Rede von Helge Limburg Haushalt 2023: Justiz, Epl. 07
Helge
Limburg (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich weiß nicht, wie es Ihnen geht, aber bei der letzten Rede gab es gar keine Kritik am
Justizhaushalt, und auch bei den beiden Reden aus der Unionsfraktion war sie tatsächlich nur minimal. Ich darf das hier als allgemein breite Zufriedenheit mit
dem Haushaltsentwurf im Bereich der Justiz werten; und darüber freue ich mich auf jeden Fall.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der SPD und der FDP)
Das ist sicherlich auch eine realistische und angemessene Einschätzung.
(Stefan Müller [Erlangen] [CDU/CSU]: Da waren Sie gerade frühstücken, oder? – Stephan Brandner [AfD]: 9‑Euro-Ticket!)
– Na ja, ich meine, Sie haben hier über das Coronaschutzgesetz gesprochen, Sie haben hier über den Einzelplan des Wirtschaftsministers gesprochen und
über alles und jedes gesprochen, was Sie an der Fortschrittskoalition schon immer gestört hat. Das ist Ihr gutes Recht. Ich sage nur: Wenn Sie nicht zum
Justizhaushalt reden, dann müssen Sie schon damit leben, dass wir das als Zustimmung zu unserem Haushaltsentwurf werten.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der SPD und der FDP – Dr. Günter Krings [CDU/CSU]: Rechtsstaatspakt! Ich glaube, wir müssen die Reden
wiederholen! Wir fangen mit der Debatte von vorne an!)
Liebe Kolleginnen und Kollegen, es ist heute zu Recht mehrfach gesagt worden: Der brutale russische Angriffskrieg, der Überfall auf die Ukraine lässt
natürlich keinen Politikbereich unberührt. So auch nicht den Bereich des Bundesjustizministeriums. Der Generalbundesanwalt ermittelt in internationaler
Kooperation wegen diverser Verbrechen. Wir alle sind uns einig und wissen, dass diese Ermittlungen nicht morgen oder übermorgen – vielleicht auch nicht nächstes
Jahr – zu einer Anklage führen werden. Die Geschichte hat aber gezeigt, dass solche Ermittlungen eines Tages zu Anklagen führen. Die Mühlen des Rechtsstaates
mahlen langsam, aber sie mahlen. Insofern bin ich froh, dass Einigkeit darüber besteht, dass wir den Generalbundesanwalt auch mit diesem Haushalt angemessen für
diese wichtige Arbeit ausstatten.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der SPD und der FDP)
Meine Damen und Herren, der Kollege Müller hat es angesprochen: Wir hatten in dieser Woche hohen Besuch hier im Parlament. Wir hatten den
Justizminister aus Georgien und den Justizminister der Ukraine hier zu Gast. Ich muss mich aber schon sehr wundern, Herr Müller: Der Justizminister aus Georgien
hat mitnichten davon gesprochen, dass er sich unzureichend unterstützt fühlt,
(Carsten Müller [Braunschweig] [CDU/CSU]: Ja, mit Ihnen nicht!)
sondern er hat im Gegenteil gewürdigt, dass Bundesjustizminister Buschmann gerade ein Kooperationsabkommen mit Georgien unterzeichnet hat. Wir
begrüßen es ausdrücklich, dass wir die Zusammenarbeit im Bereich des Rechtsstaates stärken, weil das natürlich auch ein Weg ist, Georgien in die Europäische
Union zu verhelfen. Aber Herr Minister Buschmann, wir meinen, dass ein ähnliches Abkommen mit weiteren Ländern – mit Moldau und mit der Ukraine – schnell folgen
muss.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der FDP)
Liebe Kolleginnen und Kollegen, der Krieg in der Ukraine wird mit deutscher Unterstützung hoffentlich bald enden. Und danach dürfen wir die Ukraine
nicht alleine lassen. Der Aufbau und der Wiederaufbau der Ukraine müssen dann für uns hohe Priorität haben. Der Aufbau eines stabilen demokratischen
Rechtsstaats in der Ukraine ist auch im deutschen und europäischen Interesse.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der FDP)
Justiz ist – das ist angesprochen worden – gemeinsame Aufgabe des Bundes und der Länder. Deswegen ist es richtig, dass wir den ersten Pakt für den
Rechtsstaat hatten, und es ist richtig, dass sich die Fortschrittskoalition verständigt hat, dass wir ihn verstetigen und vor allem um die Digitalisierung
erweitern wollen.
(Zuruf der Abg. Andrea Lindholz [CDU/CSU])
Justiz im 21. Jahrhundert kann nur dann Akzeptanz finden, wenn sie für die Bürgerinnen und Bürger auch digital erreichbar ist und wenn sie sich auch
digital gestaltet. Wir wollen die Vorteile der Digitalisierung für die ganze Breite der Justiz nutzen, ohne die Nachteile zu übersehen. Es ist für uns völlig
klar, dass wir moderne Tools zur Unterstützung nutzen wollen; aber es ist auch völlig klar, dass gerichtliche Entscheidungen immer durch Menschen getroffen
werden und nicht durch KI. Auch das werden wir im 21. Jahrhundert weiterhin sicherstellen.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der SPD und der FDP)
Liebe Kolleginnen und Kollegen, auch das ist hier am Rande bereits angeklungen: Zusätzliche Stellen in der Justiz werden leider auch deshalb notwendig
sein – Frau Eichwede hat es angesprochen –, weil wir in wirtschaftlichen und sozial schwierigen Zeiten leben und weil klar ist, dass wir in den kommenden
Monaten mehr Menschen haben werden, die Rechtsschutz bei den Sozialgerichten suchen, die sich an die Arbeitsgerichte wenden oder die sich zum Beispiel, um in
Mietrechtssachen Rechtsschutz zu bekommen, an die Zivilgerichte wenden. Es ist wichtig, zentral und entscheidend, dass diese Menschen niedrigschwelligen Zugang
zum Recht haben und dass sie vor allem auch schnell eine Entscheidung bekommen. Im Sozialrecht geht es nicht um große Summen, aber es geht um Tage, um wenige
Tage, in denen man diese Summen zur Verfügung braucht. Darum ist es wichtig, dass die Justiz gerade jetzt gut aufgestellt ist, um den Menschen schnell zu ihrem
Recht zu verhelfen.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der SPD und der FDP)
Herr Präsident, meine Damen und Herren, der Minister hat es gesagt: Die Fortschrittskoalition wird das Familienrecht und vor allem auch das
Namensrecht umfassend modernisieren. Deutschland hat eines der restriktivsten Namensrechte der Welt. Der Name ist ein wichtiger Bestandteil der Persönlichkeit,
und es ist insbesondere für binationale Paare zum Beispiel kaum nachvollziehbar, warum sie Namen, die sie in Spanien oder auch in Großbritannien tragen dürfen,
hier in Deutschland wegen des Verbots der Doppelnamen, wegen des Verbots von Mittelnamen und Ähnlichem nicht führen können. Einen sachlogischen Grund für diese
Beschränkung gibt es nicht. Darum wird die Fortschrittskoalition sie endlich, endlich abschaffen und damit den Bedürfnissen vieler Menschen in diesem Land
gerecht werden. Ein weltoffenes und multikulturelles Land wie Deutschland braucht ein weltoffenes und multikulturelles Namensrecht.
Vielen Dank.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der SPD und der FDP – Stephan Brandner [AfD]: Oje!)
Vizepräsident Wolfgang Kubicki:
Vielen Dank, Herr Kollege. – Nächster Redner ist der Kollege Axel Müller, CDU/CSU-Fraktion.
(Beifall bei der CDU/CSU)