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17.03.2022

Katrin Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):

Liebe Kolleginnen! Liebe Kollegen! Frau Präsidentin! Lieber Herr Krings, Sie zweifeln daran, dass wir als Parlament selbstbewusst genug sind, in einer so wichtigen Frage gemeinsam eine Entscheidung zu treffen.

(Dr. Günter Krings [CDU/CSU]: Entscheiden ja!)

Das verstehe ich nicht.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)

Im Übrigen – darauf will ich gern hinweisen –: Wir haben jetzt seit zwei Jahren Pandemie, aber nicht die gesamten zwei Jahre hat die Ampelkoalition hier miteinander regiert.

(Tino Sorge [CDU/CSU]: Zum Glück nicht!)

Am Anfang der Pandemie haben wir als Bündnis 90/Die Grünen und auch andere Fraktionen immer wieder gesagt: Ja, wir machen das hier im Parlament gemeinsam. Wir stützen einen Kurs, den wir gemeinsam entwickelt haben, unabhängig davon, welcher Fraktion oder welcher Partei wir angehören. – In dieser Frage ist und bleibt es zentral, dass wir hier als Parlament gemeinsam in einem vernünftigen Kompromiss eine gute Lösung finden. Das sage ich, bevor ich begründe, warum ich für die Impfpflicht ab 18 bin.

(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der SPD und der Abg. Katrin Helling-Plahr [FDP] und Matthias W. Birkwald [DIE LINKE])

Vizepräsidentin Petra Pau:

Kollegin Göring-Eckardt, gestatten Sie eine Frage oder Bemerkung des Kollegen Krings?

Katrin Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):

Es soll sein.

(Tino Sorge [CDU/CSU]: So sei es! Meister Yoda!)

Dr. Günter Krings (CDU/CSU):

Vielen Dank, Frau Kollegin. – Da Sie mich angesprochen haben, wollte ich darauf gerne mit einer Frage reagieren. Sie haben kritisiert, dass ich kritisiere, dass es keinen Regierungsentwurf gibt. Sind Sie bereit, zur Kenntnis zu nehmen, dass ich wie Sie sehr wohl der Auffassung bin, dass diese Entscheidung – Impfpflicht ja, nein, wie und in welchem Modell? – natürlich nur hier im Bundestag von uns als Abgeordnete zu treffen ist, dass aber die Regierung in der Pflicht steht, in dieser zentralen Frage einen Regierungsentwurf vorzulegen?

Erlauben Sie mir zugleich, dass ich daran erinnere, dass wir bei dem Thema einer berufsbezogenen Impfpflicht auch keine Gruppenanträge haben. Damit verbinde ich die Frage: Sind Sie der Auffassung, dass die Grundrechte von Krankenpflegern, Ärztinnen und Ärzten weniger relevant sind, dass also da ein Regierungsentwurf geht, wir ansonsten aber Gruppenanträge machen müssen aus Gründen der Grundrechtssensibilität? Worin liegt der Unterschied?

(Beifall bei der CDU/CSU)

Katrin Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):

Herr Krings, ich beginne, weil mich das auch sehr umtreibt, mit der einrichtungsbezogenen Impfpflicht, weil viele der Menschen, die dort arbeiten, das Gefühl haben: Wieso wir und nicht alle anderen? Mich bringt das dazu, dass die einrichtungsbezogene Impfpflicht – da habe ich meine Meinung übrigens in den letzten Wochen und Monaten geändert –

(Andrea Lindholz [CDU/CSU]: Ach!)

der erste Schritt zu einer allgemeinen Impfpflicht ist. Darum geht es.

(Sebastian Münzenmaier [AfD]: Sie hat die Frage überhaupt nicht verstanden!)

Zu Ihrer zweiten Frage, Herr Krings: Man kann jetzt auch noch wer weiß wie lange, wochenlang, weiter über das Verfahren reden. Mir wäre wichtig, dass wir über die Sache reden und eine Entscheidung treffen. Das ist es, worauf es jetzt ankommt.

(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der SPD und der Abg. Katrin Helling-Plahr [FDP] und Kathrin Vogler [DIE LINKE] – Tino Sorge [CDU/CSU]: Wenn Sie unseren Antrag gelesen hätten, wüssten Sie, dass wir genau darüber reden! – Stefan Müller [Erlangen] [CDU/CSU]: Vor allem ist das doch nicht unsere Schuld!)

Ja, ich habe meine Meinung geändert. Ich dachte, es geht freiwillig und mit niedrigeren Quoten. Das war ja bei anderen Varianten auch der Fall. Das ist jetzt nicht mehr so. Die Welt hat sich dramatisch verändert. Aber eines ist geblieben, nämlich Corona. Das Virus ist mitnichten verschwunden.

(Christine Aschenberg-Dugnus [FDP]: Das behauptet ja auch niemand!)

Im Gegenteil: Die Infektionszahlen sind so hoch wie nie. Kein Tag vergeht, an dem nicht eine Tochter, eine Partnerin, ein Partner, eine Arbeitskollegin, eine gute Freundin davon berichtet, dass es jetzt zwei Striche auf dem Schnelltest sind.

(Manuel Höferlin [FDP]: Und die waren alle geimpft!)

Corona trifft Familien, Schulen und Krankenhäuser, die Wirtschaft und, ja, auch unser Parlament.

Insbesondere im Sinne der Kinder müssen wir jetzt endlich dafür sorgen, dass wir diese Pandemie, dieses Auf und Ab, dieses Hin und Her, dieses „Mal Lockdown und mal Freiheit“, dieses „Mal Maßnahmen und mal keine mehr“ endlich beenden. Wir haben dieses eine scharfe Schwert noch in der Hand. Dieses eine scharfe Schwert ist die allgemeine Impfpflicht. Ich rufe Sie auf, mit uns dafür zu sorgen, dass wir in diesem Land die Freiheit zurückgewinnen. Denn genau darum geht es.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Tino Sorge [CDU/CSU]: Das ist doch ein stumpfer Löffel und kein scharfes Schwert! – Stephan Brandner [AfD]: Freiheit durch Zwang!)

– Nein, es geht nicht um Freiheit durch Zwang, sondern es geht darum, dass eine Minderheit nicht diktieren kann, wie eine Mehrheit in diesem Land lebt.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der Abg. Katrin Helling-Plahr [FDP] – Widerspruch bei Abgeordneten der AfD)

Wir haben nun wirklich alles darangesetzt, dass das Impfen freiwillig passieren kann. Jeder wird sagen, manche Kampagne hätte besser und schicker und ich weiß nicht was sein können. Aber inzwischen weiß jede und jeder, dass Impfen schützt. Jede und jeder weiß: Ich habe eine Verantwortung. – Man kann sie wahrnehmen oder nicht. Und unter denjenigen, die sie bisher nicht wahrgenommen haben, gibt es welche mit ernsthaften Bedenken und Sorgen.

(Stephan Brandner [AfD]: Und die wollen Sie zwingen! – Dr. Alice Weidel [AfD]: Genau! Die wollen Sie zwingen!)

Manche können es übrigens nicht. Manche können es nicht, und es gibt Menschen, die in diesem Land seit zwei Jahren kaum vor die Tür gehen können. Auch für die müssen wir sagen: allgemeine Impfpflicht.

(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der SPD und der Abg. Katrin Helling-Plahr [FDP])

Zuletzt, meine Damen und Herren, will ich sagen: Es gibt ja einige Ihnen besonders Nahestehende, für die die allgemeine Impfpflicht, das Impfen überhaupt, immer ein Riesenproblem war. Für die wird es jetzt ein bisschen einfacher. Da gibt es nämlich eine Anweisung, und dann muss man das machen. Damit, glaube ich, sind wir ganz gut aufgehoben.

(Stephan Brandner [AfD]: Was ist das denn für ein Freiheitsbegriff?)

Ich bin für die allgemeine Impfpflicht ab 18, für alle Erwachsenen. Das ist der Weg. Gerne reden wir über alle anderen verfassungsgemäßen Varianten, damit wir hier gemeinsam zu einer guten Entscheidung kommen.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der Abg. Katrin Helling-Plahr [FDP] – Tino Sorge [CDU/CSU]: Also können wir über die Impfpflicht auch nicht gar reden, weil sie nicht verfassungsgemäß ist!)

Vizepräsidentin Petra Pau:

Das Wort hat der Abgeordnete Matthias Helferich.

(Beifall bei Abgeordneten der AfD)