Rede von Dr. Sebastian Schäfer Inflationsausgleich und Umsatzsteuer auf Gaslieferungen

Dr. Sebastian Schäfer
22.09.2022

Dr. Sebastian Schäfer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Es ist richtig – Kollege Klüssendorf hat es ausgeführt –, dass wir in der aktuellen Krise den Umsatzsteuersatz auf Gas senken. Bei den aktuellen Preisen sind die Anreize zum Energiesparen sehr stark. Für viele Verbraucher/-innen sind diese Preise aber eine Überforderung. Daher ist eine Entlastung, die direkt bei den Bürgerinnen und Bürgern landet, notwendig. Die Umsatzsteuersenkung ist der Teil eines viel größeren Entlastungspakets; das wurde in der Debatte ausführlich thematisiert.

Die Umsatzsteuersenkung hilft aber unseren Unternehmen nicht. Wer in den Wahlkreisen unterwegs ist, wer gerade mit kleineren Unternehmen oder mit Handwerksbetrieben spricht, ist mit dramatischen Botschaften konfrontiert. Die Unternehmen haben existenzielle Sorgen, wie sie die Energiekosten bezahlen sollen, mit denen sie konfrontiert sind. In einem wirtschaftsstarken, mittelständisch-industriell geprägten Wahlkreis wie meinem in Esslingen geht es da um den Kern unserer Volkswirtschaft. Deswegen ist es so wichtig, dass Wirtschaftsminister Habeck angekündigt hat, die bereits bestehenden Wirtschaftshilfen für die energieintensive Industrie nun auch auf das Handwerk und den Mittelstand auszuweiten.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und des Abg. Markus Herbrand [FDP])

Deshalb ist es dringend notwendig, dass es in der Bundesregierung jetzt auch die Bereitschaft dafür gibt, diese Wirtschaftshilfen mit einer ausreichenden Finanzierung auszustatten. Die in diesem Herbst und Winter dringend notwendigen wirtschaftlichen Hilfen dürfen nicht an mangelnder Finanzierung scheitern.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Wir sehen in der Krise ganz besonders, wie komplex die Wertschöpfungsketten in unserer Volkswirtschaft sind und welche extremen Konsequenzen Ausfälle in diesen Wertschöpfungsketten haben können. Wir bekommen jetzt eine gigantische Rechnung für das energiepolitische Versagen früherer Bundesregierungen präsentiert. Billiges russisches Pipelinegas wird es absehbar nicht mehr geben. Die hohen Preise werden auch im Frühjahr nicht einfach vorbei sein.

Gas brauchen wir in unserer Volkswirtschaft nicht nur zum Heizen von Wohnungen, sondern es ist ein wichtiges Vorprodukt gerade für die Prozesse in unserer chemischen Industrie. Das können wir nicht überall substituieren. Deshalb fordert der Verband der Chemischen Industrie, bekanntlich keine grüne Vorfeldorganisation – ich darf, mit Verlaub, Herr Präsident, aus der FAZ zitieren –:

Das Geld wird der Staat sowieso ausgeben müssen. Besser jetzt in die Struktur als nächstes Jahr zur Finanzierung der Arbeitslosigkeit.

Wir sehen jetzt auch bei den Steuereinnahmen, was los ist. Am aktuellen Rand im August haben wir einen deutlichen Rückgang zu verzeichnen. Ich fürchte: Das ist eine Trendwende. Die Wirtschaftsforschungsinstitute senken ihre Wachstumsprognosen immer weiter ab. Wir brauchen entschlossenes Handeln. Der Bundeskanzler hat in dieser schweren Krise die Konzertierte Aktion wiederbelebt. Ich wünsche mir diesen Geist der Zusammenarbeit auch zwischen den staatlichen Ebenen.

Herzlichen Dank.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD)

Vizepräsident Wolfgang Kubicki:

Vielen Dank, Herr Kollege Dr. Schäfer. – Damit ist die Aussprache beendet.