Renate Künast MdB
24.11.2022

Renate Künast (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):

Frau Präsidentin! Herr Minister! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich muss einen Satz vorab zum Kollegen Frings sagen.

(Dr. Hendrik Hoppenstedt [CDU/CSU]: Krings! – Catarina dos Santos-Wintz [CDU/CSU]: Frings ist ein Fußballer! – Weiterer Zuruf von der CDU/CSU: Frings war ein Fußballspieler bei Werder Bremen!)

– Sie haben recht. Sorry, das war ein Versprecher.

(Dr. Günter Krings [CDU/CSU]: Das K hätte ich gern!)

Herr Krings, als wir hier als Regierungskoalition angefangen haben, hat es eigentlich nichts gegeben. Sie haben im Bereich der Vorratsdatenspeicherung, der Sicherung und Zugänglichmachung von Daten, in den letzten Jahren so viel getan, sind aber immer vor Gerichtswände gelaufen,

(Dr. Günter Krings [CDU/CSU]: Ich will jetzt mal einen Vorschlag hören!)

ob beim Europäischen Gerichtshof oder beim Bundesverfassungsgericht. Dass Sie dann jetzt hier so tun, als hätten Sie die Weisheit mit Löffeln gefressen, Herr Kollege Krings,

(Dr. Hendrik Hoppenstedt [CDU/CSU]: Aber Sie haben doch überhaupt nicht Vorschläge gemacht!)

finde ich schon eine dolle Nummer.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)

Sie wissen genau, dass der Europäische Gerichtshof von „anlassbezogen“ redet.

(Dr. Günter Krings [CDU/CSU]: Nicht „anlassbezogen“! Einfach mal lesen!)

Ich weiß nicht, wie Sie eine anlassbezogene Vorratsdatenspeicherung gestalten wollen. Sie sind an der Stelle schon wieder auf hoher See.

Ich sage Ihnen, was wir machen, nachdem Sie 16 Jahre lang immer versucht haben, nie umgesetzt haben und leere Blätter hinterlassen haben.

(Konstantin Kuhle [FDP]: So ist es!)

Wir haben jetzt einen rechtssicheren Entwurf. Der wird uns helfen. Darum geht es.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD)

Jetzt will ich noch mal zur Grundsatzfrage kommen, zu Demokratie und Rechtsstaat, die im Augenblick wirklich herausgefordert sind. Dazu haben ja einige etwas gesagt. Ich muss Ihnen mal sagen: Demokratie und Rechtsstaat stehen im Augenblick unter einem massiven Druck,

(Stephan Brandner [AfD]: Ja, von der Ampel!)

auch weil wir nicht nur die analoge Welt, sondern auch die digitale Welt haben, weil einige das Digitale gnadenlos und systematisch für Stimmungsmache, Herabwürdigung, Hate Speech, Desinformation, Fake News und Fake-Zitate ausnutzen, weil sie diese Demokratie und den Rechtsstaat zerstören wollen.

(Fabian Jacobi [AfD]: Eine sehr gute Selbsterkenntnis! Suchen Sie in den eigenen Reihen!)

Da ist es unsere Aufgabe, dagegenzuhalten, meine Damen und Herren.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der SPD und der FDP)

Wir erleben das in vielen Bereichen. Wir erleben es im Bereich Rechtsextremismus, wir erleben es bei Trump, beim Brexit, dass Leute mit viel Geld oder bestimmten Interessen,

(Fabian Jacobi [AfD]: Sie nehmen dafür das Geld des Steuerzahlers!)

ob sie nun in Sankt Petersburg oder irgendwo in den USA sitzen, versuchen,

(Stephan Brandner [AfD]: Öffentlich-rechtlicher Rundfunk! 18,36 Euro im Monat!)

demokratische Strukturen und die Demokratie zu zerstören und einen Brexit, also ein Zerbrechen der Europäischen Union, zu betreiben, meine Damen und Herren. Genau darum geht es: dass wir dagegenhalten. Ich glaube, dass wir in diesem Haushalt ein paar wirklich gute Elemente haben, um dagegenzuhalten.

(Stephan Brandner [AfD]: Das glauben nur Sie! – Fabian Jacobi [AfD]: Das ist, was ich gerade sagte! Sie nehmen dafür Steuergelder!)

Das Forum Recht haben hier einige kritisiert.

(Dr. Michael Espendiller [AfD]: Die SPD zum Beispiel!)

Bei manchen verstehe ich auch, warum: weil sie nämlich Angst haben, dass ihre orchestrierten Strategien nicht aufgehen. Ich finde es schade, dass da Gelder gesperrt wurden. Wie es dazu kam, was Sie selber falsch gemacht haben, weiß ich nicht. Aber ich denke, wir werden die Sperre beseitigen, weil wir eines brauchen: die Diskussion über das Recht in der Demokratie,

(Stephan Brandner [AfD]: Wir brauchen keine Diskussion darüber, wir brauchen ein Recht auf Demokratie!)

wie es gestaltet ist, wie die Prozesse sind und wie man es tatsächlich umsetzen kann und als Bürgerinnen und Bürger selber mitgestalten kann. Das brauchen wir. Deshalb brauchen wir das Forum Recht.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der FDP)

Ich sage Ihnen: Ich finde es auch gut, dass am Ende doch noch HateAid eine Finanzierung für die digitale Beratung bekommen hat. Meine Damen und Herren, warum? Ob individuelles Mobbing oder orchestrierte rechtsextreme Vorgehensweisen mit dem Ziel, Menschen aus dem Netz und aus der demokratischen Teilhabe rauszutreiben, wir müssen dagegenhalten.

Vizepräsidentin Petra Pau:

Frau Kollegin, denken Sie an Ihren Kollegen und seine Redezeit.

Renate Künast (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):

Lassen Sie mich einen letzten Satz sagen. – Ich will Ihnen an dieser Stelle eines sagen: Wir wollen das Geschäftsmodell der entsprechenden Dienste einschränken.

(Stephan Brandner [AfD]: Aha!)

Das ist so nicht akzeptabel. Wir werden uns gegen Rechtsextremismus wehren, und wir sind erst am Anfang.

(Stephan Brandner [AfD]: Linksextremismus ist in Ordnung?)

Nach diesem Haushalt, meine Damen und Herren, wird auch ein digitales Gewaltschutzgesetz kommen müssen, und zwar bitte bald, Herr Minister.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der FDP)

Vizepräsidentin Petra Pau:

Für die CDU/CSU-Fraktion hat nun die Kollegin Elisabeth Winkelmeier-Becker das Wort.

(Beifall bei der CDU/CSU)