Rede von Daniela Wagner Haushalt - Einzelplan Verkehr und digitale Infrastruktur

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26.11.2019

Daniela Wagner (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):

Herr Präsident! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Die Verkehrspolitik des Andreas Scheuer und der Bundesregierung wird von ganz alten Grundsätzen geleitet, und das in einer Zeit, in der ein Aufbruch sofort angegangen werden müsste. Der Haushalt strotzt vor liebgewonnenen Privilegien und Subventionen. Der Löwenanteil des Verkehrshaushalts fließt wie gewohnt in die Straße, und der Diesel wird wie immer mit Milliarden subventioniert. Eine grundsätzliche Neubewertung, Herr Minister, und ein entschiedenes Umsteuern in Richtung Verkehrswende sehen wahrlich anders aus.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie des Abg. Jörg Cezanne [DIE LINKE])

Das Gleiche gilt für die viel zu ängstlichen fiskalischen Maßnahmen im Klimapaket. Die Erhöhung der Luftverkehrsteuer wird in diesen Tagen in der öffentlichen Debatte als Highlight des Klimapakets gehandelt. Das allein sagt schon viel über den Rest des Klimapakets aus.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Da möchte ich einiges zurechtrücken:

Der Luftverkehr lebt bis heute von Privilegien, die aus der ersten Hälfte des letzten Jahrhunderts stammen, und dort gehören sie auch hin.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie des Abg. Jörg Cezanne [DIE LINKE])

Ein erheblicher Teil der umweltschädlichen Subventionen in unserem Bundeshaushalt entfällt nach wie vor auf den Luftverkehr. Das kann man nicht oft genug sagen. Das Umweltbundesamt hat gerade die neuesten Zahlen veröffentlicht. Die Kerosinsteuer auf alle Flüge würde bedeuten: 8 Milliarden Euro zusätzliche Steuereinnahmen für die Verkehrswende. Mehrwertsteuer auf alle internationale Flüge würde bedeuten: Noch einmal 4 Milliarden Euro Steuereinnahmen zusätzlich. Das macht insgesamt 12 Milliarden Euro im Jahr, auf die Sie verzichten, und das, obwohl Fliegen die klimaschädlichste Art ist, sich fortzubewegen. Der Luftverkehr ist zusammen mit der internationalen Seeschifffahrt am weitesten vom Weg zur Klimaneutralität entfernt. Inzwischen haben viele Menschen verstanden, dass Klimaschutz so nicht funktioniert.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie des Abg. Jörg Cezanne [DIE LINKE])

Der Druck ist mittlerweile groß geworden, sodass Sie Ihre schützende Hand nicht mehr ganz so intensiv über den Luftverkehr legen; sie haben sie ein bisschen weggezogen. Aber ich sage es, wie es ist: Die umweltschädlichen Subventionen von mehr als 12 Milliarden Euro stehen einer Luftverkehrsteuer gegenüber, die gerade mal 1,75 Milliarden Euro bringt, statt früher 1 Milliarde Euro. Das ist längst nicht ausreichend.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN)

Der Luftverkehr muss endlich die Steuern zahlen, die alle anderen Verkehrsteilnehmer auch zu entrichten haben. Kostenwahrheit muss dringend auch beim Fliegen herrschen.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Hören Sie endlich auf, Herr Minister, immer auf andere Staaten zu zeigen, die noch weniger tun als Sie selbst. Wenn Sie es ernst meinen, dann gehen Sie die ersten möglichen Schritte, und versuchen Sie, die anderen Länder mitzuziehen, anknüpfend an die Länder, die heute schon bereit sind, mehr zu tun.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Sören Bartol [SPD]: So wie ihr in der hessischen Landesregierung? Mann, Mann, Mann!)

Aber es ist das Gegenteil passiert. Im Haushaltsausschuss haben Sie beschlossen, dass es weitere indirekte Finanzspritzen für die chronisch defizitären Regionalflughäfen über das Vehikel DFS gibt, erst 20 Millionen Euro, dann 50 Millionen Euro. Das fördert die Billigfliegerei, von der Sie alle behaupten, Sie wollten das endlich abstellen.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ja, diese Subventionen braucht kein Mensch. Die EU wollte den Unsinn längst beenden. Sie unterlaufen das jetzt ganz geschickt, indem Sie die Flugsicherung als Vehikel benutzen. Anstatt auf Umwegen die hochdefizitären Regionalflughäfen in diesem Land künstlich am Leben zu halten, wäre es besser, Sie würden den Teil der Mehreinnahmen aus der Luftverkehrsteuer für die Förderung von Antriebsalternativen wie Power-to-Liquid-Treibstoffen verwenden.

(Beifall bei der FDP – Sören Bartol [SPD]: Ja, macht ihr das in Hessen denn auch?)

Eine Verkehrs- und Antriebswende ist in diesem Einzelplan nicht im Entferntesten zu erkennen.

Noch etwas, Herr Minister: Über Ihre wunderbare Hochmoselbrücke, auf der Sie ein schönes Bürgerfest gefeiert haben, kann man nicht mal mit dem Fahrrad auf die andere Moselseite fahren. Das ist doch absurd. So was ist doch völlig aus der Zeit gefallen.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Gustav Herzog [SPD]: Man kann auch mit dem Fahrrad an der Mosel fahren! Man muss nicht über die Brücke!)

Lassen Sie mich noch eine letzte Bemerkung machen. Ihr Umgang mit der Wahrheit ist irgendwie auch ein bisschen defizitär. Inzwischen wurde beim Ausschusssekretariat angerufen; unsere Leute haben sich im Haushaltsausschuss enthalten. Hören Sie bitte auf, hier permanent, wieder und wieder, die Unwahrheit zu sagen.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Vizepräsident Thomas Oppermann:

Vielen Dank. – Nächster Redner ist für die Fraktion der CDU/CSU der Kollege Reinhold Sendker.

(Beifall bei der CDU/CSU)