Rede von Max Lucks Iranische Protestbewegung

Max Lucks MdB
15.12.2022

Max Lucks (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen der demokratischen Fraktionen! Seit über 90 Tagen heißt es im Iran „Jin, Jiyan, Azadi“ und „Zan, Zendegi, Azadi“. Zunächst stand dieser Satz für Gerechtigkeit für Jina Mahsa Amini, und dafür steht er auch nach wie vor.

Aber inzwischen haben wir doch alle erkannt und müssen es aussprechen: Dieser Satz steht auch für etwas Weiteres: Er steht für den Sturz des iranischen Regimes; „Jin, Jiyan, Azadi“ steht für eine Revolution im Iran.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der FDP)

Die Bewegung im Iran hat eine Stärke historischen Ausmaßes angenommen. Diese Stärke hat auch das brutale Regime erkannt, und es hat sehr hart zurückgeschlagen. 90 Tage des Protestes für die Freiheit bedeuten auch 90 Tage der Folter, der Verschleppung, der Splittergeschosse, bedeuten Zehntausende Inhaftierte, mindestens 400 Tote, darunter auch Kinder, bedeuten Berichte über Vergewaltigungen in Gefängnissen, Todesurteile für Menschen, deren Geschichten wir kennen, aber eben auch Todesurteile für Menschen, deren Geschichten wir nicht kennen.

Und eines trifft mich besonders hart: Viele der jungen Menschen, denen eine Hinrichtung droht, sind in meinem Alter. Ich möchte diesen jungen Menschen sagen: Ihr habt genauso sehr ein Recht auf Freiheit, wie ich es habe; denn Freiheit ist nicht westlich, Freiheit ist nicht östlich, sondern Freiheit ist universell. Und darum haben wir die Pflicht, an der Seite der Freiheitsbewegung im Iran zu stehen, und wir dürfen nicht ruhen, liebe Kolleginnen und Kollegen, bis der letzte politische Gefangene von Evin frei ist.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP und der Abg. Janine Wissler [DIE LINKE])

Meine Damen und Herren, dieses Parlament hier hat sich als erstes Parlament Europas zu den Protesten im Iran verhalten mit der gemeinsamen Erklärung im Ausschuss für Menschenrechte am 28. September. Es ist Deutschlands Außenministerin, die Sanktionen in der EU durchsetzt, die gegen massive Widerstände eine eindeutige Resolution im UN-Menschenrechtsrat erreicht hat. Dass wir aktiv sind und dass wir laut bleiben, das fordert auch eine laute Zivilgesellschaft in unserem Land. Ich finde, wir können dieser Zivilgesellschaft dafür dankbar sein; denn sie zeigt: Deutschland ist ein Menschenrechtsland.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und der Abg. Anikó Glogowski-Merten [FDP])

Und weil wir ein Menschenrechtsland sind, werden wir nicht wegschauen. Die Außenministerin ist weiter engagiert. Die Koalition wird alle möglichen Maßnahmen gegen dieses Regime ergreifen. Aber weil wir ein Menschenrechtsland sind, wird das auch auf rechtsstaatlichen und geordneten Wegen erfolgen. Lassen Sie uns parteipolitische Spiele beiseitelegen! Lassen Sie uns gemeinsam alles dafür tun, dass wir an der Seite der mutigen Freiheitsbewegung im Iran stehen! Lassen Sie uns an das Mullah-Regime ein klares Signal aus diesem Parlament senden: Die Tage dieses Regimes im Iran, sie sind gezählt.

Danke schön, liebe Kolleginnen und Kollegen.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP)

Vizepräsidentin Aydan Özoğuz:

Die nächste Rednerin ist Dorothee Bär für die CDU/CSU-Fraktion.

(Beifall bei der CDU/CSU)