Zur Darstellung dieses Videos speichert Youtube Daten in einem Cookie und verarbeitet auch Nutzungsdaten außerhalb der EU. Weitere Infos finden Sie in unserer Datenschutzerklärung.

26.09.2019

Lisa Badum (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Sie verkaufen seit Freitag Ihre Klimaeckpunkte als großen Wurf. Sie sprechen von einem Paradigmenwechsel. Sie verkaufen der internationalen Staatengemeinschaft einen CO-Preis von 10 Euro pro Tonne als die Innovation deutscher Klimapolitik. Meinen Sie das ernst? Vielleicht von mir eine ganz kleine Hilfe zur Beantwortung dieser Frage: Ihr eigener wissenschaftlicher Berater bescheinigt Ihnen, ein wirkungsloses Sammelsurium zusammengeschmissen zu haben, mit dem Sie die Pariser Klimaziele nicht nur nicht erreichen werden, sondern das sogar zu mehr Emissionen führt. SPD-Abgeordnete sprechen von einem „fatalen Signal“ und „teurem Murks“. Parents for Future ruft zu mehr zivilem Ungehorsam auf, weil sie sagen: Die Politik schützt unsere Kinder nicht genug. „Paradigmenwechsel“ sagen Sie; „Pillepalle“ sagt eine Mehrheit der Gesellschaft.

Nur so zum Realitätsabgleich: Die Rettung des GroKo-Klimas ist nicht die Rettung des Weltklimas. Sie lösen da Ihre Probleme und kehren im Scherbenhaufen der vergangenen Jahre umher.

(Bernhard Loos [CDU/CSU]: Ein ganz gutes Klima haben wir!)

Ich weiß, es ist schwer; ich weiß, Sie durchwachen die Nächte. Aber ich sage Ihnen: Es dient niemandem, nicht diesem Land, nicht dieser Welt. Sie haben letzten Freitag die Absage an die Pariser Klimaziele unterschrieben!

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie des Abg. Lorenz Gösta Beutin [DIE LINKE] – Dr. Anja Weisgerber [CDU/CSU]: Quatsch! Das stimmt nicht!)

Und wie rechtfertigen Sie diese Bankrotterklärung? Was haben wir heute von Ihnen, von den verschiedensten Rednern gehört? Sie sprechen von einem schwierigen Balanceakt zwischen Sozialverträglichkeit und Umweltschutz. Hier liegt schon das ganze Problem: Ihre Art und Weise, Klimaschutz zu denken und darüber zu sprechen, spaltet diese Gesellschaft und schadet der Klimapolitik und dem politischen Klima nachhaltig.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie des Abg. Lorenz Gösta Beutin [DIE LINKE] – Dr. Anja Weisgerber [CDU/CSU]: Sie spalten diese Gesellschaft!)

– Ja, Frau Weisgerber. – Ich sage Ihnen die drei Beispiele dafür:

Sie spielen das Land gegen die Stadt aus. Ihr eigenes Versagen, den ÖPNV auszubauen, nehmen Sie jetzt als Argument für weniger Klimaschutz und einen niedrigeren CO-Preis. Das ist Populismus in Reinform. Das ist aber noch nicht alles.

Sie spielen Arme gegen Reiche aus. Sie begründen einen niedrigeren CO-Preis mit sozialer Gerechtigkeit und begünstigen auf der anderen Seite mit der Pendlerpauschale die Besserverdiener. Sie behaupten, Mieterinnen und Mieter zu schützen; aber Sie geben vor allem Anreize für Immobilienbesitzer.

Und: Sie spielen ein ganz gefährliches Spiel mit der Glaubwürdigkeit von Politik. Wenn Sie ständig von Verboten und Planwirtschaft faseln, ja, dann machen Sie das, was wir hier tun, schlecht, dann stellen Sie das, was wir tun, infrage. Die Politik ist dafür da, Regeln zu setzen. Dafür sind wir gewählt, auch und gerade in der Klimapolitik.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich habe in den letzten zwei Jahren – seit genau zwei Jahren bin ich im Bundestag – viele Begründungen für Ihr Nichthandeln gehört. Mal ist der Pendler auf dem Land schuld, den Sie schützen müssen, mal ist es der Bergbauarbeiter in der Lausitz, oder mal ist es Oma Erna und ihre Ölheizung. Hören Sie auf, die Bevölkerung als Geisel für ihre eigene Unfähigkeit zu nehmen!

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Hören Sie auf, die Bevölkerung vorzuschieben, weil Sie Angst haben, der Wirtschaft Regeln aufzuerlegen! Es gibt mehr als genug Begründungen fürs Handeln. Erst letzten Freitag wieder haben wir ganz viele Stimmen gehört – 1,4 Millionen Menschen –, die Ihnen diese Begründungen entgegenrufen, und die haben eben keine Geduld mehr für Spielchen.

Ein solches Spiel – das muss ich als Fränkin und Bayerin sagen – spielt natürlich auch der selbsternannte Klimaschützer Herr Söder. Neben dem Ende des Ausbaus der Erneuerbaren in Bayern hilft er auch im Bund mit, die Erneuerbaren zu bremsen. Aber Sie spielen dieses unsägliche Spiel auch beim Waldschutz. Ich sehe, einige Personen von der CSU sind da. Wir reden ja über den Waldschutz. Ich sage Ihnen eines: Es nutzt nichts, sich an Bäumen fotografieren zu lassen, wenn man sie hinter den Kulissen abholzt.

(Widerspruch bei der CDU/CSU – Zuruf des Abg. Stephan Protschka [AfD])

Wenn Sie Waldschutz in Bayern machen wollen, dann ist ganz klar, was jetzt zu tun ist: Es gibt ein Gebiet in Bayern, das UNESCO-Weltnaturerbe sein könnte: der Steigerwald als Buchenurwald. Da könnten Sie einen dritten Nationalpark machen. – Sie machen es nicht, weil Sie Spielchen spielen.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Dr. Anja Weisgerber [CDU/CSU]: Wir haben einen Naturpark! Wir haben Artenschutz pur im Steigerwald, und das wissen Sie auch!)

Und was steht am Ende aller Spielchen, meine Damen und Herren? Frau Merkel war ja ganz gerührt, dass Greta Thunberg die Menschheit aufrief, sich hinter der Wissenschaft zu vereinen. Tja, lassen wir in diesem Sinne einen Wissenschaftler das letzte Wort haben. Herr Mojib Latif hat zu Ihrem Klimapaket gesagt: Das ist Sterbehilfe für das Weltklima.

Vielen Dank.