Rede von Dr. Julia Verlinden Haushalt - Einzelplan Wirtschaft und Energie

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26.11.2019

Dr. Julia Verlinden (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Letzte Sitzungswoche hat die GroKo ihr Klimaschutzgesetz verabschiedet, und Sie haben uns versprochen, dass Sie damit sicherstellen, die Ziele einzuhalten. Jetzt zeigt sich, wie wenig ernst Sie es damit eigentlich meinen. Um überhaupt auch nur den Hauch einer Chance zu haben, die Klimaziele im Jahr 2030 zu schaffen, kommt es auf den Gebäudesektor an; das wissen wir alle. Und um dort die langen Investitionszyklen rechtzeitig in Richtung Klimaschutz zu orientieren, müssen jetzt die richtigen Weichen gestellt werden.

Ein Steuerbonus für Gebäudesanierung ist ja grundsätzlich ein gutes Instrument.

(Andreas Mattfeldt [CDU/CSU]: Hört! Hört!)

Aber warum sorgen Sie dann nicht dafür, dass wirklich jeder Euro steuerliche Förderung auch konsequent in Klimaschutz und echte Zukunftstechnologien fließt? Die Bundesregierung lässt mit ihrem Vorschlag für den Steuerbonus die bewährte Qualitätssicherung durch zertifizierte Energieberaterinnen unter den Tisch fallen. Diese ist nicht nur entscheidend für die Klimawirksamkeit der Maßnahmen; sie schützt auch die Verbraucher. Denn nur mit dieser Qualitätssicherung ist sichergestellt, dass Hausbesitzerinnen auch das bekommen, wofür sie bezahlt haben.

(Zuruf von der CDU/CSU: Nur die Besitzerinnen!)

Die Bundesregierung sagt, das sei ihr völlig egal; sie achte nicht darauf, ob eine energetische Maßnahme auch wirklich zum Gebäude passt. Gefördert wird trotzdem.

Auch beim Umstieg auf erneuerbare Wärme bleiben Sie auf halber Strecke stehen. Sie wollen weiter Gasheizungen fördern, sofern sie „Renewable Ready“ sind, das heißt, dass innerhalb von zwei Jahren ein Anteil erneuerbarer Energien nachgerüstet werden soll. Das wiederum haben dann die Steuerbehörden zu überprüfen. Jetzt mal im Ernst: Es ist richtig und wichtig, erneuerbare Energien im Wärmesektor zu fördern; denn sie sind zukunftsfähig. Aber eine fossile Technik, die seit zig Jahren dieselbe ist, braucht doch nun wirklich keine Subventionen mehr.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Nur mit grüner Wärme erreichen wir einen klimaneutralen Gebäudebestand. Aber Sie fördern – auch über die KfW – weiter munter Klimakiller mit Steuergeldern.

(Andreas Mattfeldt [CDU/CSU]: Klimakiller!)

Machen Sie endlich Schluss mit dieser desaströsen Haushaltspolitik, und beenden Sie endlich alle Subventionen für Kohle, Öl und Erdgas!

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Andreas Mattfeldt [CDU/CSU]: Müssen Sie nur noch sagen: Jetzt kommt die Apokalypse!)

Kurzfristig den größten Beitrag für den Klimaschutz kann und sollte der Stromsektor bringen. Auch dazu müsste die Bundesregierung endlich mal Kohlekraftwerke abschalten.

(Zurufe des Abg. Bernhard Loos [CDU/CSU])

Seit einem Dreivierteljahr liegen jetzt die Vorschläge der Kohlekommission auf dem Tisch; aber wann das erste Kraftwerk vom Netz geht, steht in den Sternen. Was Wirtschaftsminister Altmaier der Bevölkerung nun präsentiert, das übersteigt echt alles.

Erstens. Sie machen den Kohlekonzernen nur ein freundliches Angebot, ihre Kraftwerke in die Ausschreibung für Stilllegungsprämien zu schicken. Und falls das nicht klappt, falls zu wenig Angebote gemacht werden, was passiert dann? Nichts! Jegliches Ordnungsrecht fehlt. So wollen Sie den Kohleausstieg bis weit in die nächste Wahlperiode verschieben. Das ist einfach nur verantwortungslos.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Zweitens. Und wenn dann doch mal ein Kohlekraftwerk vom Netz gehen sollte, dann bringt das nicht mal notwendigerweise etwas für den Klimaschutz. Denn Sie stellen überhaupt nicht sicher, dass die CO-Zertifikate für stillgelegte Kraftwerke aus dem Emissionshandel herausgenommen werden. Damit kann dann dieselbe Menge CO munter an anderer Stelle in die Luft geblasen werden. Eine echte Luftnummer, Ihr Gesetz!

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Drittens. Da Sie weiter mit beiden Beinen fest in der fossilen Vergangenheit stehen, planen Sie auch noch üppige Prämien und Förderungen für neue Erdgaskraftwerke.

Nicht nur, dass Sie den Kohleausstieg verschleppen, nicht nur, dass er für die Treibhausgasminderung womöglich unwirksam sein wird, Sie treten gleichzeitig den erneuerbaren Energien die Beine weg mit Ihrer 1-Kilometer-Sperrzone für Windenergie. Das, was Sie planen, ist kein Kohleausstiegsgesetz, das ist ein Windenergieausstiegsgesetz. Nur um einige Anti-Energiewende-Abgeordnete in der Unionsfraktion ruhigzustellen, liefern Sie eine Zukunftsbranche mit 135 000 Arbeitsplätzen ans Messer, Herr Altmaier.

(Manfred Grund [CDU/CSU]: Wie macht er denn das? – Bernhard Loos [CDU/CSU]: Das ist doch ein Schmarrn! Also, irgendwann wird es zu viel, so viel Müll auf einmal zu hören! Irgendwann reicht es!)

Anstatt den Standort für Zukunftstechnologien in Deutschland zu riskieren, klären Sie in Ihrer CDU doch lieber mal ganz konkret die Position zum Ziel von 65 Prozent Erneuerbaren; denn was gewisse Kollegen – Herr Pfeiffer, Herr Koeppen usw. – hier veranstalten, ist ein fataler industriepolitischer Fehler.

(Bernhard Loos [CDU/CSU]: Also, irgendwann reicht es nun wirklich!)

Sie haben es ja inzwischen sogar schwarz auf weiß vom BDI, vom BDEW, vom VKU und vom VDMA: Diese Abstandsregelungen bringen nichts für die Energiewende.

(Manfred Grund [CDU/CSU]: Aber für die Menschen! Für die Leute, die dort wohnen! Die sind euch nur im Wege! Die müssen weg, wenn es nach euch geht!)

Sie sind ein Fetisch für einen kleinen Teil der Union. Sofern Ihnen, Herr Altmaier, und Ihnen bei der SPD noch irgendetwas an Ihrem eigenen Ziel liegt, -

Vizepräsidentin Petra Pau:

Kollegin Verlinden, achten Sie bitte auf die Zeit.

Dr. Julia Verlinden (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):

– die Kapazitäten der Erneuerbaren zu erhöhen statt zu senken, dann gehören diese pauschalen Windverbotszonen komplett aus dem Gesetz gestrichen.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Manfred Grund [CDU/CSU]: 5,2 Prozent in Thüringen!)

Vizepräsidentin Petra Pau:

Das Wort hat der Kollege Andreas Lämmel für die CDU/CSU-Fraktion.

(Beifall bei der CDU/CSU – Andreas Mattfeldt [CDU/CSU]: Sachsenpower!)