Rede von Sylvia Kotting-Uhl Kernreaktoren

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14.04.2021

Sylvia Kotting-Uhl (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):

Verehrte Frau Präsidentin! Meine Kolleginnen und Kollegen! Eines erstaunt mich: Sie von der AfD sind so erstaunlich kreativ, wenn es zum Beispiel um das Überspringen von Zeiträumen zwischen Forschungsprojekten und deren Realisierung geht oder um Behauptungen, was überall auf der Welt alles gemacht wird. Aber für ein modernes Energiekonzept ohne Kohle und Atom, also ohne Risiken vor allem für uns nachfolgende Generationen, da fehlt Ihnen jede Vorstellungskraft.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie des Abg. Timon Gremmels [SPD])

Allein Ihre Unfähigkeit, sich unter Energieversorgung etwas anderes als Grundlast vorzustellen, das ist so von gestern wie Sie selbst.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und des Abg. Lorenz Gösta Beutin [DIE LINKE])

Die Zukunft wird flexibler sein, spannender, ja, auch anspruchsvoller: nicht mehr nachfrage-, sondern angebotsorientiert, nicht mehr mit wenigen zentralen Produzenten, sondern mit einer Vielfalt von kleinsten Produzenten bis hin zu riesigen Onshore- und Offshorewindparks, mit Selbstversorgern, Genossenschaften und einem neuen Bewusstsein, dass Energie kostbar und sorgsam mit ihr umzugehen ist. Aber eine komplexe, vielfältige Zukunft können Sie sich auch in anderen gesellschaftlichen Bereichen nicht vorstellen. Warum sollte es hier anders sein?

Ohne überwältigende Lust befasse ich mich mit Ihrem Antrag.

(Dr. Alexander Gauland [AfD]: Dann lassen Sie es doch!)

Das Konzept des Flüssigsalzreaktors sei bereits erprobt, schreiben Sie, und tun anschließend so, als stünden diese Reaktoren gebrauchsfertig da. Fakt ist, dass es weltweit zwei kleine Forschungsreaktoren gibt. Dass China oder die USA solche Reaktoren vielleicht auch deshalb so attraktiv finden, weil sich damit auch waffenfähiges Material produzieren lässt, ist für Sie vermutlich nicht relevant. Im Generation IV International Forum, dem Deutschland beitreten soll, wie Sie fordern, sind lauter Atomwaffenstaaten und solche, die es werden wollen.

(Ulli Nissen [SPD]: Hört! Hört!)

Deutschland will das nicht; so einfach ist das.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)

Füttern wollen Sie den MSR mit Thorium, weil das so viel häufiger auf unserer Erde vorkommt als Uran. – Wissen Sie, das hatten wir alles schon mal. Die heute noch Probleme verursachenden Ruinen solcher Versuche sind der THTR und der Forschungsreaktor Jülich.

Sie empfehlen für unsere Energieversorgung nach dem MSR, den es nicht gibt, dann gleich noch den MSFR, den es noch viel weniger gibt. Dieser Wunderreaktor frisst den Atommüll. – Ja, auf dem Papier. Und nicht mal auf dem Papier frisst er verglasten Atommüll und andere Sonderbestände, weil sich diese Bestände nicht partitionieren lassen. Ihr Luftschloss hält nicht mal in der Luft.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)

Aber darum geht es Ihnen auch gar nicht. Ihnen geht es darum, die erneuerbaren Energien schlechtzureden, weil die zu einer Zukunft gehören, unter der Sie sich nichts vorstellen können.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)

Wenn Ihnen selbst vielleicht nicht klar ist, wie vergangenheitsorientiert Sie sind, dann werfen Sie doch einen Blick in Ihr Wahlprogramm, das Sie am Wochenende beschlossen haben.

(Zuruf von der AfD)

Aus der EU soll Deutschland austreten, und heute fordern Sie, in das Forum Generation IV einzutreten. Das ist mal eine Alternative – aber nicht für Deutschland.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und des Abg. Lorenz Gösta Beutin [DIE LINKE])

Vizepräsident in Claudia Roth:

Vielen Dank, Sylvia Kotting-Uhl. – Nächster Redner: für die CDU/CSU-Fraktion Karsten Möring.

(Beifall bei der CDU/CSU)