansatz für die ländlichen Räume wirklich aussieht. Sie machen überall ein bisschen, Sie machen auch an einigen Stellen ein bisschen mehr. Aber wir brauchen nicht ein bisschen, sondern wir brauchen nicht weniger als eine neue Förderpolitik für strukturschwache und ländliche Räume. Fehlanzeige in diesem Bundeshaushalt, liebe Kolleginnen und Kollegen!

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Sorgen Sie dafür, dass das Land nicht weiter auseinanderdriftet. Schauen Sie zu, dass sich Zukunftsperspektiven für diese Räume endlich auch im Bundeshaushalt wiederfinden: gut anwendbar und gut abrufbar. Es nutzt uns nichts, wenn das Geld in irgendwelchen Töpfen ist, und diejenigen, die es brauchen, können es nicht abrufen, weil es bürokratisch völlig überfrachtet ist.

Die Menschen vor Ort, die etwas bewegen und zeigen, wie es gehen kann, brauchen verlässliche Unterstützungsstrukturen, nicht nur als Modellprojekt; das sage ich an dieser Stelle ausdrücklich. Es gibt nur noch Modellprojekte, Modellvorhaben. Wir brauchen verlässlich planbare Größen in diesem Bundeshaushalt. Ich kann Sie nur auffordern: Machen Sie es endlich, und reden Sie nicht immer nur davon!

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Vizepräsidentin Claudia Roth:

Vielen Dank, Markus Tressel. – Nächster Redner: für die CDU/CSU-Fraktion Alois Gerig.

(Beifall bei der CDU/CSU)