Rede von Sara Nanni Jahresbericht 2021 durch die Wehrbeauftragte

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29.04.2022

Sara Nanni (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):

Sehr geehrte Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Frau Wehrbeauftragte! Zunächst möchte ich der Wehrbeauftragten und dem ganzen Team für ihre Arbeit danken. Der Bericht und das kontinuierliche Am-Puls-der-Truppe-Sein sind eine sehr wichtige Unterstützung unserer parlamentarischen Arbeit.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der FDP)

Der Bericht zeigt: Die Mehrbelastung der Truppe im letzten Jahr war enorm. Im Rahmen der Amtshilfe haben Soldatinnen und Soldaten viel auch das getan, was eben nicht zu ihrem Kernauftrag der Landes- und Bündnisverteidigung gehört. Im Impfzentrum, im Gesundheitsamt, in Alten- und Pflegeeinrichtungen haben sie im Rahmen der Pandemie überall dort Hand angelegt, wo es nötig war. Ich sage Ihnen auch ganz ehrlich: Manche Kommunen sind mit der Bereitschaft zur Amtshilfe verantwortungsvoller umgegangen als andere. Auch in der Flutkatastrophe im Juli 2021 mit ihren verheerenden Folgen für so viele Menschen waren Soldatinnen und Soldaten im Einsatz. Sie bauten Brücken, sie halfen, Bäume und Trümmer aus Flussbetten und von Straßen zu räumen. Die Soldatinnen und Soldaten haben hier Enormes geleistet. Sie haben den Dank der Bevölkerung direkt gespürt. Ich denke, ich spreche für das ganze Haus, wenn auch ich hier Danke sage.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD sowie bei Abgeordneten der FDP)

Danke sagen reicht aber nicht. Das zeigt der Bericht, liebe Frau Wehrbeauftragte, und ich habe es auch selbst erfahren, als ich Ende Dezember letzten Jahres in Rukla die Truppe bei der Enhanced Forward Presence Battlegroup besucht habe. Dort habe ich mit Soldaten gesprochen, und sie erzählten von ihrer Arbeit, die schon damals in einem sicherheitspolitisch sehr angespannten Umfeld stattfand. Auch über ihre persönliche Ausstattung im Einsatz haben sie gesprochen, ebenso darüber, dass diese Ausstattung nicht immer angemessen ist. Sie beschaffen sich in der Konsequenz das ein oder andere Teil – auch nicht alles ganz billig – selbst. Die Bundeswehr ist eine Parlamentsarmee. Und auch wenn wir Einsätze wie den in Rukla nicht mandatieren, sind wir doch verantwortlich, wenn die Truppe unzureichend ausgestattet ist, wenn der Sold, der ordentlich, aber nicht üppig ist, teilweise dafür draufgeht, dass man erst einmal die persönliche Ausstattung so vervollständigen muss, dass man seinen Auftrag optimal erfüllen kann. Das muss doch anders gehen.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der FDP)

Ich bin, liebe Frau Ministerin, auch optimistisch, dass das anders gehen wird.

Ich bin der Ministerin und auch dem Generalinspekteur sehr dankbar – natürlich auch dem Haushaltsausschuss –, dass sie als eine der ersten Entscheidungen in dieser Wahlperiode ganz klargemacht haben: Es wird keinem Soldaten, keiner Soldatin mehr an persönlicher Ausstattung mangeln.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der FDP)

Das ist nicht nur ein wichtiges Signal; das hat etwas mit Respekt zu tun. Und Respekt bedeutet so viel mehr. Da bleiben wir weiter in der Pflicht. Ihr Bericht, das sind 176 Seiten Hausaufgaben für das BMVg, aber auch für dieses Haus.

Respekt bedeutet aber auch, dass Frauen in der Bundeswehr selbstverständlich sind und Sexismus geächtet wird, dass alle Menschen unabhängig von Religion, sexueller Orientierung und geschlechtlicher Identität, Hautfarbe oder Biografie gleichbehandelt werden.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der SPD und der FDP)

Und das heißt auch, dass die Kameradschaft nicht derjenige gefährdet, der rechtes Gedankengut anprangert, sondern derjenige, der es in die Truppe trägt.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der SPD und der FDP sowie des Abg. Florian Hahn [CDU/CSU])

Respekt bedeutet auch, dass wir im Parlament sehr genau prüfen, in welche Einsätze wir unsere Soldatinnen und Soldaten mit welchem Auftrag entsenden, und dass wir diejenigen, die mit seelischen und körperlichen Wunden zurückkommen, gut versorgen.

(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)

Das ist insbesondere mit Blick auf das Ende des Afghanistan-Einsatzes – das wurde hier mehrfach angesprochen – ein großes Thema, dem wir uns noch mehr widmen möchten.

Liebe Frau Wehrbeauftragte, 2 606 persönliche Eingaben, 3 967 Vorgänge insgesamt haben Sie und Ihr Team im letzten Jahr ausgewertet. Bei zahlreichen Besuchen bei der Truppe haben Sie zugehört und sich ansprechbar gezeigt. Danke, dass Sie Ihre Arbeit so gewissenhaft machen, damit wir unsere Arbeit gewissenhafter machen können.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der FDP)

So, und jetzt muss ich noch ein paar Dinge klarstellen: Frau Nastic, ich finde es unangemessen, dass Sie der Wehrbeauftragten hier unterstellen, ihrem Auftrag nicht gerecht zu werden.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der SPD und der FDP sowie der Abg. Kerstin Vieregge [CDU/CSU])

Der Bericht zeigt das Gegenteil, und Ihre Unterstellung ist infam.

Und an die Union nur eine Frage: Sie haben ja wichtige Herausforderungen angesprochen. Wo waren denn die Parlamentarier der Union die letzten 16 Jahre?

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der FDP – Lachen bei der CDU/CSU – Stephan Brandner [AfD], an die CDU/CSU gewandt: Die Fragestellung ist richtig! Wo wart ihr denn?])

– Zu Ihnen komme ich noch.

Die AfD ruft da rein: Der erste Mann, der gedient hat!

(Zuruf des Abg. Stephan Brandner [AfD])

Sie haben Gnauck in den Bundestag gerettet,

(Zuruf von der AfD – Zuruf von der SPD: Ja, genau!)

weil er in der Truppe keine Perspektive mehr hatte.

(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN, der SPD und der FDP)

Das ist doch die Wahrheit. Und wissen Sie was? Für Kameraden wie Sie schämt man sich in der Bundeswehr.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der SPD und der FDP)

Die Reden der AfD entlarven Sie. Niemand, dem dieses Land und unsere Werte am Herzen liegen, biedert sich einem Autokraten wie Putin so an, wie Sie das regelmäßig in diesem Haus tun.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der SPD und der FDP – Britta Haßelmann [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Hat Herr Brandner sich etwa angesprochen gefühlt?)

Präsidentin Bärbel Bas:

Bevor ich den nächsten Redner aufrufe, hat Herr Gnauck das Wort zu einer persönlichen Erklärung.

(Zuruf von der SPD: O Gott!)