Rede von Boris Mijatović Internationaler Tag gegen Christenverfolgung

Boris	Mijatovic
27.01.2023

Boris Mijatović (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es fällt mir schwer, nach diesen beiden wunderbaren Reden von den Kollegen Droßmann und Rachel die Argumente zu wiederholen; denn man kann sie so stehen lassen, sie werden von mir vollständig unterschrieben. Meinen herzlichen Dank dafür!

Das gibt mir aber Gelegenheit, auf eine Situation hinzuweisen, die sich heute Morgen in diesem Haus ereignet hat. Wir haben eine sehr würdige Veranstaltung erlebt, mit herausragenden Redebeiträgen, die einige von uns zu Tränen gerührt haben und die wichtig sind.

(Peter Heidt [FDP]: Stimmt!)

Nicht vergessen, nicht vergeben, daran erinnern: Das ist und bleibt wichtig. Verfolgung löst Schrecken aus. – Die einzige Fraktion in diesem Haus, die in Teilen sitzen geblieben ist, ist diese Seite des Hauses hier, die heute diesen Antrag zur Christenverfolgung vorlegt.

(Beatrix von Storch [AfD]: Das ist einfach falsch! – Jürgen Braun [AfD]: Das ist eine glatte Lüge!)

Meine Damen und Herren, das ist nicht nur doppelzüngig, das ist schäbig, und das verurteile ich an dieser Stelle.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der FDP – Jürgen Braun [AfD]: Die glatte Unwahrheit! Da stimmt nichts, was Sie sagen, gar nichts!)

Zum Antrag sei noch mal deutlich gesagt: Die Verfolgung von Christinnen und Christen ist ein Thema – es ist eben genannt worden –, dem wir uns vor allen Dingen mit sachlichen Argumenten und nicht mit einseitigen und übertriebenen Zahlen widmen sollten. Meine Kollegin Lamya Kaddor hat mir extra aufgeschrieben – sie ist Religionspolitikerin –, wie viele Perspektiven es auf diese Zahlen von Open Doors gibt, wie falsch diese Zahlen sind und wie falsch sie benutzt werden, um solche Dinge voranzutreiben.

(Jürgen Braun [AfD]: Das ist die weltweit anerkannteste Organisation auf diesem Gebiet! Aber Sie wollen das nicht wahrhaben! Das ist die Organisation Nummer eins weltweit!)

In Ihrem Antrag kommt kein einziges Wort dazu vor, was Sie machen wollen, um Christinnen und Christen in der Welt vor Gewalt zu schützen. Sie hetzen gegen eine andere Religionsgruppe; das ist der Kern Ihres Antrages. Nichts anderes machen Sie, und auch das ist genauso schäbig.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP)

Mein Kollege Max Lucks, für den ich heute hier stellvertretend die Rede halten darf – er ist gerade beim Europarat in Straßburg, wo ebenfalls wichtige Entscheidungen getroffen werden –, war letztes Jahr zusammen mit dem Kollegen Kassem Taher Saleh in der Region Kurdistan-Irak. Er beschäftigt sich mit den Fragen der Verfolgung dort. Es ist wichtig, dass wir im Austausch mit den einzelnen Gruppen sind und überlegen, wie wir den Schutz dieser Menschen herstellen; denn Menschenrechte, meine Damen und Herren, gelten universell, und unsere Idee davon ist, dass wir den Menschen helfen und nicht einzelnen Gruppen alleine.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD sowie bei Abgeordneten der FDP und des Abg. Thomas Rachel [CDU/CSU])

Lassen Sie mich noch einen letzten Punkt deutlich machen, weil Sie darauf vorhin in Ihrer Rede gekommen sind, Herr Braun: Den Arabischen Frühling und die Taten von Extremisten gleichzusetzen, ist gleichfalls schäbig. Herr Braun, Sie wissen genau, dass die Bewegung, die als „Arabischer Frühling“ bezeichnet wird, eine ist, die nach Demokratisierung schreit, die für mehr Rechte der Menschen wirbt.

(Lachen des Abg. Jürgen Braun [AfD])

– Jetzt lachen Sie doch nicht schon wieder, Herr Braun. Sie können sich die Argumente ja wenigstens anhören. – Dass dieser Arabische Frühling von Ihnen gleichgesetzt wird mit dem kompletten Gegenteil, mit dem „Islamischen Staat“, das ist, Entschuldigung, gleichfalls schäbig und nicht zulässig. Deswegen lehnen wir Ihren Antrag ab.

Vielen Dank.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP)

Vizepräsident Wolfgang Kubicki:

Vielen Dank, Herr Kollege. – Als nächste Rednerin hat das Wort die Kollegin Gökay Akbulut, Fraktion Die Linke.

(Beifall bei der LINKEN)