Jamila Schäfer MdB
24.11.2022

Jamila Schäfer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Frau Ministerin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ja, wir hatten bei diesem Haushaltsverfahren eine recht schwierige Gemengelage. Es gibt riesige, über Jahrzehnte gewachsene Investitionsstaus, gerade im Bereich des Zivilschutzes und der Cybersecurity. Und nicht zuletzt die Flut im Ahrtal und der gescheiterte Warntag 2020 haben die Verletzlichkeit des Bevölkerungsschutzes in Deutschland deutlich zutage treten lassen.

Neben der Klimakrise macht auch der russische Angriffskrieg mitten in Europa die sicherheitspolitischen Aufgaben hierzulande nicht kleiner, sondern größer. Doch leider konnten wir mit dem „Sondervermögen Bundeswehr“ nur die Grundlage schaffen, die Fähigkeitslücken bei der Bundeswehr, nicht aber beim Bevölkerungsschutz oder bei der Cybersicherheit zu schließen. Denn die Union wollte Zivilschutz und Cybersicherheit, die genauso für unsere Sicherheit relevant sind – übrigens auch jenseits der konventionellen Kriegsführung –, auf gar keinen Fall in dem „Sondervermögen Bundeswehr“ abbilden.

(Filiz Polat [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Hört! Hört! – Zuruf des Abg. Dr. Hendrik Hoppenstedt [CDU/CSU])

Darum ist es auch unglaubwürdig, dass die Union erst einen Investitionsstau verursacht, dann ein beherztes Anpacken dieses Investitionsstaus verhindert und sich jetzt beschwert, dass zu wenig Geld da ist.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der SPD und der FDP – Josef Oster [CDU/CSU]: Dafür ist doch der Haushalt da!)

– Ja, genau, Sie sagen jetzt: Finanzieren Sie es aus dem aktuellen Haushalt. – Das machen wir ja auch, so gut es geht, im Rahmen der Schuldenbremse.

(Dr. Hendrik Hoppenstedt [CDU/CSU]: Sie könnten ja mal priorisieren!)

Deswegen stärken wir im Anschluss an die Bereinigungssitzung zum Beispiel allein das THW und das BBK mit rund 80 Millionen Euro zusätzlich.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der SPD und der FDP)

Wir fördern damit das Ehrenamt, Ausbildungsmaßnahmen und den Selbstschutz der Bevölkerung. Und wir investieren in die Warnung der Bevölkerung und legen das Sirenenförderprogramm neu auf. Wir machen auch den Weg frei für die Anschaffung von großen Löschfahrzeugen und sorgen dafür, dass die Luftrettung für den Zivilschutz in Zukunft durch einen Maßgabebeschluss noch deutlich verbessert wird. Das ist angesichts der größer werdenden Gefahr von Waldbränden und Flutkatastrophen als Folge der Klimakrise auch sehr wichtig.

Aber der Unterschied zu Ihren Anträgen ist: Wir haben das machbar und seriös gegenfinanziert. Sie würden nämlich kürzen bei IT oder Integrationsmaßnahmen – beides Bereiche, die schon jetzt total auf Kante genäht sind und die für die innere Sicherheit entscheidend sind. Und Ihre heutigen Anträge im Umfang von 140 Millionen Euro sind gar nicht gegenfinanziert.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der SPD und der FDP)

Sich jetzt hinzustellen und zu sagen: „Das Geld reicht nicht“, das kann ja jeder. Aber man sollte sich das nicht leisten, wenn man als seriöse Oppositionspartei durchgehen will.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der SPD und der FDP – Konstantin Kuhle [FDP]: Wollen die ja nicht!)

Ich bin froh, dass es uns trotz aller Schwierigkeiten gelungen ist, auch bei der Cybersicherheit noch mehr zu tun. Wir ermöglichen jetzt den Aufbau einer Plattform, damit schnellstmöglich Erkenntnisse über Cyberattacken verteilt und Lösungen schnell gefunden werden können. Auch beim Schutz von kleinen und mittelständischen Unternehmen gehen wir voran. Gerade im Bereich der kritischen Infrastruktur werden jetzt Lösungen erarbeitet, damit sich Investitionen in die Cybersicherheit eben auch lohnen.

Statt bei Integration zu kürzen, so wie die Union das ja vorgeschlagen hat, bauen wir die Integrationskurse mit 153 Millionen Euro aus, und das ist ehrlicherweise auch dringend notwendig. Denn wir müssen zum einen damit dafür sorgen, dass wir mit Migration gut umgehen, weil es sie in einer krisengebeutelten Welt perspektivisch einfach gegeben wird, und zum anderen sind Integrationskurse ein total wichtiger Baustein, um angesichts des demografischen Wandels den Fachkräftemangel abzubauen. Auch das – das möchte ich so klar sagen – sind sicherheitsrelevante Investitionen.

Wir haben einen ganz großen Bedarf an Handwerkerinnen und Handwerkern sowie anderen Fachkräften, der gedeckt werden muss, um den Weg in einen krisenfesten Wohlstand zu schaffen, etwa mit einer resilienten Energieversorgung und einer starken klimaneutralen Industrie.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der SPD und der FDP)

Mit diesem Haushalt tragen wir auch über den innenpolitischen Etat dazu bei.

Insofern möchte ich mich auch noch mal ganz herzlich bedanken bei den Kolleginnen und Kollegen aus dem Ausschuss, insbesondere bei Martin Gerster und Thorsten Lieb, und natürlich auch bei Nancy Faeser und ihrem Haus für die konstruktive Zusammenarbeit und auch die Unterstützung unserer Arbeit.

Vielen herzlichen Dank.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der SPD und der FDP)

Vizepräsidentin Petra Pau:

Das Wort hat die Kollegin Martina Renner für die Fraktion Die Linke.

(Beifall bei der LINKEN)